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Foto: Alberto Novelli, dpa
Foto: Alberto Novelli, dpa

Margherita Buy als Dora in einer Szene des Films "Drei Etagen"

Kino
16.03.2022

"Drei Etagen" erzählt von der sozialen Zerstörungskraft von Männern

Von Martin Schwickert

In „Drei Etagen“ koppelt Nanni Moretti drei Familiengeschichten miteinander. Der Film ist zwar nicht frei von Stereotypen, bleibt aber glaubwürdig.

Ruhig blickt die Kamera nachts auf das dreistöckige Wohnhaus, aus dem eine hochschwangere Frau mit einem Rollkoffer heraustritt. Sie versucht ein Taxi zu bestellen, als ein Kleinwagen mit quietschenden Reifen um die Ecke kommt, eine Passantin auf dem Zebrastreifen erfasst und durch die Glasbausteinwand in das Büro im Erdgeschoss rast. Im Haus gehen nacheinander die Lichter an, die Nachbarn treten auf die Straße und mit ihnen das Ensemble von Nanni Morettis neuem Film „Drei Etagen“. Die besagten Stockwerke des Titels bilden die Erzählebenen, auf denen das Schicksal von drei Familien verhandelt wird.

Da sein Sohn Andrea (Alessandro Sperduti) betrunken den tödlichen Unfall verursacht hat, wendet sich der Richter Vittorio (Nanni Moretti) von ihm ab, während seine Frau Dora (Margherita Buy) verzweifelt versucht, eine Haftstrafe zu verhindern. Monica (Alba Rohrwacher) leidet nach der Geburt ihres Kindes an Einsamkeitsgefühlen, postnataler Depression und Überforderung, während ihr Mann als Bauleiter in der Welt unterwegs ist. Lucio (Riccardo Scamarcio) und Sara (Elena Lietti) lassen ihre kleine Tochter gerne von dem älteren Nachbarpaar Renato (Paolo Graziosi) und Giovanna (Anna Bonaiuto) betreuen.

Der Ehemann lässt seine depressive Frau allein mit den Kindern

Als der leicht demente Renato sich mit dem Mädchen verirrt und abends im Park aufgefunden wird, ist Lucio fest davon überzeugt, dass sich der alte Mann an seiner Tochter vergangen hat. Mit dem haltlosen Verdacht vergiftet er das nachbarschaftliche Verhältnis ebenso wie seine Ehe und landet schließlich selbst wegen eines sexuellen Vergehens vor Gericht. In drei Akten über zehn Jahre erzählt Moretti von den familiären Zersetzungsprozessen, in denen die Männer ihre zerstörerische Kraft entwickeln.

Der Richter, der seine Prinzipien über die Verantwortung für den eigenen Sohn stellt. Der liebende Vater, dessen Beschützerinstinkte außer Kontrolle geraten. Der Ehemann, der seine depressive Frau mit den Kindern alleine lässt. Sie sind Varianten einer Männlichkeit, die das eigene Sein zum Maß aller Dinge macht und nur statisch auf Krisensituationen reagieren kann. Auch wenn diese Aneinanderreihung männlichen Fehlverhaltens nicht frei von Stereotypisierungen ist, bekommen die Figuren und ihre Beziehungen dank der herausragenden schauspielerischen Leistungen eine fassbare Glaubwürdigkeit. Und am Ende schlägt Moretti sogar hoffnungsvollere Töne an.

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