Bieder, blutleer, beige: Der rote Teppich bei den Oscars ist passé

10.03.2023

Von Hollywood lernen, heißt das Handwerk des Beschönigens lernen, wie jetzt bei der Oscar-Verleihung.

Was haben wir nicht schon alles an Beschönigungen geschluckt! Zum Beispiel die Reiseanbieter-Lyrik: "Lebendige Atmosphäre mit Meeresblick". Aber wo zum Teufel steht da etwas von der angrenzenden Großbaustelle und Baggerlärm bis 20 Uhr? Wobei wir uns darüber nicht aufregen dürfen, die "blühenden Landschaften" sind doch längst in die Geschichtsbücher eingegangen.

Die Meister des Kaschierens leben im Westen der USA, dem Mekka der Filmindustrie: in Hollywood. Eine Ewigkeit lang durften die Cowboys Nordamerika von den bösen Ureinwohnern befreien, das Genre heißt bis heute "Western" und verklärt den brutalen Landraub.

"Champagnerfarben" ist eine Übertreibung, die ihresgleichen sucht

Hollywood hat uns auch diesen wunderbaren Werbefilm für die US Air Force in Spielfilmlänge geschenkt: "Top Gun", dessen Nachfolger "Maverick" dieses Jahr bei den Oscars für den besten Film nominiert ist. Apropos Oscars: Für die Verleihung im Dolby Theatre am Hollywood Boulevard hat man sich dieses Jahr etwas Neues ausgedacht, erstmals seit 1961 wird kein purpurroter Teppich ausgerollt. Nein, in diesem Jahr sollen Tom Cruise und die restliche Film-Beletage über einen "champagnerfarbenen" Läufer schweben.

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Foto: Barbara Munker, dpa
Foto: Barbara Munker, dpa

Der sagenumwobene "Rote Teppich" bei den Oscars ist in diesem Jahr champagnerfarben.

Ah, was verbinden wir nicht alles für wunderbare Momente mit "Champagner", prickelnd, pompös, prachtvoll. Aber: Dieser Champagner-Teppich kommt bieder blutleer beige daher. Eine so anspruchsvolle und aufregende Farbwahl, da hätten es doch auch Spanplatten mit drauf getackertem Abdeckvlies getan. Liebes Hollywood, was kommt als Nächstes in La-La-/Ga-Ga-Land? Eine neu designete Oscar-Statuette aus recyceltem Meeresplastik, um "die Wichtigkeit der Natur" zu zeigen? Dann aber bitte auch Trainingsanzüge anstatt Abendgarderobe, Dienstagvormittag statt Sonntagabend und Sitzkreise statt Gala, aber dann Kamera aus.

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