Was für ein Zufall: Innerhalb von nicht einmal vier Kinowochen wird der islamistische Terrorangriff auf den Bataclan-Club in Paris gleich zweimal unterschiedlich filmisch verarbeitet. Der Regisseur Cedric Jimenez hat in „November“ die Ereignisse aus der Sicht eines Polizisten geschildert. Nun bringt der deutsche Regisseur Kilian Riedhof einen Film ins Kino, der einen völlig anderen Zugang wählt.
Der deutsche Filmemacher nähert sich dem Terroranschlag aus der Sicht des französischen Journalisten Antoine Leiris, dessen Frau im Bataclan ums Leben kam. Leiris wurde im Anschluss berühmt, weil er kurz nach dem Attentat auf Facebook schrieb: „Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht.“ Aus dieser Nachricht ist ein Buch geworden, und für die Filmrechte dazu hat Riedhof nach einem persönlichen Treffen mit dem Autor den Zuschlag erhalten.
Damit entwickelt sich Riedhof immer mehr zum Spezialisten für zeitgeschichtliche Stoffe der jüngeren Gegenwart. Zuletzt hat er mit dem fulminanten Politthriller „Der Fall Barschel“ die Theorien rund um den Tod des Politikers in einem Dreistünder ausgeleuchtet (2015). Drei Jahre später ging es in dem Fernsehzweiteiler „Gladbeck“ um die dramatische, tödliche und auch medial völlig aus dem Ruder gelaufene Geiselnahme.
Den großen Durchbruch erzielte Riedhof mit „Homevideo“
Nun blickt Riedhof auf diesen Journalisten, der die Liebe seines Lebens im Bataclan-Club verloren hat und versucht, frei vom Hass auf die Attentäter zu bleiben. „Die Geschichte, die wir verfilmt haben, bleibt nicht in der Trauer stecken, sondern wie dieses Gespann aus Vater und Sohn sich aus dem tiefen Tal der Verzweiflung befreit und zu einer Insel für Hoffnung und Leben wird“, wie Riedhof im ZDF gesagt hat.
Riedhof, Jahrgang 1971, hat sein Handwerkszeug beim Filmstudium in Hamburg erlernt. Seinen endgültigen Durchbruch und ersten großen Erfolg erzielte er mit dem Fernsehfilm „Homevideo“, für den er viele Auszeichnungen erhielt. Kommerziell erfolgreich war auch „Sein letztes Rennen“ mit Dieter Hallervorden als Marathonläufer. Riedhof ist mit der Schauspielerin und Autorin Jana Voosen verheiratet und hat eine siebenjährige Tochter. Sobald ein Filmprojekt in seine finale Phase gerät, muss die Familie auf ihn allerdings über Wochen verzichten, damit er voll und ganz in seine Stoffe eintauchen kann.