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Wie Lügen und Falschmeldungen unsere Gesellschaft spalten

Kommentar

Lügen spalten die Gesellschaft

Richard Mayr
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    Gelogen wird von der Gegenseite: „Kamala is lying to you - FactCheckHarris.com" (Kamala lügt dich an), steht an einer Videotafel bei einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Präsidenten Trump im Riverfront Sports.
    Gelogen wird von der Gegenseite: „Kamala is lying to you - FactCheckHarris.com" (Kamala lügt dich an), steht an einer Videotafel bei einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Präsidenten Trump im Riverfront Sports. Foto: Julia Demaree Nikhinson, AP/dpa

    Lügen gibt es so lange, wie der Mensch sprechen kann. Sie gehören zur Sprache - und zur menschlichen Natur. Wir lügen aus unterschiedlichen Gründen, weil wir uns schämen, weil wir feige sind oder weil wir höflich sein wollen. Dann hat das Essen geschmeckt, auch wenn das Gegenteil der Fall war. Gelogen wird in allen menschlichen Bereichen, in Liebesdingen, im Beruf, selbstverständlich auch in der Politik. Wer wissen will, wie hintersinnig wir mit Lügen umgehen, kann sich die kirchlichen Erläuterungen zum achten Gebot ansehen: „Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen“. Es kann festgehalten werden: Im öffentlichen Raum haben Lügen gerade Hochkonjunktur. Das allerdings ist eine extrem gefährliche Entwicklung.

    Ein Blick in die Vereinigten Staaten von Amerika genügt. Der künftige und schon gewesene US-Präsident Donald Trump versorgt die Welt verlässlich mit neuen Lügen und lässt sich weder von Fakten noch durch verlorene Gerichtsprozesse davon abbringen, ob das nun den Klima-Wandel, die US-Wahl oder Haitianer betrifft, die laut Trump in den USA Haustiere verspeisen. Obwohl ihm ein ums andere Mal von US-Medien nachgewiesen wird, wo er wissentlich gelogen hat, schadet Trump das politisch nicht. Jetzt hat der Internet-Konzern Meta auch noch angekündigt, die Faktenchecker abzuschaffen. Trumps Anhängerschaft hat sich davon sowieso nie beeindrucken lassen, für sie handelt es sich bei Fakten-Checks um politische Tricks der Gegenseite und nicht den Versuch, die Lügen-Epidemie einzudämmen. Trumps Gefolgschaft verhält sich wie eine Fanschar. Die Mischung aus einem Übermaß an Lügen, Unwahrheiten und blinder Glaubensbereitschaft führt allerdings dazu, dass die US-Gesellschaft immer tiefer gespalten wird, weil die Sprache keine stabile Brücke mehr hinüber zu dieser Gruppe bauen kann - zu viele Lügen machen die Verständigung unmöglich.

    Die systematische Desinformation zählt zu den wichtigen Waffen im hybriden Krieg

    Aber man muss nicht über den Atlantik schauen, um zu sehen, wie ein Übermaß an Lügen das gesellschaftliche Klima immer weiter vergiftet. Seit Jahren führt Putins Russland einen hybriden Krieg gegen die liberalen Demokratien Europas. Die systematische Desinformation zählt da zu den wichtigen Waffen. Gelogen wird nicht aus dem Bauch heraus, sondern perfider und wirkmächtiger. Es werden verschiedene Varianten gestreut. Zu den Verfahren der Desinformation gehören „Abstreiten“, „Verzerren“, „Ablenken“ und „Verunsichern“. Gut für den Kreml, wenn irgendeine der falschen Informationen geglaubt wird. Aber es reicht schon, wenn die dermaßen Durchgekneteten am Ende gar nichts mehr glauben. Ziel der Lügenkampagnen ist es, das Vertrauen in öffentliche Institutionen und Medien zu zersetzen.

    Die Lügen-Saat geht immer besser auf. Tatsächliche Nachrichten erreichen nicht mehr alle Menschen, weil Teile der Gesellschaft den Medien-Betrieben pauschal misstrauen. Gefälschte Nachrichten werden dagegen massenweise auf den sozialen Medien geglaubt und gestreut. Die Gesellschaft findet gleichzeitig keine Sprache mehr für den Austausch zwischen den Lagern. Denn an Lügen muss man glauben, sie können nicht bewiesen werden, das liegt in der Natur der Sache. Um etwas zum gesellschaftlichen Frieden beizutragen, müssten die großen Internet-Plattformen den gezielten Lügen und Lügenkampagnen eigentlich einen Riegel vorschieben. Die USA zeigen, dass mit Mark Zuckerbergs Einknicken vor Donald Trump das Gegenteil der Fall ist. Weniger Kontrolle der Inhalte heißt noch mehr Lügen in der Welt.

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