Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten
Gesellschaft
Icon Pfeil nach unten

Wissenschaft: Methan: Starkes Treibhausgas unter dem Radar

Wissenschaft

Methan: Starkes Treibhausgas unter dem Radar

    • |
    Besorgniserregende Schmelze: Forschende in Sibirien sammeln Daten zum Permafrost in einer Höhle in Sibirien.  Wenn der Permafrostboden zunehmend auftaut, könnte eine große Menge Methan freigesetzt werden.
    Besorgniserregende Schmelze: Forschende in Sibirien sammeln Daten zum Permafrost in einer Höhle in Sibirien. Wenn der Permafrostboden zunehmend auftaut, könnte eine große Menge Methan freigesetzt werden. Foto: University of Oxford, dpa

    Beim Klima denken alle meist an Kohlendioxid. Die Konzentration von Methan, dem zweitwichtigsten Treibhausgas, steigt jedoch wesentlich schneller an. Forscher rätseln noch über einige der Gründe dieses Anstiegs. Die Methan-Konzentration in der Atmosphäre lag 2022 um mehr als das 2,5-Fache höher als vor der industriellen Revolution, wie die Weltwetterorganisation (WMO) berichtet - beim Haupttreibhausgas

    Für den starken Methananstieg seit 2007 nennt die WMO zwei wahrscheinliche Ursachen. Messdaten "deuten darauf hin, dass steigende CH4-Emissionen aus Feuchtgebieten in den Tropen und aus anthropogenen Quellen in den mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre die wahrscheinlichen Ursachen für diesen jüngsten Anstieg sind." Beim menschengemachten CO2 nennt die WMO sowohl die Energiegewinnung durch Kohle, Öl und Gas als auch die Landwirtschaft. 

    Viel deutet darauf hin, dass der Klimawandel Hauptgrund für den Zuwachs ist

    "Es deutet vieles darauf hin, dass der Klimawandel der Hauptgrund für den Methanzuwachs der letzten Jahre ist", sagt Thomas Kleinen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie mit Blick auf den Ausstoß aus natürlichen Quellen. "Die meisten chemischen Prozesse laufen bei Wärme schneller ab", das gelte auch für Mikroorganismen, die Methan produzieren. "Daher kann schon bei geringer Erwärmung eine starke Steigerung der Methanproduktion einsetzen." Zugleich gebe es andererseits aber eine höhere Aufnahme des Treibhausgases CO2 durch Pflanzen. Zudem sei es tatsächlich sehr wahrscheinlich, dass der Methanzuwachs seit Mitte der 2000er Jahre vor allem von den tropischen Feuchtgebieten kommt. "Wir können das aber schwer messen", sagt Kleinen. "Regenwälder sind oft schlecht zugänglich." 

    Auch die Permafrostregion könnte nach Befürchtungen vieler Experten einmal große Mengen Methan freisetzen. Ob das schon begonnen hat, ist unklar. Im Permafrost sind riesige Mengen an Pflanzenresten eingefroren und damit sehr viel Kohlenstoff. Taut er auf, so können aus dem

    Was passiert, wenn der Permafrost taut?

    Die zukünftige Größenordnung der Methanfreisetzung sei jedoch noch unsicher, sagt Grosse. Methan entstehe in der Arktis vor allem, wenn die Böden feucht sind, Kohlendioxid, wenn es trockner ist. "Wie die tauenden Permafrostböden der

    Besonders in feuchten Gebieten der Tundra komme von je her natürlicherweise viel Methan aus dem Boden, betont Kleinen vom MPI für Meteorologie. Derzeit könne man in der Arktis zwar einen Anstieg der Methanemissionen messen. Es gebe aber nur wenige solcher Messungen und die Emissionen hingen stark von lokalen Bedingungen ab. "Aus den wenigen Messungen, die wir haben, Rückschlüsse auf die gesamte Arktis zu ziehen, ist schwierig. Die Frage ist, wie repräsentativ sind die Messpunkte", sagt Kleinen.

    "Mir ist keine Studie bekannt, die nachweist, dass der Methanausstoß im Zuge des Klimawandels in der Permafrostregion bereits zugenommen hat", betont Torsten Sachs vom Geoforschungszentrum Potsdam. Bislang gebe es sehr wenige Messreihen von über zehn Jahren. Sachs hatte mit Kollegen am Delta des Flusses Lena den Methanaustritt in der sibirischen Tundra zwischen 2002 und 2019 analysiert. Dort war es wärmer geworden und die Methanemissionen waren für Juni und Juli pro Jahr um 1,9 Prozent gestiegen. "Unseres Wissens nach liefern wir die ersten Beobachtungsnachweise für einen zunehmenden Trend frühsommerlicher Methanemissionen aus Tundra-Feuchtgebieten im Zusammenhang mit der Erwärmung der Atmosphäre", schreibt das Team 2022 im Journal Nature Climate Change. Sachs möchte die Studie jedoch keinesfalls als Beweis für ein Einsetzen zunehmender Methanemissionen in der Permafrostregion sehen. "Wir zeigen erhöhte Emissionen im Juni und Juli. Im August ändert sich nichts, im September ist es statistisch unklar und möglicherweise abnehmend. Für den Rest des Jahres fehlen uns ausreichend Daten." Dass sich im Frühsommer etwas verschiebe, bedeute noch nicht, dass auch auf Jahressicht mehr emittiert wird. Eine Fortsetzung der Messungen sei derzeit nicht möglich, da sein Team nicht nach Russland fahren könne und auch keine Daten mehr bekomme. Sachs verweist auf eine weitere lange Messreihe einer Station in Alaska. Dort sei es von 1986 bis 2015 um 1,2 Grad wärmer geworden, es habe jedoch keinen zusätzlichen Methanausstoß gegeben. 

    Etwa 60 Prozent des Methanausstoßes verursacht der Mensch

    Nach Auskunft von Grosse ist der ist der Permafrost der größte Speicher von Kohlenstoff an Land. "Man muss bei den menschengemachten Treibhausgasen stark auf die Bremse treten. Mit allem, was wir ausstoßen, sorgen wir dafür, dass mehr Permafrost taut und mehr des bisher eingefrorenen Kohlenstoffs freigesetzt wird." Etwa 40 Prozent des Methanausstoßes stammt laut Weltwetterorganisation derzeit aus natürlichen Quellen. Rund 60 Prozent verursache der Mensch mit Rindern, Reisanbau, dem Abbau fossiler Brennstoffe, Mülldeponien und Biomasseverbrennung. Auf Initiative der EU und der USA beschlossen zahlreiche Länder auf der Klimakonferenz von Glasgow 2021 den Ausstoß an Methan von 2020 bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Das Vorhaben soll die Erderwärmung bis 2050 um mindestens 0,2 Grad vermindern. Rund 150 Staaten, die mehr als die Hälfte des menschengemachten Methans ausstoßen, sind dieser Vereinbarung, dem Global Methane Pledge (GMP), laut Internationaler Energie-Agentur bis Anfang 2023 beigetreten. Es fehlen unter anderem jedoch: der weltweit größte Methan-Emittent China sowie Indien und Russland.

    Methanemittent Kuh. Rinder produzieren beim Wiederkäuen das Treibhausgas.
    Methanemittent Kuh. Rinder produzieren beim Wiederkäuen das Treibhausgas. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    "Insgesamt hat das Global Methan Pledge es geschafft, Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten", sagt die Klimareferentin der Organisation Germanwatch, Thea Uhlich. Tatsächlich verweisen die USA und die EU in einem gemeinsamen Schreiben auf viele neue internationale Initiativen und Fördergelder. Bei der derzeit stattfindenden Klimakonferenz in Dubai werden neue GMP-Initiativen erwartet. "Letztendlich zählt aber natürlich, ob das GMP zu tatsächlichen Methanreduktionen führt, die nicht auch ohne es entstanden wären", sagt Uhlich. Für eine Bewertung sei es noch zu früh. Bill Hare, Chef der Organisation "Climate Analytics" verweist darauf, dass das GMP-Ziel ohnehin nicht ausreiche, um die Erderwärmung wie im Abkommen von Paris anvisiert, auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu seien global 34 Prozent Reduktion bis 2030 nötig. 

    Deutschland hat seine Methanemissionen laut Umweltbundesamt (Uba) von 1990 bis 2022 bereits um 66 Prozent reduziert. Das sei vor allem auf eine drastische Verringerung im Energie- und Abfallbereich zurückzuführen, etwa die Einstellung der Steinkohleförderung. Grubengas wird abgesaugt und genutzt, und auch aus Mülldeponien entweicht weniger Gas. Wichtig seien hier etwa die Abfalltrennung und Biogasnutzung gewesen. Mit fast 76 Prozent sei die Landwirtschaft in

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden