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Zu Besuch in der schönsten Bäckerei Mallorcas

Genuss

Der mallorquinische Dreh: Ensaïmada

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    In der Bäckerei Fornet de la Soca gibt es ausschließlich mallorquinische Backwaren. Der Star aber ist im Vordergrund zu sehen: die Ensaïmada.
    In der Bäckerei Fornet de la Soca gibt es ausschließlich mallorquinische Backwaren. Der Star aber ist im Vordergrund zu sehen: die Ensaïmada. Foto: stock adobe

    Fornet de la Soca heißt aus dem Katalanischen übersetzt Feenofen und bezieht sich auf ein altes mallorquinisches Märchen. Eine kleine Bäckerei im Herzen Palmas heißt so, und wer sie betritt, fühlt sich wahrlich wie in einer verzauberten Backstube. Die allerschönsten, köstlichsten und appetitlichsten, süßen und salzigen, prächtigen und winzigen Kuchen stehen dicht gedrängt und hoch getürmt hinterm gläsernen Tresen und duften verführerisch.

    Man könnte jetzt einfach staunend stehen bleiben und die Zeit vergessen, mit den Augen essen oder aber gleich viel zu viel einkaufen. Alle Besucher scheinen jedenfalls wie verhext und lächeln sich verschwörerisch zu. Im Fornet de la Soca gibt es ausschließlich inseltypische Backwaren. Lauter Leckereien, die Teil der mallorquinischen Identität sind, einer einzigartigen Esskultur, die bis vor gar nicht langer Zeit schon untergegangen schien oder gerade dabei war zu verschwinden. 

    Besonders am Vormittag bilden sich schon mal lange Warteschlangen

    Hier, in der schönen Bäckerei neben Palmas historischem Stadttheater Teatre Principal, fanden sie filmreif ihre Auferstehung. Manche sind nach jahrhundertealten Rezepten hergestellt, haben ihren Ursprung in alten Klöstern, waren aufgeschrieben in verloren geglaubten Kochbüchern und Chroniken von alteingesessenen Adelshäusern. Der Vorbesitzer der beliebten Bäckerei hatte wegen drastischer Mieterhöhung aufgeben müssen, bis 2017 Tomeu Arbona mit seiner Frau Maria kam und neues Leben in den traditionellen Ort brachte.

    Besonders am Vormittag bilden sich schon mal lange Warteschlangen vor der herrlichen Jugendstilfassade aus dem Jahr 1916, hinter der sich schon am Ende des 19. Jahrhunderts eine Bäckerei verbarg. Tomeu Arbona machte seine Leidenschaft für das Backen zu seiner Profession, denn eigentlich ist er Psychologe und war lange als Sozialarbeiter tätig. Mitten in der Krise Spaniens, als die gesetzlichen Krankenkassen keine Therapien mehr unterstützten, besann er sich neu und wurde zu dem gastronomischen Archäologen in Sachen Backwaren.

    Eine Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum

    Der begeisterte Mallorquiner wälzte die Rezeptbücher der Nonnen und Mönche inselweit, befragte auch die alten Köchinnen und Küchenchefs und trug so etwa 150 Backrezepte zusammen, die übers Jahr von ihm, seiner Frau Maria José Orero und ihren 16 Mitarbeitern umgesetzt werden. Sohn Adrià, der eigentlich Musiker ist und mit seinem Label „Papa Topo“ Indie-Pop produziert, ist im Familienunternehmen für Social Media zuständig. Tochter Clara studierte zwar die Schönen Künste, ist aber längst eine begeisterte Patissière und Bäckerin.

    Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum Palmas:  Fornet de la Soca.
    Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum Palmas: Fornet de la Soca. Foto: Stock adobe
    Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum Palmas:  Fornet de la Soca.
    Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum Palmas: Fornet de la Soca. Foto: Inge Ahrens

    In dieser Märchenbäckerei mitten im Stadtzentrum Palmas gibt es nicht nur „Empanadas“, das sind die mallorquinischen Pizzas, die eingerollt „Cocarrois“ heißen. Die „Coixíns imperial“ sind eine Süßigkeit, wie sie einst die Augustinernonnen des Klosters La Concepción in Mallorcas Hauptstadt buken. Sie sehen allesamt aus wie kleine dicke Puppenkissen. Pasteten, gefüllte Teigtaschen, süß oder salzig, und Brote, die Verführung nimmt kein Ende. 

    Im Hefeteig unterm Puderzuckerschnee stecken Creme und Schokolade. Daneben locken Törtchen mit Mandelcreme und die verführerischen „Roma Beauty“, jedes ein saftiger Genuss. In einem Mantel aus Hefeteig verbirgt sich ein ganzer saftig und mürbe gebackener Apfel samt einer kleinen Portion Turrón, dem weißen Nougat. Das Ganze ist mit einem rustikalen Band zu einem Päckchen geschnürt. Man wird schwach angesichts der Köstlichkeiten. Auspacken. Jetzt! An der Ensaïmada kommt man natürlich nicht vorbei. 

    Die Ensaïmada sieht aus wie eine fluffige große Schnecke

    Sie ist gewissermaßen das Symbol von Mallorca. Ein Luftikus der besonderen Art. Sieht aus wie eine fluffige große Schnecke und ist ein Hefegebäck, zubereitet aus mallorquinischem Weizenmehl, Eiern, Zucker, Hefe und Schmalz. Das Wort Ensaïmada bedeutet „die Eingeschmalzte“, denn Schmalz heißt auf Katalanisch Saim. Nur die originale Version der Ensaïmada ist mit Schmalz zubereitet, so wie im Fornet de la Soca. 

    Tomeu Arbonas Ensaïmada nach altem Rezept enthält keinerlei Konservierungsstoffe und sollte daher spätestens am Tag nach dem Backen aufgegessen sein. Tomeu oder seine Mitarbeiter rollen den wegen der Hefe elastischen Teig dünn aus, lassen ihn eine Stunde ruhen, streichen dann behutsam eine dünne Lage Schweineschmalz drauf, was den Teig geschmeidiger macht. Alsdann werden je nach angestrebter Größe des Endproduktes ein oder zwei Rollen geformt und in Uhrzeigerrichtung als Zopf oder als einfache Schnur zu einer Schnecke gewunden.

    Zwölf Stunden verschwindet das Backwerk im Wärmeschrank

    Dann ist erst mal Pause für das Backwerk. Es verschwindet zum Gehen zwölf Stunden in einem Wärmeschrank. Am Ende hat sich das Volumen vergrößert und die Ensaïmada kommt bloß noch zehn Minuten bei 180 Grad in den Ofen. Completo! Im Schaufenster vom Fornet de la Soca kann man sie sehen. Das gleicht einem Guckkasten ins kulinarische Paradies. Schlaraffenland, wo wir jetzt schon in der kulinarischen Märchenwelt sind. Neben all den anderen süßen und salzigen, in Handarbeit hergestellten und täglich frischen Leckereien ist die Ensaïmada der Star.

    Es gibt sie als Klassiker ganz pur unterm Puderzuckerschnee oder mit zerstampften Kartoffeln, mit Vanillecreme, Schokolade oder Engelshaar. Das ist süßer, karamellisierter Kürbis. Im Fornet werden Riesen-Ensaïmades für spezielle Events gebacken, normal große und kleine für die Faust. Ein perfektes Frühstück für Süßschnäbel. „Die Ensaïmades sind ja schön und gut“, sagt Tomeu Arbona. „Aber auch alle anderen mallorquinischen Backwaren sollen noch mehr bekannt werden.“ Dabei ist die Bäckerei ist längst Kult.

    Die Backwaren gibt es nur in limitierter Auflage

    „Unser Betrieb ist klein. Wir machen nur Hausverkauf“, erklärt der Bäcker. Im Prinzip gibt es alle Backwaren im Fornet de la Soca nur in limitierter Auflage. Und Tomeu ist längst der beste Kulturbotschafter seiner Insel. „Cultura en Casa, wo gibt es das sonst noch“, seufzt er und meint in diesem Fall die Esskultur. Selbst ist er ist im ländlichen Mallorca aufgewachsen. „Da gab es alles.“ Seine Frau Maria kommt vom Festland, aus Valencia. Sie hatte in einem Kindergarten in Binisalem als Erzieherin gearbeitet und war mit Tomeu neu durchgestartet. Von Anfang an seien die Mallorquiner begeistert gewesen. 

    2008 hatten sie ihre erste Bäckerei in Palma eröffnet. Heute konzentrieren sie sich ganz auf dem wunderschönen Ort an der Placa Weyeler, dessen Fassade noch den Namen des ursprünglichen Besitzers Jaume Alemany aus dem Jahr 1916 im Jugendstildekor trägt. Tomeu gab die Sammlung all seiner gefundenen Rezepte als Buch heraus, das es leider nur auf Spanisch gibt, aber sicher ins Deutsche übersetzt auch bei uns ein großer Erfolg wäre. Er wurde mehrfach ausgezeichnet für seine geradezu archäologische Leistung in Sachen historischer Backkunst. 

    Seine Forschung nach noch mehr Rezepten hört nie auf

    Seine Forschung nach noch mehr Rezepten hört nie auf. Um die Ensaïmada ranken sich allerlei Legenden. So soll das Original jüdisch sein, denn die jüdische Bevölkerung ist seit dem 12. Jahrhundert auf Mallorca ansässig. Natürlich habe man anfangs kein Schweinefett verwendet. Das sei erst im Laufe der Christianisierung dazugekommen. „Die gedrehte Spirale bedeutete für die Juden den Anfang und das Ende“, weiß Tomeu. 

    Am Ende eines schönen Mallorca-Urlaubs haben hoffentlich viele Genussmenschen eine oder mehrere Ensaïmades frisch aus dem Ofen des Fornet de la Soca verspeist. Besser wird’s nämlich nimmer, denn die Gebirge von Schachteln anderswo und besonders auf dem Flughafen der Insel bergen Ensaimades einer anderen Art: haltbar gemacht, ohne Schweineschmalz. Ein Massenprodukt für den Massentourismus. 

    Rezept für eine ungefüllte Ensaïmada:

    Zutaten:
    250 g Mehl
    80 g Wasser
    1 mittelgroßes Ei
    80 g Zucker
    25g weiches Schweineschmalz
    8 g frische Hefe
    150g weiches Schweineschmalz zum Bestreichen
    Puderzucker

    Zubereitung:

    • Alle Zutaten für den Hefeteig, außer der Hefe, in eine Schüssel geben und vermischen. Mit einer Küchenmaschine geht es am einfachsten. Der Teig hat dann noch eine etwas klebrige Konsistenz
    • Dann den Teig ca. 5–10 Minuten ruhen lassen.
    • Dann wieder 1 Minute kneten und wieder 10 Minuten ruhen lassen. Das Ganze 3–4 Mal wiederholen. Der Teig sollte am Ende eine glatte Konsistenz haben und sich mit den Fingern gut dehnen lassen, ohne zu reißen.
    • Jetzt die Hefe hineinbröseln, ein letztes Mal gut verkneten und noch mal gute 30 Minuten ruhen lassen.
    • Auf einer eingeölten Arbeitsfläche den Teig mit einem eingeölten Nudelholz zu einem Rechteck von ca. 100 x 30 cm dünn ausrollen, ähnlich wie bei einem Strudel. Das Öl dient dazu, dass der Teig nicht auf der Arbeitsfläche und dem Nudelholz kleben bleibt.
    • Nun den Teig vorsichtig mithilfe eines Pinsels mit dem weichen Schweineschmalz bestreichen. Dann den Teig vorsichtig mit den Händen ausdehnen. Hierzu die Hände immer wieder mit Öl oder Schmalz einreiben, damit der Teig nicht kleben bleibt. Gegebenenfalls den Teig noch mal ruhen lassen, wenn er sich nicht genug dehnt.
    • Den Teig dann von der langen Seite her aufrollen, sodass man am Ende eine ca. 1 Meter lange Teigrolle hat. Den Teig erneut ca. 30 Minuten ruhen lassen. Danach den Teig auf einem Ofenblech zu einer Schnecke einrollen, nicht zu eng, da der Teig noch aufgeht.
    • Nun die Teigschnecke im kalten Ofen 12–24 Stunden aufgehen lassen. Je nach Temperatur kann es durchaus einen Tag dauern, bis der Teig aufgegangen ist.
    • Den Ofen dann auf 180 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen und eine ofenfeste Schale mit Wasser in den Ofen stellen. Die Ensaimada für 18–20 Minuten backen, danach auskühlen lassen und vor dem Servieren mit Puderzucker bestreuen.

    Rezept von www.mallorcahome.info

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