Wie gut, dass die Königin von Saba, so sie denn nicht überhaupt nur eine biblische Gestalt ist, sich nicht durchgesetzt hat. Die Monarchin nämlich, so ist es überliefert, aß leidenschaftlich gern Pistazien und beanspruchte deshalb diesen Genuss für sich allein. Ihren Untertanen verbot sie es, Pistazien zu essen. Ob den grünen Kernen deshalb auch heute noch der Ruf von Exklusivität anhaftet? Wie gesagt, was wahr, was Legende ist, ist nicht ganz geklärt. Dass aber die Pistazie derzeit eine der angesagtesten Spezialitäten und weit verbreitet im gemeinen Volk ist, obwohl sie eine der teuersten Nüsse ist, damit wird man täglich konfrontiert. Alles Dubai oder was? Berechtigte, aber überflüssige Frage, wenn man in die Auslagen der Chocolaterien und Konditoreien blickt. Auch die Imbissbuden hat die Pistazie mittlerweile erreicht, das weltweite Netz mit seinen Sozialen Medien sowieso.
Und das alles nur, weil eine Schwangere ungezügelten Heißhunger auf Süßes hatte! Den verspürte die Süßwarenunternehmerin Sarah Hamouda aus Dubai nämlich während ihrer zweiten Schwangerschaft. Weil nichts aus dem eigenen Sortiment und auch keine anderen Naschereien und Desserts im Emirat diesen Heißhunger stillen konnten, ließ sie sich kurzerhand eine besonders üppige Komposition einfallen: Vollmilchschokolade, gefüllt mit einer Mischung aus sämiger Pistaziencreme und geröstetem Kadayif (dünne Teigfäden, auch Engelshaar genannt) – zarter Schmelz mit orientalischem Crunch, der leicht auf der Zunge vergeht. Dass er sich schwer auf den Hüften und sonstigen Problemzonen festsetzt, sei nur nebenbei bemerkt.
Die Dubai-Schokolade ist mittlerweile zur Schmugglerware geworden
2021 war das – und zunächst keine große Sache bis diverse Food-Influencer im vergangenen Jahr das süße Teufelszeug aus Dubai entdeckten und einen Hype auslösten, der nun seinesgleichen sucht. Menschen, die in langen Schlangen vor Konditoreien und Schokoladengeschäften übernachten; Jugendliche, die ohne mit der Wimper zu zucken 25 Euro und mehr berappen, um eine Tafel zu erstehen; findige Geschäftemacher, die die Süßigkeit für mehrere hundert Euro weiterverkaufen; Schmuggler, die mit 45 Kilogramm der gefragten Schokolade (verpackt in 243 Schachteln) über die deutsch-schweizerische Grenze wollen und Instagram-Foodies, die sich darin übertreffen, Anleitungen zu posten, wie man die teure Nascherei für relativ wenig Geld selbst machen kann. Denn die echte Dubai-Schokolade von Sarah Hamouda wird bisher nur in Dubai verkauft.
Bisweilen nimmt der Hype bizarre Formen an. In nordrheinwestfälischen Dorsten verkauft Peter Finke an seiner Imbissbude Currywurst à la Dubai. Rote Bratwurst, würzige Soße, garniert mit Pistazienkernen. Auf Pistaziencreme, Engelshaar und Schokolade verzichtet er. „Nee, das schmeckt nicht“ hat er dem Westdeutschen Rundfunk verraten. Weil er beim Wort Dubai an Reichtum und goldene Wasserhähne denken muss, stäubt er dafür eine Prise Blattgold über die Currywurst. Schlange stehen die Dorstener bei ihm allerdings noch nicht, meldet der WDR.
Pistazien sind streng genommen keine Nüsse, sondern Steinfrüchte
Auch Nasratullah Kushkaki ist auf den Trip nach Dubai aufgesprungen. Kushkaki betreibt in Königswinter einen Vertrieb für Nüsse, Trockenfrüchte und andere orientalische Spezialitäten – und eben auch Pistazien, die streng genommen keine Nüsse, sondern Steinfrüchte sind. Beim ersten Anruf erwischt man ihn mitten im Trubel des Kölner Weihnachtsmarktes, wo er in diesem Jahr einen Stand hat – und dort natürlich auch Dubai-Schokolade verkauft. Ein paar Tage später findet er Zeit, nicht nur über die Dubai-Hysterie zu sprechen, sondern ganz allgemein die Besonderheit und Vorzüge der Pistazie zu preisen.
Denn die ist ein ausgesprochener Nährstoff-Booster. Sie enthält ungesättigte Fettsäuren, außerdem Vitamin E und B und reichlich Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium. Durch ihre Antioxidantien wirkt sie zudem entzündungshemmend. „Man spürt im Moment wieder einen sehr starken Trend zu gesunder Ernährung und Rohkost“, erklärt sich Kushkaki den Pistazien-Boom der letzten Jahre. Dass Menschen deshalb die nahrhafte Dubai-Schokoladeso lieben? „Nein, die ist einfach ein geiles Produkt, eine Komposition, die wahnsinnig gut schmeckt.“
In Berlin gab es in diesem Jahr ein Pistazienfestival
Aber festzuhalten ist trotzdem: Nicht erst seit der hippen Schokolade aus Dubai, greifen die Menschen gern zu Pistazien – und auch nicht nur beim Essen. Erinnert sei nur an das Pistachio-Make-up mit auffälligem grünem Lidschatten und an das matte pistaziengrün, das vor zwei Jahren in der Mode den Ton angab. In Berlin gab es in diesem Jahr ein eigenes Pistazienfestival und die Feststellung ist bestimmt nicht falsch, dass die Frucht mit der aufgesprungenen Schale nicht nur unter Gesundheitsaspekten im Trend liegt, sondern auch Lifestyle geworden ist: sizilianische Cannoli mit Pistazienfüllung, die in hippen Cafés serviert werden; Pistaziencroissants, die Bäckereiketten ins Sortiment genommen haben; Pistaziencreme, die statt Nutella auf immer mehr Brote gestrichen wird. Aber die Frucht ist ja auch vielseitig süß und salzig einsetzbar: Pistazien im Eis, im Kuchen, in Plätzchen, im Tiramisu, im Pesto, im Salat .... die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen. Nicht zu vergessen als gerösteter oder gesalzener Snack zum Knabbern.
Nasratullah Kushkaki ist damit aufgewachsen, dass zuhause immer irgendwo ein Tellerchen mit Leckereien stand, aus dem genascht werden durfte. Was deutschen Kindern die Gummibärchen sind, waren ihm Datteln, Rosinen, Maulbeeren, Nüsse und eben auch Pistazien. Seine Eltern kamen in den 1980er Jahren aus Afghanistan, er selbst ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber die Snackkultur des elterlichen Heimatlandes wurde auch in der Ferne gepflegt. Wie bei so vielen Migranten aus Nahost, die in Deutschland mit ihren Nationalgerichten einen Boom der orientalischen Küche ausgelöst haben. Während der Corona-Pandemie, so erzählt es Kushkaki, habe sein Vater viele Menschen mit Trockenfrüchten, Nüssen und Kernen versorgt, die er sich aus der Heimat liefern ließ. Dafür gibt es einen Markt, habe er festgestellt und den Onlinehandel Kischmisch gegründet.
Der Pistazienbaum macht alle zwei bis drei Jahre Pause
Und auch hier sind Pistazien der Renner, erzählt Kushkaki und fängt an, von den iranischen Pistazien zu schwärmen. Lang und groß sind sie, intensiv dunkelgrün, mit vollem, aber unaufdringlichem Geschmack und für Kushkaki sind sie die besten der Welt. „Wobei die Menschen aus Bronte in Sizilien da auch ein Wörtchen mitreden wollen“, gibt er zu, denn auch die Bronte-Pistazien sind berühmt für ihre Qualität. Die meisten Pistazien, die in Deutschland verspeist werden, stammen aber aus USA, denn die kalifornischen Früchte sind es, die in Discountern und Supermärkten vertrieben oder in Riegeln verarbeitet werden, weil sie günstiger sind als die aus Ländern wie Iran, der Türkei, Italien, Spanien oder Griechenland.
Man muss sich darauf einstellen, dass die Preise für Pistazien in den nächsten Jahren noch weiter in die Höhe schießen werden, befürchtet Nasrallah Kushkaki. Der Pistazienbaum trägt nicht jedes Jahr, macht alle zwei bis drei Jahre eine Pause. Die klimatischen Veränderungen mit großer Dürre, die instabile Lage in den Ländern des Nahen Ostens und die politischen Sanktionen tun ein Übriges dazu, dass es zu Engpässen kommen kann. Und jetzt der Run auf die Dubai-Schokolade. „Viele Bauern haben ihre ganze Ernte für die Schokoladenfirmen reserviert“, weiß Nasrallah Kushkaki.
Alles Dubai eben - und zur Weihnachtszeit auch die Plätzchen: Schokoteig, geröstetes Engelshaar, Pistaziencreme und ein Schuss Tahini. Ganz einfach, aber wie köstlich! Man kann Nasralla Kushkaki gut verstehen, wenn er sagt: „Die Dubai-Schokolade zaubert vielen Menschen ein Lächeln aufs Gesicht.“
Rezept für Dubai-Plätzchen
Zutaten
Für den Teig: 125g Mehl, 10g Kakao, 50 g Puderzucker, 1 Pck Vanillinzucker, 75 g weiche Butter, 1 eidotter
Für die Füllung: 100 g Kadayif (Teigfäden), 20 g Butter, 2 Teelöffel Tahini (Sesampaste), 125 g gezuckerte Pistaziencreme,
Zum Verzieren: Zartbitter-Kuvertüre, gehackte Pistazien
Zubereitung
Für den Teig Mehl mit Kakao vermischen und in eine Rührschüssel sieben. Die übrigen Zutaten dazugeben und mit dem Handmixer (Knethaken) zu einem glatten Teig verkneten. Den Teig in Frischhaltefolie gewickelt ca. 30 Min. kalt stellen. Den Teig kurz durchkneten und auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche ca. 3 mm dick ausrollen. Mit einem Ausstecher Taler ausstechen und auf mit Backpapier ausgelegte Backbleche geben. Etwa 8 Minuten bei 200 Grad Ober- und Unterhitze (180 Grad Heißluft) backen.
Für die Füllung Kadayif klein schneiden und mit Butter goldbraun anrösten. Etwas abkühlen lassen und mit Pistaziencreme und Sesampaste zu einer cremigen Masse verrühren und abkühlen lassen.
Auf die Hälfte der erkalteten Plätzchen Pistazien-Kadayif-Creme streichen. Die übrigen Plätzchen draufsetzen und etwas andrücken. Kuvertüre im Wasserbad schmelzen und die Plätzchen damit überziehen. Gehackte Pistazien darüber streuen. Die Dubai-Plätzchen kühl aufbewahren, damit die Creme nicht zu weich wird. So sind sie etwa zwei Wochen haltbar (Rezept nach Dr. Oetker)
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