Seit der Kündigung von Markwart Herzog als Direktor der Schwabenakademie ist in Irsee noch keine Ruhe eingekehrt. Dass Bezirkstagspräsident Martin Sailer dem Direktor kurz vor dessen Renteneintritt fristlos kündigte und ein Hausverbot aussprach, weil dieser ein Yoga-Seminar abgesagt hatte, zieht weite Kreise.
Im Kloster Irsee befindet sich neben der Schwabenakademie das schwäbische Tagungs- und Bildungszentrum, inzwischen alles unter der Leitung von Stefan Raueiser. Er hatte seit 2007 bereits das Hotel und das Bildungswerk der bayerischen Bezirke geleitet. Schon einmal waren alle drei Einrichtungen - Hotel, Bildungswerk, Schwabenakademie - unter einer Leitung gebündelt gewesen. Bis der damalige Direktor Rainer Jehl in Rente ging und es 2009 zur Nachbesetzung der Schwabenakademie-Leitung mit Markwart Herzog kam.
Sailer und Herzog, „zwei Alphamännchen“
Doch weder Herzog und Sailer noch Herzog und Raueiser haben sich je besonders gut verstanden. Im Gegenteil. „Ärger zwischen Herzog und Sailer gab es permanent“, sagt ein ehemaliges Bezirkstagsmitglied und bittet um Anonymität. Die beiden Herren seien zwei „Alphamännchen gewesen, die nicht miteinander können“. Irgendwann sei der Streit wohl eskaliert, weil sich der Bezirkstagspräsident von Herzog nicht vorschreiben lassen wollte, was in der Akademie passiert. Sailer äußert sich dazu auf Nachfrage nicht.
Dafür erzählen andere: „Es gab ständig Zoff.“ In Irsee selbst knirschte es zwischen Herzog und Raueiser so laut, dass Sylvia Heudecker, wie sie selbst sagt, 2016 eine „Scharnierfunktion“ als Studienleiterin an der Schwabenakademie zwischen den beiden bekam. In der Zeit hätten die Einrichtungen in Irsee miteinander konkurriert - dabei sollten sie sich ergänzen. Das Verhältnis der beiden Männer war jedoch katastrophal, erzählt Heudecker rückblickend.
Herzogs Nachfolge: Vorgänge, die betroffen machen
Die Schwabenakademie wird von einem Zweckverband getragen. In der Zweckverbandsversammlung sitzen sechs Bezirksräte und Bezirkstagspräsident Sailer sowie vier Vertreter des Schwäbischen Volkshochschulverbandes. Die Akademie in Irsee wiederum ist eine von vier bayerischen, die reguläre Mitgliedseinrichtungen des Bayerischen Volkshochschulverbands (BVV) sind. Der Leiter dieses Verbandes, Christian Hörmann, teilt auf Nachfrage mit: „Uns haben die Vorgänge um die Nachfolgeregelung von Markwart Herzog und zuletzt insbesondere seine Freistellung drei Wochen vor seinem regulären Eintritt in den Ruhestand sehr betroffen gemacht.“
Befremdlich sei vor allem der dafür genannte Grund. „Dass die Absage einer Veranstaltung durch die verantwortliche Person (in diesem Fall Herr Herzog) zu ihrer Freistellung führt, ist höchst irritierend. In jeder unserer Mitgliedseinrichtungen müssen immer wieder Veranstaltungen abgesagt werden – insbesondere dann, wenn die Durchführung aufgrund einer zu geringen Anzahl von Teilnehmenden ein wirtschaftliches Risiko für die veranstaltende Einrichtung bedeuten würde.“ Hörmann ergänzt: „Uns ist von keiner Mitgliedseinrichtung bekannt, dass in diesem Fall der jeweilige Träger informiert oder gar um Erlaubnis gebeten werden muss. Das gehört zu den Standardaufgaben einer Einrichtungsleitung.“
Das i-Tüpfelchen, um Herzog loszuwerden
Ein ehemaliger Bezirksrat, der seinen Namen nicht preisgeben will, verrät: „Die Absage des Yoga-Kurses war doch nur das Tüpfelchen auf dem ,i‘, um Herzog loszuwerden.“ Dass der Kurs das ganze Hotel gefüllt hätte, das habe Herzog bei seiner Absage vielleicht nicht erkannt. Ein Politiker aus dem Allgäu, der ebenfalls anonym bleiben will, sagt dagegen: Die Akademie sei ein reines Zuschussgeschäft. Umso schlimmer sei der wirtschaftliche Schaden, der durch die Absage des Yoga-Festivals entstanden sei. Er könne daher den Rauswurf verstehen.
Seitens des Bezirks fällt die frühere Benediktinerabtei in den Fachbereich des Ausschusses für Kultur und Europafragen. Mit dessen Mitgliedern, allesamt Bezirksräte, suchten die Fachbeirats-Vorsitzende Christa Baumeister und Professorin Elisabeth Meilhammer als weiteres Mitglied schon Ende 2023 ein Gespräch. Thema war die Vorstellung fachlicher Gesichtspunkte für die Nachfolge Herzogs ab dessen Renteneintritt im Oktober 2024 sowie ein Vorschlag zum Vorgehen bei der Neubesetzung der Stelle. Der Fachbeirat hatte, so Baumeister und Meilhammer, wieder auf eine Vollzeitstelle gehofft, inhaltlich voll für die Schwabenakademie zuständig. Als Antwort kam eine Absage, sagt Baumeister. Dennoch gab der Fachbeirat schriftlich einen Katalog mit Kriterien ab, die bei einer Nachbesetzung berücksichtigt werden sollten.
Eine Entscheidung, die den Fachbeirat fassungslos macht
Darauf folgte im Februar die böse Überraschung: Die Verbandsversammlung des Zweckverbands setzte den Fachbeirat aus. Meilhammer macht diese Entscheidung fassungslos. Der Fachbeirat habe sich stets satzungsgemäß verhalten. Dem stimmt auch Ruth Jachertz zu, die den BVV im Fachbeirat vertrat: „Die Beratungen des Beirats waren stets konstruktiv und von ehrlichem Interesse an der Bildungsarbeit geprägt.“ Meilhammer betont, der Fachbeirat sei vor allem an Sachlichkeit, einer transparenten und gerechten Auswahl und einem ergebnisoffenen Prozess bei der Stellenbesetzung interessiert gewesen, mit einem Verfahren, bei dem ein aus Volkshochschulen und Bezirk paritätisch zusammengesetztes Auswahlgremium alle Bewerbungen anhand des Kriterienkatalogs geprüft und einen Vorschlag für die Entscheidung der Zweckverbandsversammlung erarbeitet hätte.
Damit wäre es aber, so die Uni-Professorin, für den Bezirk nicht mehr so leicht gewesen, eigene Interessen durchzusetzen, was aufgrund des ungleichen Stimmenverhältnisses zwischen Bezirk und Volkshochschulen in der Zweckverbandsversammlung aber regulär der Fall sei. „Freiwillig weniger Einfluss zu haben - das ist nicht die Sache des Bezirks. Da setzt man lieber den Fachbeirat aus“, sagt die Uni-Professorin. „Es geht um Macht.“
Der Bezirkstagspräsident äußert sich zur Aussetzung
Bezirkstagspräsident Martin Sailer erklärte auf Nachfrage, der Fachbeirat habe vorrangig die Geschäftsleitung der Schwabenakademie inhaltlich beraten. Die Aussetzung im Februar hing demnach damit zusammen, dass Herzog im Oktober in den Ruhestand gehen sollte. „Es sollte der neuen Geschäftsleitung obliegen, sich im Weiteren mit dem Fachbeirat zu befassen und in Abstimmung mit der Zweckverbandsversammlung darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die Unterstützung durch diesen notwendig ist“, erklärte Sailer. Sobald Raueiser in seiner neuen Position als Geschäftsleiter der Schwabenakademie vollumfänglich angekommen sei, werde über den Fachbeirat entschieden.
Schon vor Monaten hatte sich beim Abschluss des Schwäbischen Kunstsommers im Kloster Ärger abgezeichnet; damals hatten die Dozenten der Meisterkurse angekündigt, für eine Fortsetzung der Veranstaltung nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Grund: die personellen Veränderungen an der Akademie. Viele hatten damit gerechnet, dass Sylvia Heudecker, Herzogs langjährige Stellvertreterin, seine Nachfolge antritt. Als Herzogs Stelle neu besetzt werden sollte, bewarb sich Heudecker jedoch erfolglos.
Keine inhaltliche Auskunft vom neuen Irseer Chef
Wie es jetzt weitergeht? Bezirkstagspräsident Sailer betont, der Schwabenakademie sei für 2025 das gleiche Budget wie für 2024 zugewiesen worden. „Herr Dr. Raueiser ist als neuer Geschäftsleiter der Schwabenakademie damit betraut, die Akademie inhaltlich und strategisch weiterzuentwickeln und ihren guten Ruf zu festigen und auszubauen.“ Zeitnah sollen die Studienleitungen neu besetzt sein, dann könne sich das Team an die Arbeit machen. Vom neuen Irseer Chef selbst gab es auf Nachfrage keine Auskunft.
Professorin Meilhammer hat derweil Angst um den guten Ruf der Schwabenakademie. „Die Schwabenakademie hat durch den ganzen Zirkus rund um das Ausscheiden von Dr. Herzog und das Auswahlverfahren Schaden genommen. Ich fürchte, dass es für sie dadurch schwerer geworden ist, sich als attraktive und konkurrenzfähige Bildungseinrichtung zu behaupten.“ Der Leiter des Bayerischen Volkshochschulverbandes, Christian Hörmann, hofft, dass die Schwabenakademie Irsee auch unter möglicherweise geänderten Rahmenbedingungen weiterhin Mitglied im BVV bleibt. Was aus dem „Schwäbischen Kunstsommer“, einer jährlichen Top-Veranstaltung der Schwabenakademie wird mit knapp 140 Teilnehmenden (2024 waren es so viele wie noch nie) und stets Hunderten Besuchern der abschließenden Kunstnacht, das ist noch offen. Einer der Teilnehmer vom vergangenen Jahr fürchtet, „dass all dies in einer lokalen, vielleicht regionalen Veranstaltung aufgehen wird“. Anders gesagt, an Renommee verlieren wird.
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