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Kunst unter Sparzwang: Können wir uns Kultur noch leisten?

Kommentar

Klamme Kommunen: Können wir uns die Kultur noch leisten? Ja unbedingt!

Birgit Müller-Bardorff
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    Menschen protestieren vor dem Brandenburger Tor gegen die geplanten Kürzungen im Kulturbereich. Foto: Markus Lenhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Menschen protestieren vor dem Brandenburger Tor gegen die geplanten Kürzungen im Kulturbereich. Foto: Markus Lenhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Markus Lenhardt/dpa

    In Reden zu Preisverleihungen und Vernissagen werden Politiker nicht müde, die Bedeutung und den Wert von Kunst und Kultur zu würdigen. Dann sprechen sie so gern vom „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“, dass diese Wendung längst zur Plattitüde geworden ist - und bringen diesen Kitt nun selbst zum Bröckeln. In Berlin sind drastische Einschnitte in den Kulturetat geplant. Auch in München, Köln und Dresden wird ebenso wie im Bund und vielen kleineren Städten die Kulturfinanzierung zurückgefahren - mit befürchteten verheerenden Folgen für die Institutionen und die Menschen, die dort beschäftigt sind. Die Kultur wird zu Grabe getragen, heißt es bei den Protestveranstaltungen in Berlin.

    Einsparungen im Kulturbereich: Was einmal weg ist, wächst nicht nach

    Nur, können und sollen wir uns die staatlich subventionierte Kultur noch leisten, wenn die Steuereinnahmen rapide zurückgehen, wenn die Wirtschaftsprognosen von Monat zu Monat düsterer werden und für viele Menschen der nächste Theaterbesuch das geringste Problem ist?

    Niemand kann so blauäugig sein, zu glauben, dass der Kulturbereich keinen Beitrag leisten muss, wenn die Sparrunden gedreht werden. Aber Politiker, die mit dem Rasenmäher über die Kultur hinweggehen, gefährden deren Bestand und Stellung in der Gesellschaft und handeln ohne Weitblick. Denn anders als für das Grün im Garten gilt: Was einmal weg ist, wird so schnell nicht nachwachsen. Das ist die bittere Erkenntnis der Corona-Pandemie, als viele Künstlerinnen und Künstler keine andere Möglichkeit sahen, als in andere Berufe abzuwandern.

    Die Kulturbranche zählt zu den umsatzstärksten Zweigen der deutschen Wirtschaft

    Die Frage kann deshalb nicht sein, ob wir uns Kultur noch leisten können, sondern wie. Nicht nur, weil ihr Wert für eine Gesellschaft, die gerade nicht so recht weiß, wie sie miteinander umgehen soll, mehr ist als Unterhaltung. Nicht nur, weil sie - noch nicht genug, aber immer mehr - gesellschaftlichen Randgruppen die Möglichkeit zur Teilhabe bietet und damit ein wichtiger Faktor für Integration ist. Auch, weil die Kultur- und Kreativbranche ein nicht zu vernachlässigender Faktor im Wirtschaftsleben unseres Landes ist. Sie kostet nicht nur Geld, das wird oft vergessen, sondern sie zählt nach einem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums sogar zu den umsatzstärksten Zweigen im Land. Ihr Wirken zeigt Folgeeffekte: als Standortfaktor, als Motor für den Tourismus, nicht nur in einer Stadt wie Berlin.

    Einsparungen gehen zu Lasten der Kunst und der Künstler

    Wie also kürzen und sparen? Vor allem durch genaues Hinschauen und Abwägen. Dann käme es bestimmt nicht zur Abschaffung eines im Sinne der kulturellen Teilhabe höchst erfolgreichen Museumssonntags, wie jetzt in Berlin. Ein Abwägen auch mit der Expertise derjenigen, die eine Ahnung davon haben, wie Kulturbetriebe funktionieren: mit langem Vorlauf nämlich, langfristigen Vertragsbindungen und hohen Fixkosten. Weshalb Einsparungen in den meisten Fällen zu Lasten der Kunst und der Künstler gehen.

    Aber Kulturschaffende sind kreativ, auch in der Krise, das haben sie in der Pandemie wie kaum eine andere Branche bewiesen. Diese Kreativität – und im Übrigen auch die Bereitschaft – muss genutzt werden. Denn wer jetzt planlos Kulturorte in ihrer Existenz bedroht, spielt auch all jenen in die Hände, die der Kunst ohnehin Fesseln anlegen wollen. Nicht aus Sparzwang, sondern weil ihnen deren Freiheit, Widerständigkeit und Provokation schon längst ein Dorn im Auge ist.

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