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Wie gesund und nachhaltig sind Fische aus Aquakulturen?

Tierhaltung

Wie gesund und nachhaltig sind Fische aus Aquakulturen?

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    Wie gesund und nachhaltig sind Fische aus Aquakulturen?
    Wie gesund und nachhaltig sind Fische aus Aquakulturen? Foto: Stock Adobe

    Weltweit essen immer mehr Menschen Fisch. Gleichzeitig sind die globalen Fischbestände durch Überfischung und Umweltbelastungen zunehmend bedroht. Umso mehr Hoffnungen liegen auf Aquakulturen. Eine Sonderausgabe des Fachjournals Science Advances hat einen wissenschaftlichen und durchaus kritischen Blick auf diese Art der Tierhaltung geworfen.

    Die Zahl der weltweiten Fischfarmen wächst – etwa in Form von riesigen Netzgehegen im Meer. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sieht im Ausbau nachhaltiger Aquakulturen einen Weg im Kampf gegen Hunger und Unterernährung. So erklärte die UN-Organisation 2022, dass die Zucht von Fischen und anderen Wasserorganismen bis 2030 um 35 Prozent zunehmen sollte.

    Der Einsatz von Chemikalien in den Fischfarmen ist eine Gefahr für Umwelt und Verbraucher

    Nach jüngsten FAO-Angaben betrug die Produktion der Aquakultur an Wassertieren wie Fischen, Krebsen und Muscheln im Jahr 2022 insgesamt 94,4 Millionen Tonnen. Damit habe sie erstmals die Fangfischerei übertroffen, wenn auch nur knapp. Auf die Binnenaquakultur entfielen 62,6 Prozent der gezüchteten Wassertiere, auf die Meeres- und Küstenaquakultur 37,4 Prozent.

    Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist auf Risiken und Gefahren hin: So habe etwa die Kultivierung der Pazifischen Auster in den Niederlanden und bei Sylt dazu geführt, dass sich die Muschel als invasive Art zunehmend im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ausgebreitet habe. Die Fischzucht im Meer führe zudem zur vermehrten Ablagerung von Futterresten und Fischexkrementen am Meeresboden.

    Nach FAO-Angaben betrug die Produktion der Aquakultur an Wassertieren wie Fischen, Krebsen und Muscheln im Jahr 2022 insgesamt 94,4 Millionen Tonnen
    Nach FAO-Angaben betrug die Produktion der Aquakultur an Wassertieren wie Fischen, Krebsen und Muscheln im Jahr 2022 insgesamt 94,4 Millionen Tonnen Foto: Philipp Schulze/dpa

    Ferner stelle der Einsatz von Chemikalien in den Fischfarmen eine Gefahr für Umwelt und Verbraucher dar. Die Substanzen sollen die Fische vor Krankheiten und Parasiten schützen. Sie werden aber auch zur Produktionssteigerung eingesetzt. Außerdem bedeute der Futterbedarf in Aquafarmen eine Herausforderung. Nach Angaben der Forschenden ist für die Zucht von beliebten Arten wie Lachs, Wolfsbarsch, Dorade und Forelle eine separate Fischerei nährstoffreicher kleinerer Fische wie Sardellen und Sardinen nötig. Diese würden dann zu Futter in Form von Fischmehl und Fischöl verarbeitet.

    Bei der Bewertung dieses Futtermitteleinsatzes wird das weitverbreitete „Fish in – Fish out“-Verhältnis (Fifo) genutzt, das beschreibt, wie viel Wildfisch verfüttert werden muss, um ein Kilogramm Zuchtfisch zu erzeugen. Ein Team um Spencer Roberts von der US-amerikanischen University of Miami hat eine Fülle von Daten aus der weltweiten Fischerei zusammengetragen.

    Der Bedarf nach Fischmehl und Fischöl steigt, insbesondere in der Lachs- und Garnelenzucht

    Sie analysierten die Daten bestimmter häufiger Aquakulturarten. Je nach Szenario betrug das Verhältnis von Wildfisch-Input zu Zuchtfisch-Output im Durchschnitt dieser Aquakulturarten 0,36 bis 1,15. Die Differenz lag unter anderem an der unterschiedlichen Zusammensetzung des genutzten Futters in den jeweiligen Analysen. Besonders günstig schnitt der Karpfen ab (0,02 bis 0,16). Für die Zucht von einem Kilogramm Lachs seien dagegen mehrere Kilogramm anderer Arten nötig. Die Zucht von pflanzenfressenden Fischen oder Muscheln sei nachhaltiger, diese würden aber weniger nachgefragt. „Unsere Bewertung stellt die Nachhaltigkeit der gefütterten Aquakultur und ihre Rolle für die Ernährungssicherheit infrage“, schließen die Autorinnen und Autoren.

    Ein Ringwadennetz umschließt einen Thunfischschwarm .
    Ein Ringwadennetz umschließt einen Thunfischschwarm . Foto: Uli Kunz/ZDF/dpa

    In einem zweiten Artikel zu dem Thema weisen Patricia Majluf von der Meeresschutzorganisation Oceana und ihr Team darauf hin, dass die Aquakulturindustrie zwar behaupte, dass sie mit Verweis auf die Fifo-Kennzahl immer weniger von Wildfisch abhängig sei. Dies sei aber irreführend: Bei der Fifo-Zahl werde unter anderem von konstanten Fischmehl- und Fischölerträgen sowie Futterverwertungsquoten ausgegangen, die aber stark variierten. Insgesamt steige der Bedarf nach Fischmehl und Fischöl, insbesondere in der Lachs- und Garnelenzucht. Sinnvoll wäre es aber, nach alternativen Futtermethoden zu suchen.

    Ein anderes Thema der Schwerpunktausgabe ist die Krankheitsbelastung, die durch die Zuchtfarmen für Wildtiere entsteht. Konkret gehen Martin Krkosek von der kanadischen University of Toronto und sein Team auf Risiken für Wildlachspopulationen in British Columbia ein, die durch Krankheitserreger im Zusammenhang mit der dortigen Lachszucht in offenen Gewässern entstehen. Tatsächlich ist seit Längerem bekannt, dass sich bestimmte Viren aus Lachsfarmen unter Wildpopulationen ausbreiten. Welche Folgen das für die Wildtiere hat, ist umstritten. Nach Angaben der Gruppe um Krkosek begünstigen die Bedingungen in der Lachszucht die Entwicklung von Resistenzen und die Virulenz von Krankheitserregern. (Alice Lanzke, dpa)

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