Ein lauter Knall. Feuerwerk. Wummernder Bass. Dann steht er auf der Bühne: 50 Cent. Der Superstar unter den Gangsta-Rappern. Klunker am Finger, Rolex am Arm, Diamantketten um den Hals – das perfekte Abziehbild eines amerikanischen Multimillionärs, der es mit seiner Musik ganz nach oben geschafft hat. Denn 50 Cent, mit bürgerlichem Namen Curtis Jackson, zählt mit mehr als 30 Millionen verkauften Alben zu den erfolgreichsten Rappern der Welt.
Zwar ist seine Glanzzeit längst vorbei. Hits wie "In da Club" oder "Candy Shop" liefen schon vor 20 Jahren bei MTV rauf und runter. Doch beim Konzert in der Olympiahalle liefert er immer noch jede Menge Pomp und Bling-Bling. Zwölf Jahre mussten die Fans auf diesen Moment warten. Solange war der amerikanische Musiker nicht mehr in Europa auf Tour. Geschadet hat ihm die Pause nicht. Die Tickets für London, Paris oder Dublin waren nach kürzester Zeit ausverkauft. In Deutschland war nur ein Konzert in Berlin geplant, doch wegen des enormen Ansturms legten die Veranstalter fünf Konzerte nach. Das letzte gab der Rapper nun in München.
50 Cent in München: Tänzerinnen wackeln in knappen Shorts über die Bühne
Mit seinen 47 Jahren wirkt er immer noch topfit. Den Arm in der Luft und immer am Wippen gleicht der Mann einem muskelbepackten Fitness-Coach. Er macht vor, die Zuschauerinnen und Zuschauer machen nach. Den Sound dazu liefern DJ, Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger. Zwei Rapper unterstützen verbal – einer trägt statt des obligatorischen Basketball-Shirts ein FC-Bayern-Trikot. Hinter den Männern twerken vier Tänzerinnen in knappen Shorts und Bikinioberteilen. Und ja, auch das gehört zum Gangsta-Rap-Klischee, da wird der halb nackte Hintern auch mal in die Kamera gestreckt und groß auf Leinwand übertragen. Die Videos im Hintergrund unterstreichen, worum es hier geht: Dollarscheine, Diamanten, dicke Autos und nackte Frauen. Viel Prunk und Pomp.
Dahinter steht das Narrativ des amerikanischen Traums. Des Selfmademans, der es von ganz unten nach ganz oben geschafft hat. Kaum jemand verkörpert das besser als 50 Cent. Wenn er über eine harte Kindheit und das gefährliche Leben auf der Straße textet, tut er das nicht, weil es im Gangsta-Rap einfach dazu gehört, sondern weil er es selbst erlebt hat. Der Musiker wuchs in prekären Verhältnissen im New Yorker Stadtteil Queens auf. Der Vater verschwunden, die Mutter drogenabhängig und ermordet, als er acht Jahre alt war. Schon als Jugendlicher vertickte er Drogen, saß im Gefängnis und begann zu rappen – mit Erfolg.
Sein Debütalbum "Power of the Dollar" sollte im Jahr 2000 veröffentlicht werden. Doch wenige Wochen zuvor wurde der Rapper angeschossen. Dass er den Angriff überlebte, glich einem Wunder. "Nachdem neunmal aus nächster Nähe auf mich geschossen worden war und ich nicht starb, dachte ich, dass ich wohl einen Zweck im Leben erfüllen sollte", schrieb er später in seiner Autobiografie. Die Plattenfirma löste den Vertrag auf, aber ein anderer Rapper wurde auf ihn aufmerksam: Eminem. Er nahm ihn im eigenen Label unter Vertrag. Wenig später gelang ihm der Durchbruch.
Beim Konzert in München liefert Rapper 50 Cent eine pompöse Show
Das Album "Get Rich or Die Tryin'" gehörte 2003 zu den weltweit erfolgreichsten Hip-Hop-Veröffentlichungen. 50 Cent wurde mehrfach dafür ausgezeichnet. An den Erfolg von damals konnte er nicht mehr anknüpfen. Sein letztes Album erschien vor acht Jahren. Doch inzwischen ist er gleichermaßen Geschäftsmann wie Rapper, produziert Musik, Serien und Showformate, führt mit G-Unit Records sein eigenes Label, verkauft Cognac und Champagner. Er weiß sich zu vermarkten.
Doch die Fans feiern ihn auch immer noch für seine Musik, wie sich beim Konzert in der Olympiahalle zeigt. Spätestens bei Hits wie "P.I.M.P" oder "Window Shopper" springen auch auf den Rängen alle auf und tanzen. 50 Cent hat sichtlich Spaß auf der Bühne, lacht immer wieder verschmitzt. Aber die Lieder rauschen vorbei wie TikTok-Videos. Ohne große Unterbrechung oder Ansage. Denn fernab der Texte, die lyrisch nicht unbedingt zu den Meisterwerken des Hip-Hop zählen, hat der Rapper nicht viel zu sagen. Ein kurzes Schön-hier-zu-sein, ein schnelles Seid-ihr-gut-drauf, mehr gibt es nicht. Stattdessen dürfen sich die Fans auf schweißnasse Handtücher stürzen, die der Rapper in die Menge wirft.
Man kann das professionell nennen, amerikanischer Superstar eben. Das durchgehende Gewummere erzeugt durchaus Sogwirkung, wirkt aber nach einer Stunde doch etwas monoton. Die pompöse Show lenkt auch ein wenig ab vom Wesentlichen: der Musik. Denn da wird es stellenweise etwas schwammig. Der Bass dröhnt so laut, dass die Gitarre kaum zu hören ist. 50 Cent rappt tight, klingt aber etwas scheps, sobald es melodisch wird. Als der Gitarrist ein Solo raushaut, gesteht der Rapper, dass er das Instrument auch gerne beherrschen würde – vergeblich. Er hält am Mikro fest und macht das, was er am besten kann. Rappen und Bouncen.
50 Cent in München: Das Publikum ist genauso unterhaltsam wie die Show
Nur einmal verschwindet er hinter der Leinwand. Kurz frisch machen. Zur Überbrückung läuft Coolio's Megahit "Gangsta’s Paradise" vom Band. Zurück auf der Bühne hat der 47-Jährige dann nicht nur Shirt und Sneaker gewechselt, sondern wie es sich für einen echten Gangsta-Rapper gehört auch neue Klunker umgehängt. Wie viel Karat in der ausladenden Halskette stecken, lässt sich schwer schätzen. Beeindruckend? Eher weniger, erinnert das protzige Gehänge doch mehr an einen Clownskragen als ein tragbares Schmuckstück. Aber es passt zum restlichen Bling-Bling-Zirkus.
Mindestens so unterhaltsam wie die Show ist das Publikum, darunter erstaunlich viele junge Gäste. Auch sie bieten eine ansehnliche Live-Performance: Da posieren Influencerinnen mit aufgespritzten Lippen im knallengen Einteiler für die Kamera. Sekunden später landen die Bilder und Videoschnipsel auf Instagram. Hashtag 50Cent. Mütter schwingen neben ihren Töchtern die Hüften. Marihuana-Geruch wabert durch die Reihen. Weiter vorn fläzt ein Fan mit Goldkettchen im Stiernacken breitbeinig im Sitz. Vom Pomp, der ihm hier präsentiert wird, kann er vermutlich nur träumen.
Dabei haben sich die Fans das Spektakel einiges kosten lassen. Bis zu 140 Euro kostete ein Ticket. Der Traum von Ruhm und Reichtum, er lässt sich eben gut verkaufen. Nach eineinhalb Stunden ist die Show vorbei. Die Hits sind gespielt, das Konfetti ist auf den Boden geflattert, die Luft ist raus – auch bei den Fans. Nach all dem Pomp wirkt der Abgang fast schon unspektakulär. "There will be a next time", verspricht 50 Cent. Ob die Fans ihn dann immer noch feiern?