Er gilt als stur und unreflektiert. Ein Typ, der sich seiner Privilegien nicht bewusst ist und glaubt, seine Machtposition nur aus eigener Kraft erlangt zu haben. Der alte, weiße Mann hat es nicht leicht dieser Tage. Erst neulich wurde er, verkörpert von Thomas Gottschalk, mal wieder heftig kritisiert, als übergriffig und unbelehrbar. Dabei hat der Typ Mann doch viel erreicht - Haus gebaut, Familie ernährt, Vermögen angehäuft, in den 70er-Jahren vielleicht selbst gegen Autoritäten rebelliert. Und jetzt? Wird er als konservativer Ewiggestriger verunglimpft. Er ist gekränkt und verunsichert.
„Alles Humbug“, schimpft er zu seiner Verteidigung, dabei ist der alte, weiße Mann nur ein Label. Eine Zuspitzung, um eine Gruppe von Menschen zu benennen. Eine Karikatur, die reale Aspekte enthalten mag, aber nicht auf jeden individuellen alten, weißen Mann zutrifft. Es ist schwer, sich dem Label zu entziehen, wenn man objektiv alt, weiß und Mann ist. Wobei, schon beim Alter wird es ungenau, ab wann gilt man als alt? Ab 50? Ab 70?
Jan-Josef Liefers widmet dem alten, weißen Mann einen Film
Eigentlich müsse man genügend Selbstdistanz aufbringen können, um zu erkennen, dass man in den Augen anderer einer bestimmten Gruppe zugerechnet wird, über die gewisse Stereotypen existieren. Das gehöre zum Leben als Erwachsener, sagt die Soziologin Paula-Irene Villa Braslavsky. Aber die Empfindlichkeiten seien groß.
Denn für den alten, weißen Mann ist es historisch betrachtet ein neues Gefühl, einer spezifischen Gruppe zugeordnet zu werden, der negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Ein unangenehmes Gefühl, niemand mag es, als Teil einer Gruppe abgestempelt zu werden. Neu ist der Begriff aber nicht, die US-Feministin Betty Friedan schrieb schon in den 90er-Jahren von den „old, white men“. Die Autorin Sophie Passman hat ihn in Deutschland bekannt gemacht mit ihrem Buch „Alte weiße Männer“, eigentlich um zu schlichten und das Klischee zu hinterfragen, dieser Typ Mann sei an allem schuld. Nun hat ihm Jan-Josef Liefers einen Film gewidmet. Liefers, selbst häufig als alter, weißer Mann betitelt, spielt darin den Familienvater Heinz, der alles daran setzt, um dem Klischee nicht mehr zu entsprechen. Eine Art Selbstreflexion also? Macht hat der alte, weiße Mann immer noch, denn ob er all die Zuschreibungen erfüllt, hat er selbst in der Hand. (mit dpa)
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