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Foto: Annette Riedl, dpa
Foto: Annette Riedl, dpa

Alles bereit für den Wettstreit um die Goldenen und Silbernen Bären? Aufbauarbeiten am Berlinale Palast.

Kino
14.02.2023

Mehr Nische statt Hollywood-Glanz? Was die Berlinale 2023 verspricht

Von Martin Schwickert

Die Berlinale 2023 beginnt am 16. Februar. Das Festival verspricht diesmal nur wenige Hollywood-Stars wie Cate Blanchett – aber viele deutsche Filme.

Ende Februar 2020 herrschte am Potsdamer Platz wie immer um diese Jahreszeit reges Treiben. Stars auf dem roten Teppich. Presseleute aus aller Welt. Eine Gala im Berlinale Palast, bei der der iranische Film "Doch das Böse gibt es nicht" von Baran Rasoulof mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Nur zwanzig Tage später war all dies undenkbar. Die Corona-Pandemie führte Ende März in den totalen Lockdown. Auch ein Jahr später war eine reguläre Berlinale unmöglich. 2022 konnte das Festival schließlich unter erhöhten Hygienevorkehrungen eingeschränkt stattfinden. Aber nun heißt es 2023 auch für die Berlinale wieder durchatmen und durchstarten. 

Die Berlinale zeigt ungewöhnlich viele deutsche Produktionen

Die Pandemie hat nicht nur Filmfestivals, sondern die ganze Branche schwer getroffen. Die Besuchszahlen der Kinos sind nicht wieder auf den alten Stand zurückgekehrt. Die Lichtspielhäuser kriseln nach dem Auslaufen der staatlichen Unterstützung. Gerade in so einer Lage hat das größte deutsche Filmfestival nicht nur Symbolcharakter. Die Berlinale ist auch ein Impulsgeber – für die Branche, die sich beim "European Film Market" im Gropiusbau trifft, für Filmschaffende, die sich hier austauschen, und natürlich für das deutsche Kino, das sich hier im internationalen Format zeigen und messen kann.

Ungewöhnlich hoch fällt in diesem Jahrgang die Quote der einheimischen Produktionen aus. Fünf der insgesamt 18 Wettbewerbsbeiträge kommen aus Deutschland. Den Anfang macht Emily Atef, die 2018 ihr Romy-Schneider-Porträt "3 Tage in Quiberon" in Berlin und 2022 "Mehr denn je" in Cannes präsentierte. Mit "Irgendwann werden wir uns alles erzählen" adaptiert Atef den gleichnamigen Roman von Daniela Krien und erzählt von der Liebe der 19-jährigen Maria (Marlene Burow) zu dem älteren Bauern Henner (Felix Kramer) vor dem Hintergrund des Wendejahres 1990 im ländlichen Ostdeutschland. 

Margarete von Trotta zeigt auf der Berlinale ihren Bachmann-Film

Ganze vierzig Jahre nachdem sie mit ihrem Film "Heller Wahn" den Goldenen Bären gewann, ist Margarete von Trotta zum ersten Mal wieder in einem Berlinale-Wettbewerb vertreten. Ihr "Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ mit Vicky Krieps in der Titelrolle versteht sich nicht als klassisches Filmporträt der Schriftstellerin, sondern ist als innerer Monolog angelegt. 

Christian Petzold hat in Berlin bereits an sechs Wettbewerben teilgenommen. Als bester Regisseur erhielt er 2012 für "Barbara" den Silbernen Bären. Sein neuer Film "Roter Himmel" spielt an Sommertagen nahe der Ostsee, wo die trockenen Wälder genauso entzündlich sind wie die Gefühle der vier jungen Menschen, die in einem Ferienhaus aufeinandertreffen. 

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Vieles hat sich bei der Berlinale nach Dieter Kosslick geändert

Mit Angela Schanelecs "Music" und Christoph Hochhäuslers "Bis ans Ende der Nacht" komplettiert sich der deutsche Filmreigen in der zweiten Festivalhälfte. Darüber hinaus ist der Wettbewerb wieder fest in der Hand der internationalen Independent-Szene. Nachdem das Festival am Ende der Ära von Dieter Kosslick immer größere Kompromisse eingehen musste, um die ein oder andere mittelprächtige Hollywood-Produktion an den Potsdamer Platz zu locken, versucht das neue Team des künstlerischen Leiters Carlo Chatrian und der Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek seit 2020 aus der Not eine Tugend zu machen. 

Mit dem zweiten Wettbewerbsstrang "Encounters" wurden innovative Arbeiten von jungen Filmschaffenden gefördert und auch der offizielle Wettbewerb wurde zur Mainstream-freien Zone. Hier findet sich von der Unternehmer-Satire "Blackberry" des Kanadiers Matt Johnson über das Familienporträt "Le Grant Chariot" des Franzosen Philippe Garrel bis hin zu dem japanischen Animationsfilm "Suzume" von Makoto Shinkai ein breites Spektrum internationalen Filmschaffens. 

Cate Blanchett und Sean Penn kündigen sich zur Berlinale an

Dabei wird die Menge der großen Stars auf dem nachhaltigen roten Teppich aus recyceltem Kunststoff vor dem Berlinale Palast überschaubar bleiben. Cate Blanchett wird den in Berlin gedrehten Film "Tár" außerhalb aller Festivalsektionen präsentieren, er ist bereits in Venedig gelaufen. Im "Panorama" zeigt Willem Dafoe seinen Film "Inside". Und dann der große Coup: Der Ehrenbär an Steven Spielberg, der seinen autobiografischen Film "The Fablemans" mitbringt und auch eine kleine Retrospektive gewidmet bekommt, in der man "E.T." und "Der weiße Hai" auf der großen Leinwand sehen kann. 

Nur einen Tag vor der Berlinale-Preisgala begann im letzten Jahr der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Damals befand sich Sean Penn in Kiew für die Arbeiten an seiner Dokumentation über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die angesichts der hereinbrechenden Ereignisse eine andere Wendung nahm. Penn wird sein Porträt in Berlin zeigen und man darf sehr gespannt sein, wie der Film mit dieser politischen Ikone unserer Tage umgeht.

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