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Zurück zum Klapphandy? Warum die Generation Z das Dumbphone feiert

Handykonsum

Zurück zum Klapphandy? Warum die Generation Z das Dumbphone feiert

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    Früher waren Klapphandys der neueste Schrei, neben modernen Smartphones wirken sie langweilig. Doch genau darauf fährt die junge Generation ab. Sie feiert das schnörkellose Dumbphone.
    Früher waren Klapphandys der neueste Schrei, neben modernen Smartphones wirken sie langweilig. Doch genau darauf fährt die junge Generation ab. Sie feiert das schnörkellose Dumbphone. Foto: Adobe Stock

    Neulich das Handy einer Freundin in der Hand gehabt und enttäuscht herumgewischt. Ist der Bildschirm kaputt oder warum erscheint alles in Grau statt in grellen Farben? Icons, Fotos, Videos, Websites, alles schwarz-weiß. Selbst auferlegte Zwangsmaßnahme, sagt sie. Das Getippe, Gewische und Geblinke soll endlich weniger werden. Also dem Bildschirm die Farbe entziehen und hoffen, dass die digitale Welt dadurch langweiliger wird?

    Zweieinhalb Stunden verdaddeln die Deutschen jeden Tag am Smartphone

    Der Schwarz-Weiß-Modus ist nur ein Trick, um den Onlinekonsum runterzufahren. Die Psychologie dahinter: Man blendet bewusst Farben aus, um Reize zu reduzieren, denn Farben wirken anziehend und stimulieren die Sinne. Technologieunternehmen wissen um den Effekt und verwenden spezielle Farbpaletten, um Nutzende zum endlosen Scrollen zu verführen. Mit Erfolg: Zweieinhalb Stunden verdaddeln die Deutschen jeden Tag am Smartphone. Könnte man auch zehn Kilometer spazieren gehen, den Paten schauen, die Schachnovelle lesen oder den fliegenden Holländer hören. Oder eben 600 Tiktok-Videos vorbeirauschen lassen (die erfolgreichsten sind nicht länger als 15 Sekunden) oder sich durch 150 Websites klicken (60 Sekunden auf einer Seite gelten als lang).

    Macht ja auch Spaß, das Gewische. Wer ist nicht schon mal im Rabbit Hole abgetaucht und hat sich zwischen Youtube-Videos, Insta-Posts und Kommentarspalten verloren? Im Bett liegen, Nachrichten schreiben, Fotos liken und sich wundern, warum man zwei Stunden und 20 Websites später immer noch wach ist? Da hilft auch die Schlaf-App nichts mehr. Zwar lassen sich Benachrichtigungen abends automatisch ausblenden oder eben der Bildschirm schwarz-weiß färben, um nicht abzudriften. „Wind down“ hat Google die Funktion genannt, runterfahren und entspannen. Dann kommt noch eine Nachricht und schon ist man wieder wach.

    Kein Touchscreen, keine Apps: Das Dumbphone soll langweilig sein

    Es braucht Strategien, um sich der Dauerberieselung zu entziehen. Der Schwarz-Weiß-Modus ist eine Methode, gerne auch von Eltern genutzt, um Kinder vom Smartphone fernzuhalten, das Handyverbot im Schlafzimmer eine andere. Manche versuchen es mit Digital Detox, nehmen also bewusst Auszeiten von Smartphone und Internet, andere löschen ihre Social-Media-Accounts. 

    Modernes Smartphone oder zurück zum schörkellosen Handy?
    Modernes Smartphone oder zurück zum schörkellosen Handy? Foto: Adobe Stock

    Der neueste Trend, um die Finger vom Handy zu lassen: Das Dumbphone, auch genannt Boring Phone. Dumm und langweilig soll es sein, ein Gerät ohne besondere Funktionen. Anrufen, SMS schreiben, ab und an ein Foto knipsen, mehr nicht. Wie damals Anfang der 2000er-Jahre, als die ersten Nokias auf den Markt kamen und Snake spielen neben schrillen Klingeltönen das Aufregendste war, was die unhandlichen Knochen zu bieten hatten. 

    Neben heutigen Smartphones wirken die kleinen, dicken Geräte wie Relikte aus dem prädigitalen Zeitalter, doch sie werden wieder ausgegraben – von einer jungen Generation, die offenbar genug hat von der digitalen Dauerberieselung. Sie zelebriert die Reduktion aufs Wesentliche, mit minimalistischen Klapphandys, die nicht nur altmodisch aussehen, sondern auch technisch wenig zu bieten haben. Kein Touchscreen, kein Internetzugang, keine App, keine Spiele.

    Die Generation Z feiert die Nullerjahre – samt Crop Top und Hüfthose

    Dass die Generation Z die Nullerjahre samt Crop Top, Hüfthose, gekrepptem Haar und Tribal-Tattoo abfeiert, ist nicht neu. Aber dass Jugendliche jetzt sogar aufs Smartphone verzichten und offenbar wirklich mal offline sein wollen? Damit wählen sie die deutlich radikalere Entzugsmethode als die meisten Erwachsenen, die weiter am Smartphone hängen.

    Das Nokia 3210 kam 1999 auf den Markt, jetzt gibt es ein Remake des alten Klassikers.
    Das Nokia 3210 kam 1999 auf den Markt, jetzt gibt es ein Remake des alten Klassikers. Foto: Adobe Stock

    Studien zufolge will mehr als die Hälfte der Jugendlichen ihre Handyzeit reduzieren. Auch stehen sie Themen wie Tracking und Datenschutz skeptisch gegenüber. Ein einfaches Gerät mit wenig Funktionen kommt da gerade recht. Einige Hersteller haben sich schon auf die simplen Handy-Modelle spezialisiert, vergangene Woche kam ein Remake des Klassikers Nokia 3210 auf den Markt. Noch bedienen sie eine Nische, denn bislang sind neun von zehn Telefonen immer noch Smartphones. 

    Einige sehen im alten Knochen nur ein IT-Piece fürs nächste Insta-Foto

    Und Achtung Ironie, auch die Generation Z feiert den Handy-Trend in 15-Sekunden-Schnipseln auf Tiktok. Einige sehen im alten Knochen vermutlich nur ein IT-Piece fürs nächste Insta-Foto, aber manche wollen vielleicht wirklich mal abschalten und nicht mehr stundenlang durch Feeds scrollen. Da können sich Erwachsene noch was abschauen. Muss ja nicht gleich das funktionslose Old-School-Handy sein, ein grauer Bildschirm reicht fürs Erste. Oder?

    Frage an die Freundin: Und, bringt es was? Schon, sagt sie. Seit der Bildschirm grau ist, wirken die Inhalte eintöniger. Monotone Langeweile statt störender Suchtfaktor. Nur beim Fotografieren nervt das Grau, weil auch die Bilder farblos erscheinen. Dafür wirkt die Welt noch bunter.

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