Der Weg zur Kantinentheke und von dort an den Tisch kann ganz schön lang und monoton sein: ein "Mahlzeit" zu den Kolleginnen und Kollegen, die einem im Treppenhaus entgegenkommen oder mit einem im Aufzug stehen. Danach ein "Mahlzeit" zu den anderen vor dem Automaten, an dem die Kantinenkarte aufgeladen wird. Ein "Mahlzeit" in der Schlange, erst zu denen vor einem, dann natürlich auch zu denen, die sich hinter einem anstellen. "Mahlzeit" zum Koch, "Mahlzeit" zur Servicekraft, "Mahlzeit" zur Kassiererin und "Mahlzeit", "Mahlzeit", "Mahlzeit", "Mahlzeit" zu allen am Tisch. Und wer da zur Abwechslung mit "Guten Appetit" kommen will, schaue sich als Bußübung gleich fünfmal hintereinander die "Mittagspause" von Gerhard Polt und Gisela Schneeberger an. Das war 1979, da führte an der "Mahlzeit" kein Weg vorbei.
"Mahlzeit" ist als Standardgruß aus der Mode gekommen
Heute, so behauptet etwa der Frankfurter Unternehmens- und Personalberater Hans-Peter Luippold, sei die "Mahlzeit" aus der Mode. Denn tatsächlich sinkt der "Mahlzeit"-Bedarf, also nicht das Essen, aber der Gebrauch des Wortes, im Homeoffice dramatisch ab – auf eine Zahl, die gegen null strebt. Aber der Verlust dieses sprachlichen Allrounders wäre riesig! Also bitte alle wieder um 12 Uhr zur Mahlzeit, ob nun in der Kantine oder draußen auf der Baustelle. Denn nie lässt sich das Deutsche leichter lernen als in der Mittagspause: nur ein Wort und keine Verbformen. Mit "Mahlzeit" muss jeder Deutschunterricht beginnen. Und die Belohnung aufs Erfolgserlebnis folgt gleich im Anschluss essenderweise. Und das Risiko, etwas sprachlich in den falschen Hals zu bekommen, existiert bei "Mahlzeit" faktisch nicht. Dumm nur, dass das Essen jetzt doch schon wieder kalt ist. (mit dpa)