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Kritik: Bodo Kirchhoff präsentiert seinen neuen Roman

Literatur

Bodo Kirchhoff blickt im neuen Roman auf das Alter und die Liebe

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    Der Autor Bodo Kirchhoff hat den neuen Roman "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt" veröffentlicht.
    Der Autor Bodo Kirchhoff hat den neuen Roman "Seit er sein Leben mit einem Tier teilt" veröffentlicht. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Der Schriftsteller Bodo Kirchhoff kennt den Gardasee sehr gut, er besitzt dort ein Haus. Und er weiß, wie Männer über 70 ticken: Er selbst ist 1948 geboren. In seinem neuen Roman „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ fließen diese Erfahrungen ein, wobei dem Tier – in diesem Fall der rumänischen Straßenhündin Ascha – eine bedeutende Rolle in dem Fünf-Personen-Stück zukommt: „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt, denkt Schongauer in schlaflosen Nächten sogar manchmal daran, dass er gern als dieses Tier auf die Welt gekommen wäre, nur mit dem Gedächtnis für Gut und Ungut, Freund oder Feind, und ohne Wissen um die Zeit.“ 

    Doch der Hauptfigur Louis Arthur Schongauer, einem ehemaligen B-Schauspieler in Hollywood, ist das Vergehen der Zeit schmerzlich bewusst. Der 75. Geburtstag droht. Als die 24 Jahre junge Influencerin Frida mit ihrem Wohnmobil vor seinem Garten strandet, spürt er mehr denn je die Verheerungen des Alters. Dabei war er doch auch einmal jung, damals in Hollywood, als er in Nebenrollen immer den bösen Nazi verkörpern sollte und als sich die junge Lynn in ihn verliebte. 

    Bodo Kirchhoff beschreibt einen Mann zwischen zwei Frauen

    Mehr denn je wird dem alten Mann am Berg die Vergangenheit bewusst, als zusätzlich zu Frida die 49-jährige Autorin Almut Stein, Frau eines erfolgreichen Kardiologen, in sein Eremitendasein einbricht und ihn mit ihren Fragen nach seiner Karriere, seiner Ehe, seinem Leben aufschreckt. Sie wolle den ehemaligen Hollywoodschauspieler dem Vergessen entreißen, hatte sie ihm geschrieben. Jetzt konfrontiert sie Schongauer mit seiner Vergangenheit, stellt bohrende Fragen nach der ersten Liebe und Lynns Selbstmord. Nach der Ehe mit der Tierfotografin Magda und deren Tod in der Brandung. 

    Ein Mann und zwei Frauen, dazu noch die Hündin. Schongauer flüchtet sich in die Rolle des Gastgebers, füllt Wein nach und fühlt wider Willen in sich eine alte Sehnsucht aufsteigen. Almut, wie er die attraktive Autorin nach langen Gesprächen nennt, kommt ihm näher, als er es zulassen will und als es sein altes Herz erträgt: „Und auf einmal glaubt er auch zu wissen, was es ihm schwer macht, einfach nur ihre Fragen zu beantworten: dass er sie verheerend gern ansieht, wie keine Frau seit Magdas Tod – verheerend, weil so gut wie alles an ihr über die Augen unmittelbar in das Organ dringt, für das ihr Mann zuständig ist, ohne dass der ihm sagen könnte, warum es sich darin breitmacht.“ 

    Bodo Kirchhoffs Romane drehen sich immer wieder um Frauen, Liebe und Schmerz

    Frauen, Liebe, Intimität und Schmerz – immer wiederkehrende Motive in den Romanen von Bodo Kirchhoff. In diesem Fall kommt zu den beiden so unterschiedlichen Frauen eine dritte hinzu, Fridas Mutter, eine nervige TV-Talkerin, die sehr zu Schongauers Unwillen ihre Tochter dominieren und den Gastgeber provozieren will. Mit dem Albaner Luan, der Fridas gestrandetes Wohnmobil wieder flott macht, ist das Personensetting komplett, auch wenn der kernige Alleskönner nur einen kurzen Auftritt hat – als Gegenentwurf zum zunehmend hilflosen Gastgeber. 

    Es geht um nicht weniger als um das Leben in diesem poetischen Alterswerk, das auch mit seinen dramatischen Naturbeschreibungen die Lesenden hineinzieht in das Haus am Berg. Es geht um Liebe, Erotik, Trauer. Ja, auch um Sex. Trotzdem nährt es keine schlüpfrigen Altmännerträume, dazu ist das Ganze zu elegant erzählt, auch ironisch gebrochen. Bodo Kirchhoff erweist sich wieder einmal als meisterhafter Stilist, dem man auch den nicht ganz woken Blick auf die Frauen verzeiht. Ein großer Roman, so faszinierend wie desillusionierend. 

    Bodo Kirchhoff. Seit er sein Leben mit einem Tier teilt, dtv, 384 S., 24 Euro

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