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Historie: Mehr als Mauern: Ein Buch ergründet die Geschichte der Römer in Westbayern

Historie

Mehr als Mauern: Ein Buch ergründet die Geschichte der Römer in Westbayern

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    Ein neues Buch des Context-Verlags beleuchtet die Geschichte und die Spuren der Römer in Schwaben.
    Ein neues Buch des Context-Verlags beleuchtet die Geschichte und die Spuren der Römer in Schwaben. Foto: Mercan Fröhlich

    Martin Kluger hat viele Leidenschaften. Kultur, Industrie- und Wirtschaftsgeschichte, Regionalgeschichte, Fugger, Wasser, Römer. Und: Er ist Autor und Chef seines eigenen Verlages. In den vergangenen zwanzig Jahren veröffentlichte er über 50 Bücher, mal populärwissenschaftlich, mal touristisch, in seinem Context Verlag. Er ist das Kreativ-Scharnier zwischen Geschichtswissenschaft, Archäologie und Verwaltung auf der einen Seite und der Bevölkerung einer Region, die vor 2000 Jahren als Provinz Raetien ein wichtiger Teil und Vorposten des Römischen Reiches gegen die "Barbaren"-Stämme jenseits der Alpen war. 

    "Die Römer zwischen Alpenrand und Limesland" heißt Klugers Buch

    Am Ende der Eroberungszüge jenseits der Alpen, für die Kaiser Augustus seine Stiefsöhne Drusus und Tiberius abgeordnet hatte, stand um 15 v. Chr. die Gründung der Provinz Raetien mit der Hauptstadt Cambodunum, Kempten. Im heutigen Augsburger Stadtteil Oberhausen, am Zusammenfluss von Lech und Wertach, entstand kurz darauf zwischen den Jahren 8 und 5 vor Christus ein dauerhaftes Militärlager. Diese Soldaten-Kolonie macht Augsburg zur ältesten und am längsten besiedelten Römerstadt Deutschlands. Augusta Vindelicum stieg nach

    Martin Kugler hat in Augsburg sein neues Werk präsentiert.
    Martin Kugler hat in Augsburg sein neues Werk präsentiert. Foto: Mercan Fröhlich

    Mit Martin Klugers Band "Die Römer zwischen Alpenrand und Limesland" gibt es jetzt erstmals einen gut geordneten, mit 352 Abbildungen auf Glanzpapier gedruckten, haptisch ansprechenden Kulturreiseführer, mit dem sich die antiken Spuren der gesamten Region bis zur Donau, dem antiken Limes, erkunden lässt. Sprachlich eingängig, unterhaltsam und grafisch übersichtlich gesetzt, lassen sich mit ihm aber auch stationäre, gemütliche Abende auf dem Sofa verbringen.

    Martin Kluger hat sich für sein Buch auf eine Recherche-Reise begeben

    Kluger stellt nicht nur dar, was auf Feldern und Wiesen, an Mauern und in Museen zu entdecken ist. Er zoomt aus den Details in die Moderation, erklärt die kulturelle Bedeutung, fasst zusammen, nennt die Grenzen der Forschung zu dieser quellenarmen Zeit. Er reiste und zeigt nun die Funde in Schwangau, Friedberg und Holheim im Ries, die belegen, dass sich mit der Nahversorgung durch Landgüter im Umfeld von Castellen und Städten "recht luxuriös leben ließ" und noch im entlegensten Bauernhof die römische Badekultur präsent war, wie eine kleine Villa Rustica im mittelfränkischen Hüssingen zeigt. 

    59 Orte nahm er in den Kulturführer auf, fotografierte, interviewte Experten, befragte die Deutsche Limeskommission und recherchierte in den Landesarchiven Bayerns und Baden-Württembergs. Die Kulturstätten finden sich in Augsburg und Kempten, aber auch an weniger bekannten Orten wie den Siebeneichhöfen bei Treuchtlingen, wo sich in der Wand eines Bauernhauses das Grabmal eines römischen Ehepaars befindet. Oder Kösching mit seinem ersten römischen Castell nördlich der Donau. Recherchen in Oberbayern zeigen die Anfänge des heutigen Seebruck: ein römisches

    Martin Kluger deckt Fakes der touristischen Römer-Vermarktung auf

    Irrtümer und Fakes haben sich laut Kluger im Laufe der touristischen Römer-Vermarktung eingeschlichen. So sei die Via Claudia Augusta die einzige Römerstraße Raetiens, die unter diesem Namen auch schriftlich überliefert, also belegt, ist. Die "Via Julia", wie die Militärstrecke zwischen Günzburg über Augsburg nach Salzburg bezeichnet wird, sei eine Erfindung der Neuzeit. Zur "Via Raetica" im Altmühltal gibt es ebenfalls keine authentischen Quellen, und die "Via Danubia" sei ein 2001 erfundener Fake, ausgedacht für eine neue touristische Route. Kein Fake hingegen die frühen Zeugnisse jüdischen und christlichen Lebens in der Region. Die "Adam-und Eva-Schale" entstand in Augsburg um etwa 350 n. Chr. und eine am Gallusplatz gefundene Öllampe aus dem frühen 5. Jahrhundert zeigt Teile eines siebenarmigen Leuchters, einer Menora. 

    "Die Provinz Raetien: Keimzelle des Kulturlandes Bayern" heißt es auf dem Titel des neuen Kulturführers selbstbewusst. Seit dieser Woche ist er im Buchhandel erhältlich. Doch Vorsicht: Das Thema ist vielerorts ein Selbstläufer, der letzte Römer-Band des Verlages aus dem Jahr 2017 war nach kurzer Zeit vergriffen. Oder wie es der Landtagsabgeordnete Johannes Hintersberger (CSU), der zur Buchvorstellung in die Toskanische Säulenhalle in Augsburg gekommen war, formuliert: "Die Menschen hier sind mit den Römern daheim, das Thema muss man nicht verordnen."

    Info: Martin Kluger: "Die Römer zwischen Alpenrand und Limesland", Context Verlag, 268 Seiten, 23 Euro. 

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