Männer ziehen nun mal gerne Vergleiche. Wer ist der beste Fußballspieler, wer ist der beste Schauspieler, wer ist die beste Metal-Band. Da darf man dann schon die Nase rümpfen, wenn ein Jungspund mit seinen 45 Jahren daherkommt und den Namen Metallica in den Ring wirft. Schließlich waren wir Älteren schon bei der Erfindung des Metals dabei. Wer hat ihn den erfunden? Vielleicht Ozzy, vielleicht Deep Purple, vielleicht sogar 1964 schon die Kinks mit You Really got me? Metallica ist halt mal auf den Zug aufgesprungen und ist jetzt für die "Generation X" der Heilsbringer in Sachen Metal.
Allerdings und das muss man neidlos anerkennen: Der Geschmack dieser Generation ist nicht der schlechteste – Metallica ist wie man heute so sagt ein richtiges "Brett". Das erste von zwei Konzerten der Amerikaner im Münchner Olympiastadion war eine Show vom Feinsten. Natürlich die Hörsturzgefahr ist groß und die Angst, dass man am nächsten Tag mit einem Farbenflash aufwacht, ist nicht von der Hand zu weisen, aber für diesen Abend lohnen sich auch Nebenwirkungen. Der Empfang für Metallica ist gigantisch.
Metallica läuft in München zu AC/DC auf die Bühne
Wie durch ein Spalier laufen die vier Helden zu AC/DCs "It's a long way to the top", aus den Katakomben des Stadions in Richtung kreisrunde Bühne, die mittig platziert wurde. Integriert in diese Bühne, die sogenannte Schlangengrube. Für die Fans, die auf dem ehemaligen Spielfeld stehen, ist Metallica zum Greifen nah. Für die anderen sind Sänger James Hetfield, Gitarrist Kirk Hammett, Bassist Robert Trujillo und Schlagzeuger Lars Ulrich zumindest auf den sieben Wasserturm-Leinwänden bestens zu sehen.
Und das Farbenspektakel nimmt seinen Lauf und auf der Videoleinwand erscheint zunächst Eli Wallach, der Filmbösewicht aus den Siebzigern. Wallach, wie er in "Zwei glorreiche Halunken" gehetzt, über einen Friedhof rennt. Mit "Whiplash" aus ihrem Album "Kill em all" (1983) beginnt dann das musikalische Spektakel. So laut, dass wahrscheinlich noch im Münchner Stadtteil Obermenzing die Erschütterungen zu spüren sind. Bei "Of Wolf and Man", das auf ihrem berühmten Schwarzen Album 1991 veröffentlicht wurde, geht dann erstmals richtig die Post ab. Der Großteil der 75.000 ist in Ekstase. Unten in der Arena werden die ersten wilden Tänze aufgeführt.
Dem 60-jährigen Hetfield rinnt der Schweiß übers Gesicht, Trujillo und Hammett liefern sich ein Gitarrenduell, dass die Schwarte kracht. Der 59-jährige Trujillo kennt das Geschäft. War ja auch lange genug Mitglied von Ozzy Osbournes Band. Hammett wurde von der Musikfachzeitschrift Rolling Stone zum elftbesten Gitarristen der Welt gewählt. Extra für die Münchner brachte Metallica einen eigens komponierten Song mit: Den "Hofbräuhaus Funk Jam." Schließlich verwandelte sich die Arena in ein Lichtermeer. Logisch: "Nothing Else Matters".
Gewitter beim Metallica-Konzert: Hetfield prustet Wasserfontänen
Dann zuckten Blitze. Die gehörten nicht zur Show. Die ersten Regentropfen. Die Befürchtungen, dass es zu einem Konzertabbruch kommen könnte, waren durchaus vorhanden. Doch nach dem Motto "Augen zu und durch" ließen sich Metallica nicht beirren, obwohl Shirts und Jeans bei den vier Helden klatschnass am Körper klebten. Das Ganze erinnerte mittlerweile an den Film "Du sollst mein Glücksstern sein", in dem Gene Kelly bei strömenden Regen "Singin' in the Rain" sang. Dass jetzt auf der Bühne ausgerechnet Strandbälle ins Publikum geballert wurden, passte dramaturgisch nicht so recht ins Bild. Und auch die Feuerflammen auf den Videoleinwänden konnten den Regen nicht stoppen.
Irgendwie hatte man schon den Verdacht, der Band reicht's allmählich auch. Beim Singen prustete Hetfield Wasserfontänen aus seinem Mund. Zum Schluss "Master of Puppets", bei dem dann das ganze Stadion noch "Master, Master" mitgröhlen durfte, dann war Feierabend. Den hatten sich Metallica redlich verdient. Trotz des Regens warf das Quartett noch ein paar Minuten Süßigkeiten ins Publikum, ehe es sich zum letzten Mal zum Abschied verneigte.
Ein weiterer Kracher ist übrigens am 12. Juni der Auftritt von AC/DC im Olympiastadion. Der Vergleich würde sich anbieten: Wer ist besser, AC/DC oder Metallica?