Augenzwinkern gehört bei ihm dazu. „Der Name HEL Trio soll Aufmerksamkeit wecken, bedeutet aber eigentlich gar nichts. Außer den Bezug zu meinem Heimatflughaften Helsinki. Und mit einem zweiten L wäre es das HELL Trio – mit dazugehörigem Highway“, erklärt der Pianist mit einem Lächeln auf den Lippen. „Ich wollte es nur nicht Iiro Rantala Trio nennen. Auch früher trugen solche Formationen meinen Namen.“ Womit der 54-Jährige vor allem das Trio Töykeät meint, jene Band, die sich von 1988 an als zweite Kraft des skandinavischen Jazz neben dem schwedischen Esbjörn Svensson Trio etabliert hatte. Sie navigierte mit ihrer naiv-sympathischen Hoppla-was-kostet-die-Welt-Mentalität kreuz und quer durch den Gemüsegarten der Stile.
Doch irgendwann hatten die Töykeäts den Zenit überschritten. „Wir haben uns jeden Tag gesehen, im Zug, im Flugzeug, im Auto, im Hotel, Konzerte in 50 Ländern gespielt. So etwas hinterlässt Spuren. Außer den Rolling Stones sind die meisten Bands schon nach fünf Jahren verbraucht, bei uns dauerte es immerhin 18 Jahre“, erinnert sich Iiro Rantala mit einer Mischung aus Unbehagen und Wehmut. Und weil nichts für ewig ist, fiel 2006 nach einer Unmenge von Konzerten der Schlussvorhang.
"Ich bin froh, dass ich so viel ausprobiert habe", sagt Rantala
Der Pianist Rantala, schon damals der Kreativmotor im Dreigestirn, begriff das Aus als Chance, fortan unter eigenem Namen Karriere zu machen. Was ihm weidlich gelang. Dass es ihn dennoch zum ganz normalen Wahnsinn des Trios zurückzog, liegt vielleicht auch an seinem überbordenden Tasten-Vokabular, das in keinem anderen Format derart direkt zur Geltung kommen kann. „Ich bin froh, dass ich so viele verschiedene Dinge ausprobiert habe“, analysiert er seine Rückkehr zu seinen eigentlichen Wurzeln, die sich nun an der Seite des eher trockenen, introvertierten Bassisten Connor Chaplin und des hippen, extrovertierten Drummers Anton Eger mit „Tough Stuff“ (ACT/edel) Bahn bricht. Vielleicht hat Rantala ja auch das „richtige“ Trio Töykeät gefunden, vor allem, was einen ausgeglichenen Mix von Spielanteilen, Stilen und gemeinsam verbrachter Zeit anbelangt. Und in der Tat holtern und poltern die Einflüsse nicht mehr wie früher auf einer Achterbahn wild durcheinander, sondern konzentrieren sich meist auf ein ganz spezifisches Genre. Als einziger roter Faden bleibt der hochvirtuose Spaß.
Da gibt es Titel wie „Tough Stuff“ als groovende Hommage auf die 1970er-Jahre. Von fernöstlicher Kampfkunst schlagen sie mit „Tae Kwon Donʼt“ eine Brücke zum argentinischen Tango. Quasi in 3.10 Minuten will der quirlige Finne mit „Will You Be My Bop“ eine neue Bebop-Ära einläuten, „weil den Jungen ja nichts mehr Neues einfällt.“ Bewusst für das deutschsprachige Publikum schrieb er „Das Handtuch“. Wobei es sich dabei eher um ein verschwitztes Stück Stoff im Inneren des Klaviers zum Zwecke der Soundverfremdung handelt als um eine teutonische Badeunterlage auf der Mallorca-Liege.
Überall Humorbonbons
Es macht Spaß, sich vorzustellen, wie Rantala, Eger und Chaplin dabei live rüberkommen: überall mit Humorbonbons ausstaffiert, kontrastreich, bunt, kreativ, chaotisch – das perfekte musikalische Outfit für diese hyperaktive, virtuose Rampensau. Es scheint, als stehe der finnische Piano-Troll stets unter einem inneren Zwang, pausenlos Dinge auszuprobieren, sein Spiel zu dehnen, den Pathosbogen bis zur Schmerzgrenze auszuweiten. Die eigentliche Kunst liegt darin, dass er dennoch leicht und flockig klingt, nie akademisch kopfig, und nur gelegentlich die Grenze zum Populären streifend. Mehr denn je erweist sich Iiro Rantala dabei als Klavierwühler für die gerechte Sache des grenzenlosen Jazz.