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Literatur: Wie Elias Holl und Philipp Hainhofer erfolgreich wurden

Literatur

Wie Elias Holl und Philipp Hainhofer erfolgreich wurden

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    Das einzige authentische Porträt von Elias Holl wurde 1619 gedruckt.
    Das einzige authentische Porträt von Elias Holl wurde 1619 gedruckt. Foto: Sammlung Häußler

    Die Kunst, wenn sie erschaffen ist, wenn sie betrachtet und begutachtet wird, bleibt das Eine. Die Kunst, wie sie erst erwünscht und dann im Auftrag entsteht, wie sie verfertigt, gehandelt, entlohnt wird, ist etwas anderes. Dann treten zu ihrer Erforschung neben die Kunstgeschichte noch andere Disziplinen hinzu: Sozialgeschichte, Kulturwissenschaften, Wirtschaftsgeschichte etwa. 

    Nun ist in der Publikationsreihe "Hainhoferiana – Studien zur Kunst- und Kulturgeschichte Schwabens und Europas" der Band 3 erschienen, in dem erstmalig gesammelt "Arbeitsbücher" von Künstlern, Kunsthandwerkern, Restauratoren sowie einem Kunstvermittler wissenschaftlich untersucht sind. Ursprünglich hätten diese Untersuchungen im Rahmen einer Tagung im Kloster Irsee nicht nur auf inhaltliche Parallelen und Unterschiede hin verglichen werden sollen, sondern auch darauf, ob der Begriff "Arbeitsbuch" überhaupt treffend ist. Doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung.

    Briefe geben Aufschluss über Künstler-Händler-Kunden-Interessen

    Aber schriftlich liegen die Forschungsergebnisse vor, was besonders in der ehemaligen Reichsstadt Augsburg von Belang ist, widmen sie sich doch auch dem einst hier als Künstlerberater und Kunsthändler tätigen Philipp Hainhofer (1578–1647) und dem Stadtwerkmeister Elias Holl (1573–1646). Beide haben umfangreiche Schriften hinterlassen, die bedeutende Einblicke geben in Auftrag, Entstehung und Entlohnung von Bild- und Bauwerken. Bei Hainhofer, bekannt vor allem als Initiator reich geschmückter Stammbücher sowie des sogenannten Pommerschen Kunstschranks (heute im Kunstgewerbemuseum Berlin) sind es vielfach Briefe, die Aufschluss über einstige Künstler-Händler-Kunden-Interessen geben (und auch über Taktiken des Verkaufs); bei Elias Holl ist es die sogenannte Haus-Chronik, die vor allem als Rechenschaftsbericht in Familientradition und als Familiengedächtnis mit Vorbildcharakter zu begreifen ist. 

    Ursula Timann, Spezialistin fränkischer Kunst und seit 2017 an der Edition der Reiseberichte und Sammlungsbeschreibungen Philipp Hainhofers arbeitend, widmet sich in ihrem Hainhofer-Beitrag dessen Beratungstätigkeit auf dem Gebiet der Malerei – sei es als Gemälde auf Leinwand, Holz und Kupfer, sei es als Stammbuchminiaturmalerei auf Papier. Wobei das Stammbuch in der Frühen Neuzeit ein Freundschaftsbuch unter Gleichgesinnten war, das Erinnerungen an gemeinsam verbrachte Zeit oder gemeinsame Interessen festhielt, aber auch seinem Besitzer Vorteile verschuf, weil Eintragungen sozial höher gestellter Personen als Empfehlung betrachtet wurden. Das Große Stammbuch von Hainhofer selbst mit seinen vielen Künstler- und Fürstenkontakten war ein besonders prächtiges Exemplar, und er selbst war professionell tätig in der geldwerten Vermittlung von Einträgen und Miniaturen, besonders für Herzog Philipp II. von Pommern.

    Parallelen in den Berichten ergeben sich auch aus den Protokollen der Misserfolge

    Timann nun schildert u. a. einige von Hainhofer eingefädelte Eintragungen bekannter Künstler (Paul Bril, Johann König) in Stammbücher bekannter Fürsten sowie einen erheblichen Verlust für Hainhofer aus seinem eigenen dreibändigen Stammbuch: Der bayerische Kurfürst Maximilian nämlich verlangte die Einsicht von Hainhofers Büchern, die dann nach Rückerstattung in Teilen schmerzliche Lücken durch Entnahme "potentater Wappen und Unterschriften" aufwiesen. Maximilian, so legen es Zuwächse seiner eigenen Sammlung in der betreffenden Zeit nahe, hatte sich bedient...

    In Sachen Elias Holl vergleicht der Kunsthistoriker Sebastian Fitzner den Lebens-"Arbeitsbericht" des württembergischen Hofbaumeisters Heinrich Schickhardt mit jenem des Augsburger Stadtwerkmeisters, der 66 Bauprojekte – von der Gartenmauer bis zum Augsburger Rathaus – chronologisch und schematisch protokolliert, wobei auch ehemalige Immobilien- und Baupreise ersichtlich werden. Parallelen zwischen den Berichten ergeben sich durch Festhalten nicht nur der Erfolge, sondern auch der Misserfolge und ungünstigen Bauvoraussetzungen – sowie durch mehr- oder vielfachen Vermerk auf wertvolle, ehrende Sondergeschenke neben dem ausgehandelten offiziellen Honorar. 

    Was der Band überdies an Augsburg betreffender Kulturgeschichte enthält, dies sind zwei Beiträge über den Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) aus der berühmten Künstlerfamilie. Geboren in Augsburg und hier wahrscheinlich auch ausgebildet, reüssierte Johann Philipp als "Bürger und berühmter Kupferstecher zu Franckfurt am Mayn". Von ihm werden ein bislang unbekanntes fragmentarisches Arbeitsbuch sowie ein Geschäftsbuch untersucht. 

    "Der Künstler als Buchhalter", Hainhoferiana, Band 3, Michael Imhof Verlag, Petersberg, 191 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen

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