Natürlich gehören auch Schüsse, Bomben und Granaten zum Krieg, genauso wie dreckverschmierte Soldaten, die sich vorsichtig durch die Fassadenreste zerstörter Städte bewegen. Das sind die Bilder, die uns beim Wort Krieg sofort in den Sinn kommen. Doch was bedeutet Krieg für die Menschen, die Kinder, die nicht an ihm teilnehmen, sondern in den zerstörten Städten irgendwie leben, überleben und aufwachsen müssen?
Die politischen Hintergründe verstand das Kind nicht
Tijan Sila, geboren in Sarajevo, gibt mit seinem neuen Buch "Radio Sarajevo" eine einfühlsame Antwort. Er war zehn Jahre alt, als der Bosnien-Krieg begann. Die politischen Hintergründe waren kompliziert, komplizierter noch als bei vielen anderen Kriegen. Doch um die geht es Sila gar nicht. Schließlich verstand er die damals auch noch nicht. Das gibt seiner Beschreibung des Krieges eine gewisse Allgemeingültigkeit und macht sie relevant in Zeiten, in denen uns der Krieg wieder so nahekommt. Sila schreibt authentisch von der Kälte im Winter, von der Brutalität auf den Straßen, die selbst auf die Kinder überschwappt, vom sich durchboxen, von Freundschaften, die zerbrechen und seiner Leidenschaft für Musik - kurz: dem Alltag, der sich auch in der Nähe der Frontlinien irgendwann einstellt, so grausam er auch sein mag.
Tijan Sila: Radio Sarajevo, Hanser Berlin, 176 Seiten, 22 Euro.