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Literatur-Kritik: Zauberhaft und amüsant: Elke Heidenreichs "Frau Dr. Moormann und ich"

Literatur-Kritik

Zauberhaft und amüsant: Elke Heidenreichs "Frau Dr. Moormann und ich"

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    Kommt ins Staunen über ihre Nachbarin: die Schriftstellerin Elke Heidenreich.
    Kommt ins Staunen über ihre Nachbarin: die Schriftstellerin Elke Heidenreich. Foto: Henning Kaiser, dpa

    Wie sich manche Geschichten entwickeln! Erst hatte Elke Heidenreich die Idee, eine Bärengeschichte über ihre Teddys Fritz, Bruno, Karl und Kimchi zu schreiben. Dann sollte es ein Buch über einen Mops werden. Jetzt ist es eine Erzählung über zwei Nachbarinnen, die einander zunächst in herzlicher Abneigung verbunden sind. Ein Kinderbuch soll es nach Verlagsangaben außerdem sein – aber wie Heidenreich sagt "Das tut nur so". In der Tat ist "Frau Dr. Moormann & ich" vergnügliche (Vorlese-)Lektüre für alle Generationen.

    Junge Leser finden darin Teddys und einen niedlichen Hund als Protagonisten und keinem Erwachsenen schadet es schließlich, wenn er erklärt bekommt, dass der Begriff "burgunderrot" von einem Rotwein kommt, aber man auch einfach "himbeermarmeladenrot" sagen könnte. Was das neue Buch von Elke Heidenreich außerdem ist: eine leichtfüßige Geschichte über Mitmenschlichkeit und Toleranz und nicht zu vergessen ein Kompendium (erfundener) regionaler und internationaler Redensarten, die das Leben vielleicht nicht leichter machen, auf jeden Fall aber lustiger. Oder wie man in Dinslaken sagt; "Wenn Nachbarn Marzipankartoffeln schenken, dann wollen sie dich ganz bestimmt nicht kränken."

    Alles weiß Frau Dr. Moormann besser

    In aller Kürze, auf 88 Seiten, erzählt Heidenreich vom Zusammenleben mit ihrer Nachbarin Frau Dr. Moormann. Die ist eine etwas korpulente, resolute Dame in gemusterten Kleidern und mit grauer Löckchenfrisur, wie sich auf den liebevollen Illustrationen von Michael Sowa erkennen lässt. Den Doktortitel hat ihr der verstorbene Gatte hinterlassen, mutmaßt die Autorin, aber siebengescheit ist sie trotzdem. Alles weiß sie besser, an allem meckert sie herum: Der Garten ist zu unordentlich, das Klavierspiel zu eintönig ("Warum spielen sie eigentlich immer dasselbe Stück, Frau Heidenreich, gibt es keine anderen?), das Gelächter beim Waffelbacken mit den Freundinnen zu oft und zu fröhlich. Das kann einem nachhaltig die Laune verderben, aber dann greift die Erzählerin zu einer neuen Strategie: "Vielleicht muss ich die einfach mit Freundlichkeit so einwickeln, bis sie nichts mehr zu meckern hat. Und auf dem Heimweg kaufte ich ein paar Blumen und klingelte bei ihr."

    Elke Heidenreich: Frau Dr. Moormann & ich. Hanser, 88 Seiten, 20 Euro
    Elke Heidenreich: Frau Dr. Moormann & ich. Hanser, 88 Seiten, 20 Euro Foto: Hanser Verlag

    Und siehe da, es stellt sich heraus, dass die Nachbarin eine kluge, aber eben auch einsame Frau ist, bei der Kontakte eher über Griesgram als Freundlichkeit laufen. Frau Heidenreich kommt ganz schön ins Staunen darüber, was Frau Dr. Moormann, promovierte Botanikerin, so alles weiß. und auch darüber, wie sie ihr Herz ein wenig öffnet – zuerst für Mops Gustav und dann auch für sein Frauchen. Und wie bauernschlau sie ist. Denn Nachbarschaftshilfe nach der Vorstellung von Frau Dr. Moormann kann auch so aussehen, dass Frau Heidenreich den Schnee von November bis April schippt und sie selbst von Mai bis Oktober. "Liebe Frau Dr. Moormann, schrieb ich, dann wollen wir mal das Wunder von Schnee im August erwarten."

    Elke Heidenreichs "Frau Dr. Moormann & ich" ist auch eine Geschichte über Mitmenschlichkeit

    Man hat ihn sofort im Ohr, diesen typischen Heidenreich-Ton, den man von ihren Bücherempfehlungen im Fernsehen kennt und durch den auch dieses Büchlein besticht: schnoddrig und lakonisch, dabei voller Liebenswürdigkeit und Wärme. Und Menschlichkeit. Denn natürlich ist "Frau Dr. Moormann & ich" auch eine zauberhafte Geschichte darüber, wie man seinen Mitmenschen gegenübertreten sollte: offen, ohne Vorurteile und mit Nachsicht für ihre kleinen Schwächen. Freilich, das ist nicht neu, aber verpackt in dieses kleine Erzählkunstwerk ist es weder platt noch belehrend. 

    Lernen kann man übrigens aber doch etwas, nämlich dass die karierte Schachbrettblume – robust, seltsam und schön – ein wunderbares Gewächs sein muss. Ganz wie Frau Dr. Moormann.

    Elke Heidenreich: Frau Dr. Moormann & ich. Hanser, 88 Seiten, 20 Euro.

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