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Kontra-Kommentar: Greift die Sorge um Rassismus zu sehr in die Kunstfreiheit ein? Nein!

Kontra-Kommentar

Greift die Sorge um Rassismus zu sehr in die Kunstfreiheit ein? Nein!

Richard Mayr
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    Blackfacing ist eine unsägliche Tradition, findet unser Autor.
    Blackfacing ist eine unsägliche Tradition, findet unser Autor. Foto: dpa

    Eines vorneweg: Kunst muss frei sein, darf sich nicht von vornherein Grenzen setzen, darf gerne auch provozieren, Regeln und Normen übertreten, Neues wagen, Althergebrachtes über Bord werfen, darf auch schockieren, infrage stellen. Na klar. Aber: Kunst ist mittlerweile keine kommunikative Einbahnstraße mehr, die nur den Künstler und vielleicht noch flankierend die Wissenschaft und die Kritik zu Wort kommen lässt. Immer vernehmlicher verschaffen sich auch das normale Publikum und Interessengruppen Gehör, äußern sich, bejubeln, kritisieren und verdammen – manchmal berechtigterweise, manchmal auch nicht. Trotzdem ist das gut so. Kunst ist in gewisser Weise demokratisch geworden, sie muss sich ihren Betrachtern stellen.

    Wenn Interessengruppen etwa das Blackfacing auf der Bühne kritisieren (wenn weiße Schauspieler sich mit schwarzer Farbe bemalen), dann deshalb, weil es eine unsägliche Tradition des Blackfacing im 19. Jahrhundert gab, bei der weiße Darsteller in den USA und in England sich rassistischer Stereotype bedienten, sowohl beim Schminken, als auch beim Spiel auf Varieté-Bühnen. Und: Die Künstler, auch diejenigen, die das sorglos und am Ende ohne einen Hintergedanken gemacht haben, müssen sich die Kritik zu recht anhören. Denn diese ist dann auch Aufklärungsarbeit, indem sie zeigt, in welchem Bezugsrahmen sich die Kunst bewegt. Auch antisemitische Stereotype werden in der Kunst immer wieder gebrandmarkt – als Warnung für alle Betrachter.

    Auch heute ist rassistisches Denken noch verbreitet

    Rassismus hat eine fast ebenso lange Tradition wie der Antisemitismus, er hat sich in Europa mit dem Kolonialismus verbreitet, als moralische Begründung dafür, die ursprünglichen Bewohner Amerikas ihres Landes zu berauben und Menschen – vor allem aus Afrika – dort zu Sklavenarbeit zu zwingen. Auch heute ist rassistisches Denken noch verbreitet.

    Rassismus in Wort, Bild, Film oder Spiel anzuprangern, schränkt die Freiheit der Kunst nicht ein. Sie ist und bleibt in ihrem Tun ja so frei, wie sich die Künstler machen können. Aber zur Freiheit der Kunst gehört nicht ein Recht auf Kritiklosigkeit. Dass tendenziöse oder bösartige Haltungen in Filmen, Kunstwerken, Büchern als das bezeichnet werden, was sie sind, ist notwendig, um Kunst, die Propaganda betreibt, von der zu unterscheiden, die etwas Eigenes und Originelles zu sagen hat. Dass sich solche Debatten mit all ihrer Emotionalität und Lautstärke schrill anhören, ist der Preis der demokratischen Rezeption heute, den auch all die Kunstliebhaber bezahlen müssen, die am liebsten im Stillen genießen würden.

    Lesen Sie dazu auch den Kontra-Kommentar von Wolfgang Schütz.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge zum Thema Rassismus an:

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