Der Rauch, der aus dem kupfernen Schornstein der Sixtinischen Kapelle aufsteigt, ist die einzige mediale Verbindung zwischen der Weltöffentlichkeit und dem streng geheimen Procedere der Papstwahl. Ist der Rauch schwarz, hat der Wahlgang zu keinem endgültigen Ergebnis geführt. Ist er weiß, hat die katholische Kirche ein neues Oberhaupt. Den Rauch bekommt man in Edward Bergers „Konklave“ nie zu sehen, aber den Ofen, in dem die Wahlzettel nach jedem Urnengang verbrannt werden. Denn dieser klerikale Thriller nach dem gleichnamigen, fiktionalen Roman von Robert Harris beharrt konsequent auf seiner Insider-Perspektive und schließt sich mit den Kardinälen ein.
Stanley Tucci und Ralph Fiennes schließen sich ein in „Konklave“
Der Papst ist tot. Die Gemächer des Heiligen Vaters sind versiegelt und Kardinal Thomas Lawrence (Ralph Fiennes) kommt als Vertrauter des Verstorbenen die Aufgabe zu, das Konklave zur Wahl des Nachfolgers zu organisieren. Über hundert Kardinäle aus aller Welt reisen an, um sich ohne Kontakt zur Außenwelt in mehreren Wahlgängen auf einen neuen Oberhirten zu einigen. Die Kandidaten spiegeln die Richtungskämpfe innerhalb der Kirche wider.
Kardinal Tedesco (Sergio Castellitto) will, dass Messen wieder in lateinischer Sprache gehalten werden, vertritt rechtskonservative Ansichten. Sein erbitterter Gegner ist Kardinalstaatssekretär Bellini (Stanley Tucci), der die Kirche öffnen und auch Frauen im Vatikan eine größere Rolle zukommen lassen will. Kardinal Adeyemi (Lucian Msamati) aus Nigeria werden als erstem afrikanischem Papst ebenso gute Chancen eingeräumt wie dem Kirchenkarrieristen Tremblay (John Lithgow). Und schließlich taucht aus dem Nichts Benitez (Carlos Diehz) auf, der zuletzt undercover als Erzbischof von Kabul tätig war. So beginnt über zahlreiche Wahlgänge das Ringen um den Heiligen Stuhl.
Edward Berger trumpfte mit „Im Westen nichts neues“ auf
Im Zentrum der Erzählung steht dabei mit Lawrence ein Zweifler, der wider Willen zum Manager des Konklaves berufen wurde. In seiner Eröffnungsrede hält er ein Plädoyer gegen die Gewissheit als Feind des Glaubens und für den Zweifel als konstruktive Kraft. Das verhindert freilich nicht die erbitterten Machtkämpfe, die sich in der Sixtinischen Kapelle und in den Gängen des Vatikans fortan entfalten.
Regisseur Edward Berger, dessen „Im Westen nichts Neues“ 2023 vier Oscars gewann, inszeniert die Papstwahl als klassischen Politthriller mit einem enormen Spannungspotenzial. Mit großer Detailgenauigkeit zeigt er das Procedere und die Rituale rund um den Urnengang und kontrastiert den historischen Prunk des Vatikans wirkungsvoll mit moderner Technik oder einer Gruppe von Zigaretten rauchenden Kardinälen. In diesem visuellen Kontrast werden die innerkirchlichen Konflikte gespiegelt, in denen Realpolitik, Idealismus, Spiritualität, Korruption, Intrigen und populistische Tendenzen gegeneinander antreten.
Auch Isabella Rosselini hat einen Auftritt in „Konklave“
Das alles ist mit einer ausgefeilten Plot-Struktur samt provokanter Schlusswendung in einem starken filmischen Atemzug in Szene gesetzt. Gleichermaßen bietet „Konklave“ mit seinem klaustrophobischen Setting ideale Laborbedingungen für großes Schauspielerkino. Ralph Fiennes spielt die inneren Kämpfe seiner Figur mit einer herzergreifenden Durchlässigkeit aus. Als liberaler Krieger im erzkonservativen Milieu und beinharter Realpolitiker ist Stanley Tucci nicht weniger überzeugend. Und schließlich hat die fabelhafte Isabella Rossellini als Quotennonne, die alles sieht und wenig sagt, einen kurzen Auftritt von nachhaltiger Prägnanz.
„Konklave“ ist kein Film, der sich der Kritik an der katholischen Kirche verschrieben hat, sondern ein klerikaler Thriller, in dem die Machtkämpfe und das Ringen um Kompromisse in einem demokratischen Entscheidungsprozess exemplarisch präzise seziert werden – ein Thema das aktueller kaum sein könnte.
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