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Literatur: Joanne K. Rowling, wieder ganz die souveräne Erzählerin

Literatur

Joanne K. Rowling, wieder ganz die souveräne Erzählerin

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    Joanne K. Rowling, die Kriminalschriftstellerin, schickt ihre Ermittler diesmal in eine Sekte.
    Joanne K. Rowling, die Kriminalschriftstellerin, schickt ihre Ermittler diesmal in eine Sekte. Foto: Joel C Ryan/Invision via AP, dpa

    Vor zehn Jahren veröffentlichte Joanne K. Rowling unter dem Pseudonym Robert Galbraith ihren ersten Kriminalroman um den Privatermittler Cormoran Strike. "Der Ruf des Kuckucks" hieß der Band, schnell war das Geheimnis um ihre Urheberschaft gelüftet und der bis dahin sich trotz wohlwollender Rezensionen schleppend verkaufte Krimi stieg in den Bestsellerlisten steil nach oben. Eben nun ist der siebte Band der Reihe erschienen, "Das strömende Grab", und zumindest rein gewichtsmäßig haben die Strike- die Potter-Romane bereits überholt: Würde man die Bände beider Reihen links und rechts auf eine Waage legen, sie würde sich auf die Seite der immer umfangreicher werdenden Krimis neigen. Und möglich ist ja mittlerweile auch dies: Dass es Menschen gibt, die keinen einzigen Zauberschüler-Roman, dafür jeden Band mit dem Privatermittler gelesen haben, und die Joanne K. Rowling nicht als prominente Fantasy-Autorin, sondern als würdige Nachfolgerin von Arthur Conan Doyles oder Agatha Christie bezeichnen würden.

    
Holliday Grainger und Tom Burke spielen in der Serienverfilmung die beiden Privatdetektive.
    Holliday Grainger und Tom Burke spielen in der Serienverfilmung die beiden Privatdetektive. Foto: Sky

    Im siebten, von der Konzeption wieder ein klassischer, fast altmodischer Whodunit, lässt die britische Schriftstellerin ihren charmant-sperrigen Detektiv und seine Geschäftspartnerin Robin Ellacott in einer Sekte ermitteln, der sogenannten "Universal Humanitarian Church", kurz UHC. Deren charismatischer Führer "Papa J" predigt in London im schicken Tempel von der Liebe und dem Frieden und schmückt sich mit Prominenten. Auf einer von der Außenwelt komplett abgeschotteten Farm in Norfolk aber lässt er seine Anhänger bei wenig Essen schuften und zu obskuren Propheten beten: Darunter eine reiche Gönnerin, die nach ihrem Tod zur Goldenen Prophetin erklärt wurde, und die vor Jahren im Meer verschwundene Tochter des

    Strike unter dreifachem Entzug: Fast Food, Zigaretten, Robin

    Beauftragt wird die Privatdetektei von Sir Colin Edensor. Dessen Will hat sich der UHC angeschlossen, jeden Kontakt zur Familie abgebrochen, selbst dem Begräbnis seiner Mutter blieb er fern, sein Treuhandfond schrumpft derweil immer weiter. Um auf der Farm ermitteln und mit Will sprechen zu können, lässt sich Robin inkognito von der Sekte anwerben - als wohlhabende, aber eben orientierungslose junge Frau. Was ihre Aufgabe bei der UHC sein soll, macht man ihr bald unmissverständlich klar: Arbeiten, spenden.... und für eine "seelische Vereinigung" jederzeit zur Verfügung zu stehen, sprich für Sex. Währenddessen versucht ihr Partner mit ehemaligen Mitgliedern der UHC Kontakt aufzunehmen, beobachtet untreue Ehemänner, geht eine verhängnisvolle Affäre ein und leidet unter dreifachem Entzug: Fast Food, Zigaretten, Robin. 

    Spannender Plot und eine gelungene Balance zwischen düsterem Thriller und zarter Liebesgeschichte - während beim Vorgänger "Das tiefschwarze Herz" Rowling über Seiten hinweg die Leser mit Chatprotokollen traktierte, erzählt sie diesmal wieder so souverän wie gewohnt: detailreich, klug, süffig. Auch Rowling selbst war offenbar berauscht von ihrer Story: Knapp 1300 Seiten hat der Roman, selbst bei Seite 900 ist man noch eine durchschnittliche Romanlänge von der Lösung des Falls entfernt. Entscheidend aber ist ja dann dies: Nach der letzten Seite würde man eigentlich doch ganz gerne ein wenig weiterlesen. Wie sie es nur macht - die Kriminalschriftstellerin Rowling. 

    Joanne K. Rowling: Das strömende Grab. A.d. Engl. von Wulf Bergner, Christoph Göhler und Kristof Kurz. Blanvalet, 1297 Seiten, 29,90 Euro.

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