Filmemacher Simon Verhoeven rät in der Debatte um «alte, weiße Männer» zu Offenheit, aber auch Selbstkritik. Er könne damit nichts anfangen, wenn jemand sich darüber beklage, vor dem Reden mehr nachdenken zu müssen, sagte der 52-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in München mit Blick auf seine neue Komödie «Alter Weißer Mann». Er halte es für sehr positiv, sich mehr Gedanken darüber zu machen, was unsensibel und verletzend sein könnte.
Weiterentwickeln ohne Bitterkeit
«Ich denke schon, dass man sich als Mensch mit über 70 auch noch ein bisschen weiter entwickeln kann», erklärte Verhoeven. Wenn das auf Kosten der Spontaneität gehe, sei das schade. «Aber natürlich ändern sich Werte und Sensibilitäten im Laufe der Jahrzehnte. Man raucht ja schließlich auch nicht mehr im Flugzeug. Ich finde schon, dass man offen und neugierig bleiben kann, ohne verbittert zu wirken und alles abzuwehren», räumte der Regisseur ein. «Wichtig ist, dass man den "alten, weißen Mann" erst mal vom Podest gestoßen hat, damit diese ganzen Umwälzungen überhaupt stattfinden konnten.»
Wichtig ist dabei nach Verhoevens Ansicht insbesondere der Humor - auch in Bezug auf die eigene Person. «Diese zeitgeistigen Veränderungen können natürlich auch zu Übertreibungen und Absurditäten führen, die man durchaus komödiantisch auf die Schippe nehmen kann.» Gleichzeitig könne eine übertriebene politische Korrektheit einen ehrlichen Diskurs über heikle Themen auch erschweren.
Vorsicht bei Kampfbegriffen
Der «alte, weiße Mann» sei ein Kampfbegriff, ebenso wie «Klimagöre» oder «Gutmensch». «Das steht für die Art und Weise, wie wir miteinander diskutieren und uns teilweise viel zu schnell in Schubladen stecken», warnte der Filmemacher. Hier müsse man vorsichtig sein und offen miteinander reden, etwa wenn Leute nicht alles richtig machten oder mit dem Zeitgeist nicht mitkämen. «Wenn wir die alle sofort in die rechte Ecke stellen, dann wird die rechte Ecke immer stärker.» Viele Menschen hätten die Wahrnehmung, sie könnten zu manchen Themen nicht mehr frei ihre Meinung äußern und seien unsicher, wie sie sich angemessen ausdrücken sollten. Und das seien keineswegs alles nur alte weiße Männer.
Für seine Komödie (Kinostart: 31. Oktober) hat sich der Münchner intensiv mit dem Phänomen auseinandergesetzt. Jan Josef Liefers spielt darin den Angestellten Heinz Hellmich, der von einem Karrieresprung träumt. Doch das geht nur, wenn er nicht als «alter, weißer Mann» rüberkommt. Heinz setzt alles daran, sein Auftreten aufzupolieren - und tappt in ein Fettnäpfchen nach dem anderen.
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