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Vogelgrippe: Genveränderung soll Hühner gegen Vogelgrippe resistent machen

Vogelgrippe

Genveränderung soll Hühner gegen Vogelgrippe resistent machen

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    Ein mögliches Überspringen des Vogelgrippe-Virus auf den Menschen bereitet Experten Sorgen.
    Ein mögliches Überspringen des Vogelgrippe-Virus auf den Menschen bereitet Experten Sorgen. Foto: picture alliance / Felix Kästle, dpa

    Ein britisches Forschungsteam hat genetisch veränderte Hühner erzeugt, die weitgehend resistent gegen Vogelgrippe sein sollen. Durch den Austausch eines Gens in den Keimzellen der Tiere entstanden Vögel, die auf normale Dosierungen der Erreger kaum noch reagierten. Ansonsten hätten sich die Tiere im Untersuchungszeitraum von zwei Jahren nicht von anderen Nature Communications

    Gegen extrem hohe Dosen des Erregers waren die Tiere allerdings nicht resistent – und genau darin sieht das Team ein Risiko seines gentechnischen Ansatzes. Die auch Geflügelpest genannte Vogelgrippe, verursacht von verschiedenen Viren vom Typ Influenza A, sei eine ständige Bedrohung nicht nur für Vögel, sondern auch für Menschen. Sie habe das Potenzial, eine Pandemie zu verursachen, schreiben die Forschenden. 

    Mit der Gen-Schere Crispr-Cas9 wurden genveränderte Hühner geschaffen

    Varianten des Influenza-Virus H5N1 in Europa, Asien, Afrika und Amerika sorgten für ein beispielloses Vogelsterben in der Natur und auf Geflügelfarmen, sagte Studienleiter McGrew bei einer Pressekonferenz. Zudem gebe es Todesfälle bei Säugetieren wie etwa Robben sowie vereinzelt auch bei Menschen. Impfungen von Geflügel bieten keinen zuverlässigen Schutz gegen die mutationsfreudigen Erreger. 

    Eine Eiderente liegt tot auf dem Boden.
    Eine Eiderente liegt tot auf dem Boden. Foto: Axel Heimken/dpa/Symbolbild

    Um einen anderen Ansatz gegen das Virus zu finden, konzentrierte sich das Team auf die Familie der ANP32-Proteine. Diese Proteine nutzen Influenza-Viren generell – also auch beim Menschen –, um sich in Körperzellen zu vermehren. Die Forschenden schufen mit der Gen-Schere Crispr-Cas9 Hühner mit einem veränderten Gen für das Protein ANP32A, das in abgewandelter Form auch bei Säugetieren vorkommt. Die Immunität der Hühner prüfte das Team an dem in Ostasien gängigen Influenza-Erregertyp H9N2, der weniger aggressiv ist als H5N1. 

    Bei gewöhnlichen Dosierungen infizierten sich die genmanipulierten Hühner kaum mit dem Erreger. Kamen die genveränderten Vögel jedoch mit einer extrem hohen Dosis in Kontakt, infizierten sich fünf von zehn Hühnern. Zwar entwickelten die Tiere keine hohe Virenlast und übertrugen die Erreger auch nicht auf Artgenossen. Analysen ergaben aber, dass das Virus statt ANP32A die weniger geeigneten Protein-Varianten ANP32B and ANP32E nutzte, um sich zu vermehren. 

    Expertinnen sehen darin interessantes Beispiel für die Erzeugung von Hühnern

    Besonders bedenklich ist jedoch, dass diese Erregervarianten sich im Labor – „unerwartet“, wie die Forschenden schreiben – auch in Zellen der menschlichen Atemwege vermehren konnten, mithilfe der beim Menschen leicht abgewandelten Proteine ANP32A und ANP32B. Damit hätten sich die Erreger partiell an Säugetiere angepasst, schreibt die Gruppe. Dies unterstreiche eindeutig, wie wichtig es sei, eine vollständige Resistenz gegen Vogelgrippe-Genotypen zu erreichen. Eine Veränderung am Gen für ANP32A reiche für eine komplette Resistenz nicht aus. 

    Wegen der kursierenden Vogelgrippe sind Geföügelzüchter immer wieder in Sorge.
    Wegen der kursierenden Vogelgrippe sind Geföügelzüchter immer wieder in Sorge. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild, dpa (Archivbild)

    Im nächsten Schritt schufen die Forschenden Hühnerzellen, in denen alle drei Mitglieder der ANP32-Proteine – ANP32A, ANP32B und ANP32E – verändert waren. Zwar konnte sich das Virus im Labor in diesen Zellen nicht vermehren, das Team geht jedoch davon aus, dass das Ausschalten aller drei Proteine die Fitness der Hühner beeinträchtigt. Dies will die Gruppe nun prüfen. Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) spricht von einem „hochinteressanten Beispiel für die Erzeugung von Hühnern, die aufgrund von Veränderungen eines zellulären Wirtsproteins nicht mehr in der Lage sind, Geflügelpest-Viren zu replizieren“. 

    Für den Virologen Stephan Ludwig von der Universität Münster zeigen die Resultate „die enorme Anpassungsfähigkeit der Viren deutlich, die bei hohen Viruslasten schon in diesen ersten Experimenten zu Durchbruchsinfektionen geführt hat“. Erst die Entfernung weiterer verwandter Gene habe die Hemmung des viralen Vermehrungsenzyms erreicht. „Allerdings geben die Autoren auch selbst zu bedenken, dass solche massiven Eingriffe in das Genom bestimmt nicht ohne negative Folgen für das Tier bleiben“, betont der Direktor am Institut für Molekulare Virologie. (Walter Willems, dpa)

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