Helena, herzlichen Glückwunsch zur Nominierung für den Golden Globe für Deine Rolle an der Seite von Hollywood-Legende Tom Hanks in "Neues aus der Welt"! Wie hast Du von der Nominierung erfahren?
Helena Zengel: Das war der schönste Tag meines Lebens! Ich war gerade beim Möhren kaufen für mein Pferd, meine Mama hat im Auto auf mich gewartet und als ich zurück kam, war die PR-Agentur am Telefon und Mama meinte: "Du hast es geschafft, Du bist für den Golden Globe nominiert!" Im ersten Moment konnte ich gar nichts sagen, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Eigentlich hieß es, wenn käme gegen 14 Uhr ein Anruf, und es war da schon 15 Uhr. Das ist so unglaublich für mich, ich bin immer noch total überwältigt, irgendwie sprachlos, gleichzeitig könnte ich schreien vor Glück!
Wonach suchst Du – ich nehme an gemeinsam mit Deiner Mutter – überhaupt aus, welche Rollen für Dich infrage kommen?
Zengel: Meistens lesen meine Mutter und ich Drehbücher an zwei, drei Abenden und sprechen dann darüber. Die Geschichte und die Rolle müssen mir gefallen, das ist entscheidend. Aber wir achten natürlich auch drauf, dass die Sache meinem Alter angemessen und nicht zu krass oder intim ist.
Was hat Dich konkret an "Neues aus der Welt" gereizt?
Zengel: Die Geschichte fand ich spannend. Ich hatte große Lust, im Wilden Westen und mit Pferden zu drehen. Das Mädchen, das ich spiele, spricht ja nicht wirklich bzw. nur ein bisschen die Sprache der Kiowa. Das fand ich eine coole Chance, denn es gibt vor der Kamera als Schauspielerin kaum etwas Schwierigeres, als sich auszudrücken ohne zu reden. In Hollywood mit jemandem wie Tom Hanks zu drehen, war natürlich auch einmalig.
Dabei wusstest Du vorher eigentlich gar nicht, wer er ist, richtig?
Zengel: Jein. Beim Namen Tom Hanks wusste ich schon, dass das ein bekannter Schauspieler ist. Aber ich wusste nicht, was für ein großer Star er wirklich ist, und kannte seine Filme nicht unbedingt. Das habe ich aber alles schnell nachgeholt.
Warst Du nervös, als Du ihn getroffen hast?
Zengel: Ich hatte zum Glück keine Chance, nervös zu sein, weil ich gar nicht wusste, dass ich ihn treffen würde. Denn eigentlich war ich nur für eine Probe mit dem Regisseur am Set. Erst als ich im Hair & Makeup-Trailer saß, wurde mir erzählt, dass ich Tom schon einen Tag früher als geplant treffe. Da hatte ich also keine Zeit aufgeregt zu sein. Er macht es einem aber auch sehr leicht. Tom ist ein ganz normaler, lustiger Typ und verhält sich nicht so, wie man das vielleicht von einem Superstar erwarten würde.
Seid Ihr nach den Dreharbeiten noch in Kontakt geblieben?
Zengel: Klar! Tom hat kein WhatsApp, aber wir schreiben uns Textnachrichten oder E-Mails und schicken uns Fotos oder Videos. Zum Start des Films jetzt gerade besonders, aber auch zu Weihnachten, Silvester oder zum Geburtstag. Es ist natürlich schade, dass die Promotion-Tour für den Film wegen Corona ausgefallen ist und wir uns nicht persönlich sehen konnten. Darauf hatte ich mich sehr gefreut. Aber das kann man nun einmal nicht ändern.
In Deutschland hast Du schon einige Drehs erlebt. War es eine andere Erfahrung, in Amerika zu arbeiten?
Zengel: Eine Sprache zu sprechen und mit einem Superstar in einem Land zu drehen, in dem ich noch nie vorher war, das war ein anderes Gefühl als hier zu Hause einen Film zu machen. Dann gibt es in New Mexico, wo wir gedreht haben, auch ganz schön viele Tiere. Schlangen und Spinnen sind uns jedenfalls einige über den Weg gelaufen. Deswegen war ich schon auf dem Flug ziemlich aufgeregt. Außerdem bin ich vorher noch nie so lange geflogen.
Ein bisschen Englisch hast Du schon vorher gesprochen. Jetzt dürftest Du wahrscheinlich fast fließend sprechen?
Zengel: Es gibt schon immer Wörter oder auch mal Sätze, die ich nicht verstehe. Aber das, was ich für den täglichen Gebrauch können muss, um mich mit Leuten auseinanderzusetzen, spreche ich inzwischen schon ziemlich flüssig. Wir schauen auch viele Filme in der englischen Originalfassung, das hilft auch.
Dazu kam ja aber auch noch die schon erwähnte Sprache der Kiowa. Wie schwierig war es denn für Dich, das zu lernen?
Zengel: Das fand ich am Anfang schon ziemlich schwierig. Die Aussprache und die Laute sind in vielen Fällen ganz anders als das, was wir in unserer Sprache kennen. Da musste ich mich anstrengen, das alles zu lernen. Aber als ich das einmal konnte, habe ich mir die Sprache mit meiner tollen Trainerin eigentlich ganz gut erarbeitet. Drei Wochen, anderthalb Stunden am Tag!
Das Reiten musstest Du wahrscheinlich nicht so ausgiebig trainieren, schließlich hast Du selbst ein Pferd. Wusste der Regisseur Paul Greengrass das?
Zengel: Ich habe es ihm erzählt, als er mir bei unserem ersten Treffen in London berichtet hat, dass ich im Film viel mit Pferden zu tun haben werde und keine Angst vor denen haben müsse. Da konnte ich ihn gleich beruhigen, dass er sich darum bei mir keine Sorgen machen muss.
Also war’s ein Kinderspiel für Dich?
Zengel: Naja, das war schon eine Umstellung von meinem Pferd zu Hause. Westernpferde reitet man ganz anders – und sie verhalten sich auch anders. Unser Pferd zum Beispiel hat einen sehr schnellen Trab, aber bei den Filmpferden dachte ich immer, die bleiben gleich stehen. Ich fand es richtig cool, das mal machen zu können, bei unserem Stall gibt’s Westernreiten und diese Rodeo-Drehungen eigentlich kaum.
Nach "Systemsprenger" hat auch Deine Figur in "Neues aus der Welt" wieder ein heftiges Schicksal. Passiert es Dir manchmal, dass Du die Emotionen der Rolle nicht sofort ablegen kannst und mit nach Hause nimmst?
Zengel: Nö, das hatte ich noch nie. Egal ob am Set oder wenn der Film fertig ist, hatte ich noch nie ein Problem damit, meine Rolle abzulegen. Dadurch, dass wir die Rollen vorher und nachher gründlich durchsprechen und bearbeiten und ich immer weiß, worum es geht, finde ich das nicht schwierig. Bei Benni in "Systemsprenger" haben mich viele gefragt, ob ich da nicht manchmal die Rolle und die Realität vermischt habe. Aber so lange mir selbst klar ist, wer ich bin und wer die andere Person ist, dann nehme ich da nichts mit nach Hause.
Apropos "Systemsprenger": Der Film war ja ein riesiger Erfolg und hat sicherlich in Deinem Leben vieles verändert. Was war denn der aufregendste Moment der letzten Jahre?
Zengel: Ich habe mich natürlich sehr gefreut, den Deutschen Filmpreis zu gewinnen. Das war eine große Ehre. Aber der glücklichste und tollste Moment in meiner Karriere war bislang wirklich der, als Paul Greengrass gesagt hat, dass ich die Rolle in "Neues aus der Welt" habe. Da war ich wirklich total aufgelöst und bin nur wild herumgesprungen vor Freude.
Wirst Du denn jetzt bei der Schauspielerei bleiben? Oder hast Du auch noch andere Berufswünsche?
Zengel: Eigentlich möchte ich bei der Schauspielerei bleiben, weil sie mir viel Spaß macht. Das ist wirklich meine Leidenschaft. Aber ich könnte mir zum Beispiel auch vorstellen, irgendwann mal nebenbei Drehbücher oder auch Romane zu schreiben oder sogar Regisseurin zu sein.
Zur Person Helena Zengel, 2008 geboren, entdeckte mit fünf Jahren die Schauspielerei für sich. Nach kleineren Rollen in Fernsehproduktionen wurde sie 2019 mit dem Film "Systemsprenger" einer großen Öffentlichkeit bekannt. Ab 10. Februar ist die Berlinerin an der Seite von Tom Hanks in dem Western "Neues aus der Welt" zu sehen.
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