Als sie im Sterben liegt, denkt die alte Dame an „Mami“ und „Tati“, an ihre Eltern. „Kannst du dort vielleicht mit dem Handy anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht?“, fragt sie ihren Sohn. Aber: „Dort“ ist das Jenseits. Mami und Tati sind längst nicht mehr. Und der Sohn ist „angefressen“: Veräppelt ihn seine demente Mutter? „Mein ganzes Leben hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut geht.“ Aus Trotz – und unausgesprochener Liebe und Zartheit – beginnt er, ihre Biografie zu schreiben, die Uhr tickt.
Wolf Haas wird für seine österreichischen Krimis geliebt
„Jetzt ist schon wieder was passiert“ ist die Eilmeldung, mit der der Wiener Wolf Haas sonst seine Krimis eröffnet, seine G’schichten vom Detektiv Brenner. Ins Morbide gleitet auch sein Roman „Eigentum“, jetzt aber wird’s persönlich, ein Ich namens Wolf Haas erzählt. Weise, verspielt und ohne Kitsch, eine Huldigung auf 160 Seiten.
In "Eigentum" rekonstruiert Haas das Leben seiner Mutter
Seine Mutter? Eine Wucht. Wie Jazz stolpern ihre Sätze, wenn sie nach der Erinnerung tastet: der Opa, der angeblich das Rad erfand. Lehre, Kriegs- und Knochenjobs, die Familie … Lamento! Sie zetert gerne gegen „die Leute“ und – wie aktuell? – gegen die Inflation, die einst ihr Sparbuch fraß. Doch ganz am Ende, nein danach, erhält sie Eigentum. Ein Stück Erde für sich.
Wolf Haas: Eigentum, Hanser, 160 Seiten, 22 Euro.