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Kino: Kritik zu "The Lost City": Liebesfilm trifft Indiana Jones

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Kritik zu "The Lost City": Liebesfilm trifft Indiana Jones

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    Die romantische Komödie „The Lost City“ spielt auch im Dschungel. In den Hauptrollen sind Channing Tatum und Sandra Bullock zu sehen.
    Die romantische Komödie „The Lost City“ spielt auch im Dschungel. In den Hauptrollen sind Channing Tatum und Sandra Bullock zu sehen. Foto: Kimberley French, dpa

    Wenn es den Schreibkräften in Hollywoods Drehbuchstuben zu langweilig wird, holen sie den Genre-Bausteinkasten aus der unteren Schublade und spielen damit herum. Dabei kommt selten etwas wirklich Neues heraus, aber manchmal ein gutes Stück Unterhaltungskino. Die Gebrüder Aaron und Adam Lee haben ihrem Spieltrieb nachgegeben und kreuzen in „The Lost City“ munter die Zutaten einer romantischen Komödie mit der Rezeptur eines Abenteuerfilms im Indiana-Jones-Format.

    Sandra Bullock spielt die kriselnde Bestseller-Autorin Loretta, deren Schmachtprosa ihre Handlung bevorzugt in Pyramiden oder antiken Tempelanlagen entfaltet. Der verstorbene Mann war Archäologe, wodurch die Schriftstellerin Fachwissen in ihre Liebesabenteuer einstreuen kann. Dennoch blickt Loretta mit zunehmender Verachtung auf ihr Werk, auf dessen Titelseiten als verwegener Abenteurer das ansehnliche Antlitz Alans (Channing Tatum) prangt. Als Cover-Model begleitet er die Schriftstellerin seit Jahren auf ihren Buchreisen und ist heimlich in sie verknallt. Aber die hochintelligente, abgebrühte Autorin will nichts von dem vermeintlich einfältigen Schönling wissen.

    In "The Lost City" hat auch Brad Pitt einen Auftritt

    Seine große Chance, sich als Mann der Tat zu beweisen, wittert Alan, als seine Angebetete entführt wird. Der durchgeknallte Milliardärs-Sprössling Abigail Fairfax (wenig überzeugend: Daniel Radcliffe) hat Loretta in seine Gewalt gebracht, damit sie ein antikes Schriftstück entziffert. Darin wird der Weg zu einem Schatz in einer versunkenen Stadt beschrieben, welche der fanatische Freizeit-Archäologe gerade auf einer tropischen Insel freischaufeln lässt.

    Mithilfe des Meditationslehrers und erfahrenen Elitesoldaten Jack Trainer (Brad Pitt) gelingt es Alan tatsächlich, die Gefangene zu befreien, aber schon bald sind die beiden auf sich allein gestellt. Das wasserscheue Fotomodel und die Schriftstellerin im pinkfarbenen Pailletten-Jumpsuit sind für den Überlebenskampf im Dschungel wenig prädestiniert. Verfolgt von Fairfax’ finsteren Gesellen schlagen sie sich durch den tropischen Regenwald, wobei ihre ungeklärte Beziehung immer wieder auf eine harte Probe gestellt wird.

    Filme wie diese stehen und fallen mit der Chemie der beteiligten Stars. Die stimmt zwischen Sandra Bullock und Channing Tatum, die mit viel Selbstironie ans Werk gehen. Bullock ist ohnehin eine der furchtlosesten Schauspielerinnen Hollywoods. Schließlich gehört sie neben Halle Berry zu den wenigen Stars, die ihre „Goldene Himbeere“ für die schlechteste Darbietung in „Verrückt nach Steve“ (2009) persönlich abgeholt hat – nur um am Tag darauf für „Blind Side“ (2009) mit dem Oscar ausgezeichnet zu werden. Bullock hat während ihrer langjährigen Karriere auf dem ganzen Spektrum vom B-Movie über Popcorn-Action bis hin zur Charakterstudie im Independentformat wie zuletzt in Nora Fingscheidts US-Debüt „The Unforgiven“ gespielt.

    Die Kritik: Das gut gelaunte Personal verwandelt den Film in ein harmloses Vergnügen

    In Romanzen wie „Während du schliefst“ (1995) oder „Eine zweite Chance“ (1998) hat sie sich in den Neunzigern ihre Sporen verdient. Auf dem Gebiet der romantischen Komödie kennt sie sich bestens aus und genießt nun sichtbar die Möglichkeit, die Frauenrolle in diesem Genre gegen den Strich zu bürsten. Regelmäßig staucht ihre Loretta in „Lost City“ den unbeholfenen Mitreisenden zusammen, der mit liebenswerter Vergeblichkeit versucht, sich als ihr Retter in Szene zu setzen. Alan reitet nicht, wie die Helden in Lorettas Romanen, auf einem weißen Pferd herbei, sondern lässt sich nach einer Flussdurchquerung kreischend die Blutegel von seiner Gefährtin entfernen. Channing Tatum nutzt ausführlich die Gelegenheit, sein Image als gut gebauter Schönling lustvoll zu konterkarieren.

    Für den komödiantischen Höhepunkt sorgt Brad Pitt in einem zehnminütigen Kurzauftritt als omnipotenter Geiselbefreier mit wehender blonder Mähne, der seine Gegner in einem surrealen Kampfkunst-Ballett niederstreckt. Allein mit dieser Szene im ersten Filmdrittel hat sich der Kauf der Kinokarte vergnüglich amortisiert. Auch wenn das Drehbuch der Abenteuer-Romanze nicht mit Vorhersehbarem spart und sicherlich nicht jede Pointe zündet, verwandelt das gut gelaunte Personal den Film in ein harmloses Zuckerwatte-Vergnügen, das den Moment versüßt, ohne allzu lange in Erinnerung zu bleiben.

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