Er ist einer der großen Romane der amerikanischen Literatur: F. Scott Fitzgeralds "Der große Gatsby". 1925 erschienen, beschreibt er eindrücklich den Versuch seiner Titelfigur James Gatz, mit Geld gesellschaftliche Schranken zu überwinden und an eine durch Krieg aufgeschobene Liebe anzuknüpfen. Das Landestheater Schwaben bringt diese mehrmals verfilmte Geschichte voller schwindelerregender Extreme mit viel Sinn für die komische Seite einer rein materialistisch orientierten Oberschicht auf die Bühne und bleibt doch einige Dimensionen schuldig.
Das Landestheater Schwaben zeigt einen entmenschlichten Gatsby
Regisseur Peter Kleinert hat sich entschieden, die zwielichtige Seite des Aufsteigers zu betonen. Vermutlich hat Gatsby – was nie ganz ans Licht kommt – durch Alkoholschmuggel in Zeiten der Prohibition sein Geld gemacht. Michael Naroditski spielt Gatsby entsprechend mafiös und ölig. Er zeigt wenig von dem Traum des vormals Unterprivilegierten und der idealistischen Kraft, mit der er die Vergangenheit wiederholen möchte. Er scheint auf dem Weg nach oben menschliche Werte und Mitgefühl verloren zu haben. Er bleibt ein aalglatter Gauner. Damit fehlt der Hauptfigur Ambivalenz. Den Mangel an Spannung zwischen Faszination und Aversion machen der trockene Humor und die Spiellaune des Ensembles wett. Besonders Paul Walther erntet als rassistischer, homophober und auf seine Privilegien bestehender Ehemann Tom Buchanan viele Lacher, wenn er lauthals fordert: „Ich lasse mir mein Schnitzel nicht verbieten!“
Präsent und ausdrucksstark spielen Almut Kohnle als wankelmütige und verwöhnte Daisy, Levi Roberta Kuhr als ihre selbstbewusste Jugendfreundin und Josephine Bönisch als Geliebte von Daisys Ehemann. Ideal besetzt ist Sebastian Egger als Nick. Er überzeugt als urteilsloser Erzähler und staunender Beobachter, der immer tiefer in die Ereignisse hineingezogen wird.
Die Kostüme geben ihren Figuren einen Hauch von Glamour
Die ausgezeichneten Kostüme von Inés Díaz Naufal geben den Figuren Eleganz und einen Hauch von Glamour, obwohl auf die Ansiedlung in den wilden 20er Jahren verzichtet wurde. Ebenso wirkungsvoll ist das scheinbar einfache Bühnenbild von Céline Demars. Ein Rahmen mit Vorhangstreifen, der die gesamte Drehbühne einnimmt, genügt, um in verschiedenen Winkeln golden schimmernden Luxus oder aschgraue Arbeiterwelt zu definieren.
Regisseur Peter Kleinert verhindert in seiner Inszenierung oft jegliche Einfühlung, als hätte er Angst vor romantisch-schwärmerischer Verklärung. Aus intimen Spielszenen heraus lässt er die Figuren ans Mikrofon treten. Das schafft Distanz, die den Zuschauer auf die reine Erzählung zurückwirft. Mit diesen Mitteln nimmt er auch dem Schluss der Geschichte jede Dramatik und Tragik. In postdramatischer Manier steigen die Schauspieler aus ihren Rollen aus und fassen den Rest der ernüchternden Geschichte zusammen. Das Scheitern des großen Gatsby und sein Tod durch George B. Wilson (Tobias Loth) tun nicht weh. Ein etwas sachliches Ende, das dennoch langen Applaus für die zweistündige Leistung des Ensembles nach sich zog.
Nächste Aufführung am 7. Oktober.