Es kommt etwas in Bewegung, eindeutig. Museen, Ausstellungshallen, Kunstvereine brennen geradezu darauf, Künstlerinnen zu zeigen. Und haben Händler schon auf der diesjährigen Maastrichter Messe für (vorwiegend) alte Kunst den Malerinnen der Geschichte Platz und Extrapräsentationen eingeräumt, so ist nun auf der Basler Messe für moderne/zeitgenössische Kunst zu erleben, dass Werke von Künstlerinnen geradezu auf dem Silberteller serviert werden: als Blickfang an den großen repräsentativen Wänden der Stände marktführender Galerien.
Beispiele? Joan Mitchell (1925 - 1992) wurde zur unübersehbaren doppelten Galionsfigur der Galerie Zwirner (New York) erkoren, Martha Jungwirth zur raumgreifenden Visitenkarte von Ropac (Salzburg), Anne Imhof, die gerade im Kunsthaus Bregenz gezeigt wird, zum Lockmittel bei Buchholz (Berlin), Julie Mehretu, deren laufende großartige Schau in Venedig nach Düsseldorf weiterwandert, zum Augenfutter bei White Cube (London). Die Reihe ließe sich fortführen. Alles erstklassige Frauen in hochrenommierten Galerien.
Die Werke der Frauen werden nicht nur gezeigt, sondern gekauft
Das Entscheidende indes ist: Die offerierten Werke genannter Frauen werden auch gekauft, und zwar rasend schnell und zu Preisen, die nicht wenige Menschen begreiflich als gaga einstufen. In den ersten Stunden der diesjährigen Art Basel, der sogenannten Mutter aller zeitgenössischen Kunstmessen, wechselten – bei wohlgemerkt global rückläufigem Markt – alle genannten Beispiele den Besitzer. Für Mitchells monumentales "Sonnenblumen"-Diptychon wurden 20 Millionen Dollar über den Tisch geschoben, für Jungwirths Breitwandabstraktion "Manet. Der Spargel" 440.000 Euro, für Imhofs figurative Studie "Wish You Were Gay III" 95.000 Euro, für ein frühes abstrakt-dynamisches Kräftegeschiebe der erst 53-jährigen Mehretu, leicht überm Sofa zu platzieren, 6,7 Millionen Dollar.
Es scheint Sammler-Nachholbedarf zu bestehen, worauf ja auch bei den New Yorker Mai-Auktionen der Rekord für Leonora Carrington (1917 - 2011) hinwies: Sie, die nur unzureichend als Surrealistin zu umreißen ist, wurde dort mit 28,5 Millionen Dollar für ihr Gemälde "Die Zerstreuung Dagoberts"" auf eine neue Höhe gehoben – und auch jetzt wieder in den ersten Messestunden mit 2,5 Millionen Dollar bei Norris (San Francisco) posthum bezahlt. Natürlich liegen diese Preise noch nicht in der Region der dauerhaft höchstbezahlten Männer wie Picasso. Aber die Kluft ist kleiner geworden.
Frisch aus dem Studio von Katharina Grosse
Was noch umgehend verkauft wurde an Frauen-Kunst: Ein großes farbstarkes Gemälde von Katharina Grosse frisch aus dem Studio (335.000 Euro), zwei Arbeiten Kara Walkers, die mit ihren Silhouetten Schwarzer berühmt wurde (à 250.000 Dollars), Agnes Martin, Leiko Ikemura und dazu im niedrigen sechsstelligen Bereich eine Malerin, auf die Augenmerk zu richten ist: Jainina Tschäpe, geboren in München, lebend in New York. Die 51-Jährige hat sich in einer Serie mit Monets "Seerosen"-Bildern auseinandergesetzt, wofür auf der "Art Unlimited", dieser Messe-Zusatzschau mit riesigen Arbeiten ein Halbrund eingerichtet ist, vergleichbar dem Pariser Monet-Raum im Musée de l'Orangerie oder dem "Lepanto"-Raum für Cy Twombly im Münchner Brandhorst-Museum. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht bei Tschäpe.
Bevor nun die Männer in Form einiger Heroen an der Reihe sind, ein paar Worte zum Rahmen dieser Art Basel im Vorfeld der deutschen Mehrwertsteuer-Reduzierung 2025 auf dann wieder sieben Prozent, jedenfalls für Unikat-Kunst. 280 Galerien konkurrieren auf zwei Ebenen, wobei rund um die Galerie-Platzhirsche aus New York das erklärte Ziel der neuen Messe-Kuratorin Maike Cruse war: "noch diverser" – falls es diese Steigerung des Wortes überhaupt gibt. Das läuft dann aber auch – wie auf der Biennale in Venedig – auf etliche farbfröhliche, kunsthandwerklich orientierte Kunst mit Webcharakter im Obergeschoss hinaus . Ein in Basel erst noch zu erschließendes und vor allem erst noch zu goutierendes Kunstverständnis.
Alles beim Alten bei den Männern
Was nun springt von Künstlern ins Auge? Ein wunderschöner Twombly bei Greve (Köln) für acht Millionen Dollar, ein verhüllter VW-Käfer von Christo (vier Millionen Dollar), Robert Longo mit großen Kohlezeichnungen nach Goya und Rubens (jeweils 800.000 Dollar), Maurizio Cattelan mit einer vergoldeten Stahl-US-Fahne voller Pistolen-Einschusslöcher (650.000 Euro), Ai Weiwei mit einer Lego-Mosaik-Version von Balthus' frivolem Gemälde "Therese träumt" (450.000 Euro). Und was gibt es Brandneues aus dem Kölner Atelier Gerhard Richter, der jüngst noch einmal seine US-Galerie-Repräsentanz hin zu Zwirner wechselte? Zwei kleine kubistisch-splitternde Buntpapier-Collagen aus 2023, jeweils um die 100.000 Euro.