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Kinokritik:

Filmkritik

Radikale Lesben-Romanze: „Love Lies Bleeding“ mit Kristen Stewart

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    Katy M. O’Brian (l) als Jacky und Kristen Stewart als Lou in einer Szene des Films „Love Lies Bleeding“
    Katy M. O’Brian (l) als Jacky und Kristen Stewart als Lou in einer Szene des Films „Love Lies Bleeding“ Foto: picture alliance/dpa/A24/Plaion Pictures

    Lou (Kristen Stewart) arbeitet in einem heruntergekommenen Fitness-Studio, wo sie gelangweilt die Mitgliedsausweise laminiert und die verstopften Waschbecken reinigt. Aber dann betritt Jackie (Katy O’Brian) den Raum und überstrahlt souverän die schmuddelige Muckibuden-Tristesse. Lou kann ihre Augen nicht abwenden von der Bodybuilderin, deren Körper von überirdischer Schönheit und Kraft nur so strotzt. Noch am selben Abend fallen die beiden Frauen voller Lust und Sehnsucht übereinander her. Eine lesbische Amour Fou stellt die britische Regisseurin Rose Glass ins Zentrum ihres US-Debüts “Love Lies Bleeding”.

    In „Love lies bleeding“ steht eine lesbische Romanze im Zentrum

    Die radikale Romanze ist im New Mexico der späten 80er Jahre angesiedelt. Aber dass die Bilder vom Fall der Berliner Mauer über den Fernseher flimmern, scheint in dem Wüstenkaff niemand zu interessieren. Auf der Durchreise zu einem Bodybuilding-Wettbewerb in Las Vegas ist Jackie hier gestrandet und quartiert sich gleich in Lous Apartment ein. Aber in das rauschhafte Liebesglück, das durch die Injektion von Steroiden beflügelt wird, mischen sich schon bald die Störmomente aus Lous dysfunktionaler Familie. Vater Lou Sr.(Ed Harris) betreibt neben dem Fitnessstudio auch noch einen Schießstand, von dem aus er seine illegalen Machenschaften lenkt. Seine Tochter Beth (Jena Malone) ist mit dem gewalttätigen JJ (Dave Franco) verheiratet. Als der sie fast tot prügelt, nimmt Jackie die Angelegenheit in die Hand. Der Mord an dem Peiniger setzt einen Strudel gewaltsamer Ereignisse in Gang.

    Als feministische Weiterentwicklung von den Werken Quentin Tarantinos und David Cronenbergs kommt dieser Neo-Noir-Thriller daher, in dem Glass mit einem wilden Genremix ihren ganz eigenen, kraftvollen Stil entwickelt. Mit expliziter Selbstverständlichkeit fernab von Blümchensex-Klischees wird hier eine leidenschaftliche, lesbische Romanze in Szene gesetzt, die sich in einem Umfeld toxischer Männlichkeit behauptet. Homosexualität ist hier keine Lebensweise, die um ihre gesellschaftliche Anerkennung ringt, sondern eine Superkraft mit enormen Durchsetzungsvermögen. Mit sinnlichem Blick wird der muskulöse Körper der Bodybuilderin in Szene gesetzt, der sich allen stereotypen Geschlechterzuschreibungen entzieht

    Regisseurin Glass mischt Gewalmomente mit stimmungsvollen Aufnahmen aus der Wüstenprovinz New Mexicos

    Glass mischt in ihrem äußerst vitalen, visuellen Konzept Elemente des Bodyhorrors ebenso ins Geschehen wie surreale Überzeichnungen. Die blutigen Gewaltmomente werden pointiert ausformuliert und mit stimmungsvollen Noir-Aufnahmen aus der Wüstenprovinz ausbalanciert. Das machtvolle Epizentrum des Films bilden jedoch Kristen Stewart, die ihre Figur mit einem brodelnden Understatement ausstattet, und die fabelhafte Katy O’Brian, die mit einer geradezu kosmischen Strahlkraft den Counterpart spielt. Zusammen entwickeln die beiden Frauen eine Leinwand-Chemie, von der die meisten heterosexuellen Hollywood-Romanzen nur träumen können. “Love Lies Bleeding”, der zunächst in Sundance lief und dann außer Konkurrenz von Jury-Präsidentin Stewart bei der diesjährigen Berlinale präsentiert wurde, gilt schon jetzt als einer der wichtigsten Kultfilme der 2020er Jahre.

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