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Kritik
06.03.2023

"Krieg und Frieden": Vom unschuldigen Spiel zum blutigen Ernst

Geschichtsgesättigter Ort: Der große Saal im Moskauer Haus der Gewerkschaften als Bühnenbild adaptiert für „Krieg und Frieden“.
Foto: Wilfried Hösl

Die Bayerische Staatsoper hat gezögert, Prokofjews Oper nach Tolstois Roman herauszubringen – problematisch die Parallelen zum aktuellen Weltgeschehen. Mit Strichen hat man es dennoch gewagt.

Kommt nicht alle Tage vor, dass der Intendant eines Opernhauses sich im Vorfeld einer Neuinszenierung in der Pflicht sieht, schriftlich zu erklären, weshalb gerade dieses Stück jetzt auf die Bühne gebracht werden müsse. Serge Dorny aber, Intendant der Bayerischen Staatsoper in München, tat es, und das aus gutem Grund. Denn Sergej Prokofjews Oper „Krieg und Frieden“ hat Lew Tolstois gleichnamigen Roman zur Grundlage, und darin geht es, verkürzt gesagt, um den Kriegszug Napoleons auf Moskau und den russischen Widerstand. Das ist natürlich toxischer Stoff in einer Gegenwart, in der es das Russland Putins ist, das gegen die Ukraine einen Krieg angezettelt hat. 

Prokofjews Oper jedoch einfach zu canceln, das wollte man an der Staatsoper nicht, auch, weil die Oper am Nationaltheater noch nie gespielt worden ist. So blieb nur eines, um aus dem Dilemma herauszufinden: Den Streichstift anzusetzen an jenen Stellen der Oper, die allzu markig die Größe Russlands hinausposaunen. Kurioserweise hat der Komponist selbst die Erlaubnis zu Strichen erteilt, ein Schritt, der nicht zu verstehen ist ohne die Entstehungsgeschichte von „Krieg und Frieden“. Denn als Prokofjew im Frühjahr 1941 mit der Vertonung des von ihm so geschätzten Tolstoi-Romans begann, fiel Hitler-Deutschland über die Sowjetunion her. Ein Ereignis, das es Prokofjew nahelegte, den „Vaterländischen Krieg“ des Romans als Folie zu sehen für den nun beginnenden „Großen Vaterländischen Krieg“, wie er von Stalin in bewusstem Rückgriff auf das Jahr 1812 bezeichnet wurde. 

Allzu platte Jubelpassagen sind gestrichen

Als jedoch die Sowjetunion auch aus diesem Krieg siegreich hervorgegangen war und Prokofjew seine Oper fertiggestellt hatte, lehnte die stalinistische Kulturbürokratie die Tolstoi-Vertonung ab. Prokofjew nahm Änderungen vor, „Krieg und Frieden“ erhielt einen eklatant glorifizierenden Zungenschlag im Hinblick auf russische Superiorität, insbesondere im zweiten Teil, der, im Gegensatz zu den individuell-amourösen Verstrickungen im „Frieden“, den „Krieg“ nun vornehmlich unter kollektiven Gesichtspunkten betrachtet. Ungenießbar in unserer heutigen politischen Wetterlage. Umso leichter zu streichen, was in München auch geschah – neben einer kompletten Kriegslagerszene setzten Generalmusikdirektor Vladmir Jurowski und Regisseur Dmitri Tcherniakov den Stift auch bei dem ein oder anderen platt-redundanten Jubelchor an. Dem Werk tut’s keinen Abbruch, das lässt sich nach der Premiere am Sonntag sagen – auf den Tag genau 70 Jahre nach dem Tod Prokofjews ebenso wie Stalins am 5. März. 

Hier herrscht noch Frieden: die Ballszene in Prokofjews "Krieg und Frieden".
Foto: Wilfried Hösl

Gewiss, in dieser Münchner Fassung steckt noch immer jede Menge Russland-Beschwörung, aber es ist nun mal Tolstois Roman, der das Fundament der Oper bildet. Doch Kunst besitzt ja die Freiheit, das Vorliegende nach ihrem Gutdünken anzupacken. Dmitri Tcherniakov, wiederholt schon szenografisch tätig am Nationaltheater (zuletzt beim „Freischütz“), ist kein Mann des wohlfeilen Aktualisierens, schon gar nicht nach dem Muster „Hier die bösen Aggressoren, dort die guten Überfallenen“. Weitestgehend löst Tcherniakov sich von solchem Antagonismus und zeigt stattdessen – letztlich im Sinne Tolstois und Prokofjews – eine national nicht näher benannte, menschlich-allgemeine Gesellschaft. Dass es sich dabei, auch im ersten, im „Frieden“-Teil der Oper, um eine Gemeinschaft handelt, die wie Flüchtlinge in einer großen Halle auf ausrangierten Stühlen und Matratzen lagern, wird von der Regie zwar nicht kausal begründet, ist aber doch klug gewählt: Denn Tcherniakov zeigt, dass auch eine solch gestrandete Gesellschaft nicht davor gefeit ist, aus ihrer Mitte heraus neue Gewalt hervorzubringen. Zunächst ist alles noch zeitvertreibendes Spiel – die Tolstoi folgenden Szenen in Friedenszeiten, die erste Begegnung von Natascha und Andrej, der Ball, die geplante Entführung Nataschas, das Eheunglück Graf Besuchows –, aber aus dem Spiel wird irgendwann Ernst, blutiger Ernst. 

Das Bühnenbild hat ein Moskauer Vorbild

Und doch hat Tcherniakov das Geschehen nicht in ein diffuses Irgendwo verlegt. Die Szene spielt in Moskau, im dortigen real existierenden Haus der Gewerkschaft, ein höchst geschichtsträchtiger Ort, hier, zwischen dorischen Säulen und dreistöckigen Lüstern fanden Kongresse, Bälle und Konzerte statt, wurden Schauprozesse abgehalten und tote Staatsmänner aufgebahrt, Lenin ebenso wie Stalin und im vergangenen Jahr Gorbatschow. Ein Einheitsbühnenbild, das infolge seiner Geschichtssättigung immer neue Bezüge herstellt. Gerade auch im heiklen Wechselspiel zwischen Gestern und Heute, Kritik an Russland inbegriffen. Wenn der Marschall Kutusow, Sieger in der Auseinandersetzung mit Napoleon, in der Münchner Aufführung die letzten Worte der Oper hat – „Russland ist gerettet“ – und sich dazu, beleibt und mit Väterchen-Schnauzer, auf einen üppigen Katafalk zur Ruhe bettet, dann spricht die Szene eine Sprache, wie sie russischen Nationalisten gewiss nicht gefallen dürfte. 

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Die Münchner Sängerbesetzung – rund 70 (!) Partien sind zu vergeben – ist herausragend, wozu nicht zuletzt beiträgt, dass es sich in weit überwiegendem Maße um Sängerinnen und Sänger aus Russland beziehungsweise Sowjet-Nachfolgestaaten handelt. Olga Kulchynska in der Rolle der Natascha vermag lyrisch aufzublühen, aber auch dramatisch ihre Stimme zu bündeln. Nicht weniger glänzend Andrei Zhilikhovsky (Fürst Andrej Bolkonski) und Arsen Sohomonyan (Graf Besuchow) in den großen Männerpartien, liebend, leidend, tragisch (im Falle Andrejs) ein weites Ausdrucksspektrum durchschreitend. 

Jurowskis apokalyptische Zuspitzungen

Und doch überragt in dieser Produktion einer alle anderen: Vladimir Jurowski am Pult des Staatsorchesters. Prokofjews Oper ist ihm ein Herzensanliegen, man sieht es seinem nie nachlassenden, gestisch überreichen Gestaltungswillen, und man hört es. Der zweigeteilten Anlage des Werks folgend gibt Jurowski verschiedene Klangmodi aus: kantabel, beschwingt, gelegentlich süffig, doch von nicht nachlassender Spannung – das ist der erste Teil. Der Krieg tritt musikalisch anders auf: überlaut – geradezu herausgeschrien vom Staatsopernchor der Eingangs-Epigraf –, schneidend, fratzenhaft, brutal überwältigend. Mag da das ein oder andere Librettowort noch so sehr die russische Sache vertreten, Jurowskis apokalyptische Zuspitzungen lassen als Kommentar dazu nichts an Eindeutigkeit vermissen. Das macht „Krieg und Frieden“ in München zum Ereignis.

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