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Kinderlieder: Die Band "Deine Freunde" kennt das Geheimnis guter Kindermusik

Kinderlieder

Die Band "Deine Freunde" kennt das Geheimnis guter Kindermusik

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    Wie beim Kindergeburtstag, sogar mit Torte: Deine Freunde auf der Bühne beim Tollwood-Festival.
    Wie beim Kindergeburtstag, sogar mit Torte: Deine Freunde auf der Bühne beim Tollwood-Festival. Foto: Lea Thies

    Das gelbe Papierbändchen, das da an den zahlreichen Handgelenken klebt, ist das wichtigste Konzertutensil, weil Dramenverhinderer. Sollte denn mal ein Fan verloren gehen oder im dicht an dicht besetzten Kinderbereich direkt vor der Bühne Sehnsucht nach Mama oder Papa haben, steht da Blau auf Gelb die Handynummer der Begleitperson und alle vom Ordnungspersonal wissen, was dann zu tun ist: sofort anrufen! Nichts wird dem Zufall überlassen in dem Zelt voller Konzert-Neulinge. Rund 6000 Kinder und Eltern sind zur Jubiläumshow von Deine Freunde in die ausverkauften Musik-Arena auf dem Münchner Tollwood-Festival gekommen. Es ist eng, es ist heiß, es ist ein bisschen laut – für viele Erwachsene endlich wieder, für viele Kinder zum ersten Mal.

    Deine Freunde sind eine der angesagtesten Bands in deutschen Kinderzimmern

    Punkt 16 Uhr geraten die Bänder noch mehr in Bewegung als ohnehin schon: Lukas Nimschek, Florian Sump und Markus Pauli betreten die Bühne und stehen auf einer überdimensionalen Geburtstagstorte. "Wollt ihr jetzt den fetten Beat?" – "Jaaaaa" grölt die Menge. Die drei Musiker sind seit zehn Jahren Deine Freunde und machen seitdem nicht nur musikalisch vieles richtig. Sie sind eine der angesagtesten Bands in deutschen Kinderzimmern. Bei ihrem Konzert geben sie Einblicke in den Gesamtakkord ihres Erfolgsrezepts.

    Zunächst einmal haben die drei eher zufällig eine Marktlücke entdeckt: Hip Hop für Kinder. Florian Sump, der in den 1990ern mit der Band Echt bekannt wurde, wollte eigentlich nur einen Song für die Kinder aus seiner Kita aufnehmen und tat sich dafür mit Markus Pauli, DJ bei Fettes Brot, und Moderator Lukas Nimscheck zusammen. Die Rollenverteilung seitdem: einer Sprechgesang, einer Beats, einer Singstimme.

    Der erste Song ist gleich ein Riesenerfolg: super Text, super Beat, super Video. "Schokolade" wummerte bald in zahlreichen Kinderzimmern – für München haben sie es sich als musikalische Nachspeise für die Zugabe aufgehoben und natürlich singen alle mit: "Oma gibt mir Schokolade, yeah, lecker Schokolade" kommt da aus den Mündern der Kinder und (Groß)Eltern.

    Gute Kindermusik: Gehört wird, was auch den Eltern gefällt

    Deine Freunde machen Kindern und Erwachsenen Spaß, so auch am Sonntag auf dem Tollwood-Festival in München.
    Deine Freunde machen Kindern und Erwachsenen Spaß, so auch am Sonntag auf dem Tollwood-Festival in München. Foto: Lea Thies

    Womit wir beim zweiten wichtigen Faktor des Erfolgsrezeptes wären: die Eltern. Sie sind seit jeher die Musik-Dealer ihrer Kinder. Die heutige Eltern-Generation wurde einst kindermusikalisch von Rolf Zuckowski & Co sozialisiert, was in den 1980ern schon eine Art Kinderzimmer-Revolution war. Heute fragen sich Väter und Mütter mitunter, wie ihre Eltern "In der Weihnachtsbäckerei" oder "Nackidei" rauf und runter gedudelt eigentlich ertragen haben. Einst vielleicht das nervliche Glück, dass es am Kassettenrecorder die Repeat-Taste noch nicht gab. Vielleicht war es aber auch eine Mischung aus Elternliebe und Ermangelung an musikalischen Alternativen, die die Erwachsenen durchhalten ließ.

    Die Zeiten haben sich jedenfalls geändert. Gehört wird heute, was auch Mama und Papa in Endlosschleife gefällt. Einige Musikschaffende, häufig Eltern, haben in den vergangenen Jahren die Angebotslücke erkannt und „kindische Musik für Erwachsene oder Erwachsenenmusik für Kinder" geschrieben, wie Deine Freunde ihr Genre grob zusammenfassen. Nervige Songs gibt es jetzt hauptsächlich auf Sampler-CDs, die Omas und Opas in einem Anflug aus Nostalgie aus der Grabbelkiste im Supermarkt abstauben (und die seltsamerweise sofort Kratzer haben oder sich in Luft auflösen). Auf den Playlists der heutigen Eltern laufen hingegen neben Deine Freunde auch mal "Unter meinem Bett", "Rotz ’n’ roll Radio" oder "Randale". Richtig gute Musik, von richtig guten Musikerinnen und Musikern, mit richtig guten Texten. Da hat die ganze Familie Spaß – und es soll sogar vorkommen, dass auf dem Weg in den Urlaub dann die Großen freiwillig die Songs der Kleinen anschmeißen.

    Deine Freunde sind keine Erzähl-Onkels sondern Kinderkomplizen

    Auch auf dem Tollwood tanzen viele Eltern mit, einige sogar mit Kindern auf den Schultern. Die Großen sind zwar nicht die Wichtigsten im Zelt, aber ohne sie als Komplizen wäre das Kinderkonzert gar nicht möglich. Auch das haben Deine Freunde erkannt, sodass es immer wieder Einlagen für die Väter und Mütter gibt. Lustige Sprüche wie diesen etwa: "Ich habe geniest und gepupst, gleichzeitig – mein Köper hat einen Screenshot gemacht." Oder ein Medley mit Sounds aus Mamas und Papas Jugend, bei dem Deine Freunde den Text "Der Wasserhahn tropft" auf die Melodien von "What is Love" (Haddaway) oder "Herz an Herz" (Blümchen) rappt. "My heart will go on" (Celine Dion) und "Halleluja" (Leonhard Cohen) wir auch verballhornt.

    Am allerwichtigsten aber: der richtige Ton. Auf der Bühne stehen keine Erzähl-Sing-Onkels, sondern Kinderkomplizen, Gleichgesinnte, die Lieder aus dem Alltag der Kinder liefern. Von blöden Hausmeistern singen, von Quatsch mit Soße, Freunden, Hausaufgaben, langen Autofahrten oder dem "Brudi". Frech, witzig und auf Augenhöhe – Erwachsene kommen dabei nicht immer gut weg. Die Kinder finden sich in den Texten wieder und singen aus ganzem Herzen und voller Kehle mit.

    Deine Freunde wissen, was die Kinder bewegt – beim Konzert in München nutzen sie gleich die Gelegenheit, den Kindern im Publikum für ihre Kooperation und ihr Durchhaltevermögen während der Pandemie zu danken, wieder mit einem Wink mit dem Zaunpfahl für die Erwachsenen. Sie widmen den Kleinen den Hit "Klein sein", in dem es darum geht, dass Erwachsene auf Kinder Druck ausüben und nicht daran denken, was Kinder eigentlich brauchen.

    Die Show kommt auch nicht zu kurz, ein gutes Konzert ist schließlich nicht nur ein Erlebnis für die Ohren. Feuerwerk, Konfettikanone, Lichtorgel – für viele Jungen und Mädchen samt ihrer Oldies sicher unvergesslich. Nach 90 Minuten ist dann Schluss. Der Ohrwurm "Häschen hüpf" ist als letzte Zugabe quasi das "Raushüpferlied" – und die Bändchen dürfen nun wieder ab.

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