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Elizabeth II.: Ein Bild von einer Königin: Wie die Queen in die Popkultur eingegangen ist

Elizabeth II.

Ein Bild von einer Königin: Wie die Queen in die Popkultur eingegangen ist

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    Eine Briefmarke mit dem Porträt der Queen, aufgenommen in London.
    Eine Briefmarke mit dem Porträt der Queen, aufgenommen in London. Foto: Christoph Meyer, dpa

    Vielleicht war ja der 5. Juni 1967 der Tag, an dem Königin Elizabeth II. endgültig zur Marke wurde. Von da an ließ sie sich von Tausenden, zack zack, abstempeln – in den Postämtern des Vereinigten Königreichs. Eine neue Dauerbriefmarkenserie zeigte eine junge Frau im Profil, nobel-blass wie eine griechische Büste mit leichter Bekrönung. So war sie nun in allen Regenbogenfarbschattierungen im gezackten Rahmen für Pennys erhältlich. Für Sammler galt bald: Ab mit der Queen ins Album, denn die rote fehlte noch, neben der olivgrünen, der meerblauen, der orangen. So nahm eine Marke Form an, als die Post noch lange nicht digital floss. Dieses Motiv, die Queen, ist so haltbar wie Warhols "Campbells' Dosen" aus dem Jahr 1961. Oder seine "Marilyn", selbes Jahr. Queen Elizabeth wird am Montag, den 19. September 2022, in einem Staatsakt ihre letzte Ruhe finden, aber ihre Marke? Nicht. Wie wurde diese Frau zu ihrem eigenen Bild? Wer hat diese Ikone gemalt? Dieses Bild von einer Königin?

    Der Schneider der Queen plaudert über ihre Kostüme

    Wer Marke sein will, sein muss, der entwirft sein eigenes Standbild, so wie Elizabeth: Der Porträtist Arnold Machin hatte Elizabeth II. für die Dauermarkenserie abgelichtet. Als 20 Jahre später Königsberater meinten, ein neues Bildnis, ein neues Design wäre an der Zeit, da soll Elizabeth II. nur den Kopf geschüttelt haben: Sie ließ der Royal Mail postwendend ausrichten, dass sie mit dem alten Motiv zufrieden sei. Ein Machtwort für ein Bild.

    Fällt der Name der Queen – oder auch nur das Wort "Königin" –, macht es rund um den Globus Klick in den Köpfen und die Sofortbildkamera, die das geistige Auge mit Bildern versorgt, entwickelt ein Polaroidfoto im Sekundenbruchteil: Queen Elizabeth II. Die Regentin – allerdings in zwei bis drei Variationen. Weiß auf dem Thron im Parlament, Kronjuwelen auf dem Haupt, so läutete sie die neue Debattensaison in Ober- und Unterhaus ein: "My Lords and Members of the House of Commons!" Aber vor allem auch: Elizabeth die Bunte. Im einfarbigen Kostüm, mit gleichfarbigem Hut, eine Dame bereit für die Pferderennstreckenwette. Drei Hofschneider durften ihr dafür an den Leib rücken, um Maß zu nehmen, für das geschneiderte Bild. Darunter der Deutsche Karl Ludwig Rehse: "Sie weiß ganz genau, was sie will", hatte er noch in einem Interview verraten. "Das Outfit ist stets ähnlich – und doch hat es sich, wenn man es genau beobachtet, in den letzten Jahren verändert. Sie benutzt kräftigere Farben." Aber auch Sonderwünsche erfüllte er, ein Harlekin-Abendkleid für eine Wohltätigkeitsgala zum Beispiel. Und war das nicht ein Zeichen? Als die Majestät zu Brexitzeiten mit einem europablauen Kleid ins Parlament schritt, dazu gelbe Sternenblüten am Hut?

    Fotografin Annie Leibovitz pikierte die Königin

    Nur wenige trauten sich wohl, an ihrem Bild zu rütteln, sobald die Queen vor ihnen stand: US-Starfotokünstlerin Annie Leibovitz wollte einmal das Bild um ein paar Grad drehen, für eines ihrer Hochglanz-Porträts, 2007. Leibovitz wagte es, die Majestät um eine lockere Pose zu bitten: "Ich glaube, es würde besser ohne Krone aussehen, denn die Robe ist so … fürchterlich elegant?" Da soll ihr Elizabeth II. ins Wort gefallen sein, zeigte auf ihr Festgewand und sagte: "Weniger elegant? Was denken Sie, was das hier ist?" Ich ändere gar nichts, soll sie erwidert haben, und: "Vielen Dank."

    Die Queen ließ die Bilder wenn, dann nach ihrem Sinn rollen: Zu ausgewählten Anlässen gönnte sich Majestät einen Nebenjob im Schauspiel, vor der laufenden Kamera. Zum Platinkronjubiläum 2022 trank sie noch Tee mit dem britischsten aller Teddybären, Kinderfilmheld Paddington, und wie der Bär fischte sie ein Marmeladenbrot aus ihrer royalen Handtasche – "for later", also für später, lächelte Elizabeth wie eine Großmutter der Nation. Oder aber – gar nicht großmütterlich – ihr Date mit 007, Bond, James

    Mr. Bean verpasste der Queen im Sketch eine Kopfnuss

    Ohne Skrupel packte dagegen die Filmindustrie die Ikone aus dem Buckingham Palace an: Mr. Bean – später adelte ihn die Queen, zu Sir Rowan Atkinson – schlüpfte in die Rolle des Butlers ihrer Hoheit. Die Chefin kündigt sich an zur Visite. Bean sprüht sich Odol in den Mund, verheddert sich mit seinem Zeigefinger in seinem offenen Hosenreißverschluss – aber als sie anrückt, scheint alles perfekt. Bis zum verpatzten Hofknicks. Da streckt Bean die Queen mit einer Kopfnuss nieder.

    Aber das alles hat dem Monument keine Kratzer beigefügt und im Sturz durch den Slapstick wird die Fallhöhe einer Figur erst spürbar. Als Helen Mirren 2006 in "Die Queen" das Staatsoberhaupt verkörperte, da mag das gefühlige Porträt vielleicht dem königlichen Geschmack gefallen haben. Aber "The Crown"? War da was? Kein Kommentar seitens der Queen zur Netflixserie, die sich in – mehr oder weniger – historischen, schlüpfrigen Details durch das skandalüberwucherte Leben der britischen Royals wühlt.

    Die Rockstars und Queen Elizabeth

    Den Namen der Queen kaperte auch eine britische Rockband, eine der größten ihrer Zeit. Tatsache aber, Freddy Mercury ist dem Staatsoberhaupt wohl nie in Person begegnet. Dafür aber posierte das Männerquartett für ein Spaßbild mit einem Queen-Double, Gruppenbild mit Dame in Weiß, urkomisch, und beim 2022-Jubiläum spielten die verbleibenden und neuen Mitglieder dann doch auf dem Dach des Buckingham Palace für sie, die Original-Elizabeth. Überhaupt, die Queen und die Rockstars: "Spielen Sie schon lange Ihr Instrument?", soll die Königin den Gitarrenkönig Eric Clapton bei einer Ehrung einmal gefragt haben. Und am Tag ihres Todes erinnerte sich "Rolling Stones"-Häuptling Mick Jagger daran, welche schöne Erscheinung sie als junge Frau einmal gewesen sei.

    Die letzte popkulturelle Opposition kracht nun offenbar unter den nationalen Trauerwogen zusammen. Die Sex Pistols servierten der Königin zum Silberjubiläum 1977 noch die Spott-Hymne "God save the Queen" – das Land habe so keine Zukunft, unkten und schimpften die Punker. Aber wohin driftet die Zukunft, wenn selbst der Sex-Pistols-Frontman John Lydon per Twitter der Queen sein "Rest in Peace" – ohne Ironie – auf ihren letzten Weg mitschickt. Ist der Punk nun mit der Queen gestorben?

    Aber vielleicht wird nach den staatsverordneten Trauertagen auch die Rückseite eines Gemäldes sichtbar. Die birgt bei Werken manchmal Überraschungen, man entdeckt ein Bild hinter dem Bild, einen Stempel, der mehr verrät. Zeiten ändern sich. Mit jedem Stich in das Bild, wenn junge Menschen die Geschichte von Rassismus und Unterdrückung in der britischen Kolonialherrschaft anprangern, wird unübersehbar, dass Elizabeth II. eben doch eine Herrscherin war in kolonialen Endzeiten. Und dass sie den Wandel, die Erinnerungsarbeit – wenn man es an diesem Tag höflich formuliert – nicht auf dem schnellsten Weg vorangetrieben hat. Vielleicht werden diese Seiten ins Licht rücken. Vielleicht ist dieser Status, als unangetastete Ikone zu leben, heute nicht mehr denkbar? Und zurecht? Seit dem 8. September 2022 wächst eine Generation heran, die beim Wort Königin bald nicht mehr als Erstes an Elizabeth II. denkt. Bis Januar 2023 bleibt die Queen aber, als Marke, in Amt und Würden. Solange nehmen Postämter die Briefmarke noch an.

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