Ein Blockbuster, ein Blitz in Pink: Eine Frau namens Barbara rettet in diesen Tagen das gute alte Kino. "Barbie" heißt der Film des Jahres, der sich um die berühmte Puppe aus Plastik dreht. Dieser Hit hat schon mehr als eine Milliarde Dollar in die Kinokassen gespült. Damit hat US-Regisseurin Greta Gerwig als erste Frau überhaupt diese Marke geknackt. Eine Barbie, eine knallpinke Welt, ein Kultfilm für den Feminismus - aber ist das nicht zu barbieschön, um wahr zu sein?
Seit einem Monat pilgern Zuschauermassen in die Kinosäle, und zwar kostümiert in Pink wie die Puppe. Sie feiern mit „Barbie“ ein Fest der Weiblichkeit, ein Gemeinschaftsgefühl gegen die patriarchale Macht und für die Emanzipation. Auch Kanadas Premier Justin Trudeau posiert vor dem Filmplakat, dagegen klagen Konservative, wie schrecklich „woke“ der Film sei. Selbst Karl Lauterbach meldet sich zu Wort: „Ich bin schon vorab sicher, dass ich den Film nicht sehen möchte.“ Mit der Barbie-Welle schwimmt auch „Oppenheimer“ an die Kino-Chartspitze, der Film über den Erfinder der Atombombe. „Barbenheimer“ heißt der Trend, sich in fünf marathonösen Stunden beide Blockbuster in Folge einzuverleiben. Erst die Barbie, dann der Atompilz? Ein Wahnsinn.
Hinter "Barbie" steckt nicht nur Regisseurin Gerwig – sondern auch Mattel
Fest steht: Greta Gerwig darf man den Ruhm gönnen. Ihr Milliarden-Erfolg setzt tatsächlich eine feministische Marke, denn Frauen führen noch immer selten Regie in großen Hollywood-Produktionen. Aber hinter der „Barbie“-Manie steckt eben auch der Spielzeugkonzern Mattel. Der große Kommerz. Und ein muffiges Klischee.
Eine Garde von Barbies bevölkert Gerwigs pinke Welt – aber die Puppe bleibt hier Puppe. Frauen nach Bauplan, Weiblichkeit hat hier eine konkrete Haarlänge, ein Kleidchen, eine Gestalt. Die Barbie-Firma Mattel erklärt, dass heute fünf der zehn beliebtesten Barbie-Puppen zur Kategorie vielfältig und „divers“ gehören. Aber die Barbie-Horde im Film wirkt fast gleichförmig – trotz Figuren wie einer schwarzen Barbie-Präsidentin. Bis zum letzten Schnitt klebt der Film an dieser quietschenden Fantasie: Frauen in Pink und Typen wie Ken. „Jungs“ und „Mädchen“. Selten war Pink so Schwarz-Weiß und wenn darin auch Kritik mit Doppelsinn steckt, verpufft sie in einer rosa Wolke aus Witzen.
Der "Barbie"-Film ist eine Marketing-Maßnahme für Mattel
Ja, Gerwig strickt Gags und kluge Ideen in den Plot. Ken lernt die Lektion: Mach dich selbstständig! Sei nicht nur Deko für Barbie, sei mehr als ein Protz und Gockel. Und Barbie selbst? Flüchtet aus dem Plastik-Kosmos, stellt sich als Frau der wahren, harten Welt – doch eben in einer Rolle, die geschneidert scheint für einen Hollywood-Idealkörper. Zwar hat Mattel seine Barbie-Puppen mit 100 möglichen Karrieren ausgestattet. Aber wäre die Original-Barbie aus Fleisch und Blut, würde sie kollabieren: Beine zu lang, Taille zu schmal, Hals zu dünn, ein unmenschliches Bild von Weiblichkeit.
Mattel hat den Film finanziert und lässt sich aufs Korn nehmen: Die Konzern-Chefs treten im Film als Pappnasen-Figuren auf, als weiße bräsige Männer, die Barbie einsperren wollen. Wirkt sehr lustig, ist aber Kalkül. Mattel baut auf Sympathie durch Selbstveräppelung und durch den feministischen Anstrich. Der Film ist eine Marketing-Maßnahme, der Umsatz des Konzerns war von 2013 bis 2020 um zwei Milliarden Dollar geschrumpft. Und am Barbie-Regenbogen-Horizont zieht etwas auf: Mattel kündigt weitere Filme über seine Spielzeuge an. Bis dahin liefert der Hit des Jahres noch guten Gesprächsstoff. Barbara sei Dank.