Es gibt große Journalisten, die ihre kleine Nische wie ihr Wohnzimmer pflegen – ihr Orchideenfach, ihr Spezialgebiet. Und sie regieren es unangefochten. Rolf Seelmann-Eggebert zum Beispiel. Der Königs-Reporter hat noch jede belgische Adelshochzeit zum TV-Weltereignis erhoben. Er kann erklären, was es für die britische Thronfolge bedeutet, wenn der letzte Corgi der Queen stirbt ... (Prinz Andrew rückt wieder auf).
Und erinnern Sie sich noch an den großen Joachim Kaiser? Ein Feuilletonist alter Schule, der zu Lebzeiten wohl nur blind an einer Schellackplatte schnüffeln musste, um zu wissen: Karajan! Beethovens Neunte! Das Fagott schleppt! Oder: Günter Wallraff, Meister der Maske. Getarnt mit Toupet und Schminke schleicht er sich in Firmen, um Skandale aufzudecken, sodass man sich fragt: Haben wir je den echten Wallraff gesehen? Oder ihn und Hape Kerkeling zur selben Zeit, im selben Raum?
Ein Reporter berichtet nur noch über Taylor Swift
Corgi hin, Maske her – die Zeitung „USA Today“ treibt diese Spezialisierung im Journalismus jetzt auf die Spitze: Ein Reporter soll nur noch über das Leben einer einzigen Person berichten. Ein Reporter – nur für Popstar Taylor Swift. Sein Ressort: „Swifts Einfluss auf die Gesellschaft, ihre Musik, ihre Rolle als Geschäftsfrau“.
Bryan West, 35 Jahre, Journalist aus Arizona, hat das Rennen um den Job gewonnen. Ist das noch Journalismus? Oder Fanblog-Schwärmerei? Er fühlt sich jedenfalls wie ein Sportreporter, der über seine liebste Mannschaft berichtet: „Ich bin ein Fan von Taylor, habe ihre ganze Karriere verfolgt, aber ich habe auch den journalistischen Hintergrund.“ In seiner Bewerbung hat er seine Objektivität untermauert – mit dem Geständnis: Es gibt sogar drei Lieder von Swift, die er nicht ausstehen kann.