Bachtyar Ali, 1966 im Nordirak geboren, steht in der Tradition der orientalischen Märchenerzähler. Sein neuer Roman „Die Herrin der Vögel“ entführt in eine fremde, oft befremdende Welt, in der Messerhelden den Ton angeben, in der nur Blutrache die Ehre wieder herstellen kann und der Alltag von Gewalt geprägt ist. Es ist die Endzeit von Saddam Hussein, das kurdische Dorf wird von Clan-Kriegen heimgesucht. Und mittendrin Sausan, die bleiche Schöne.
Drei Männer werben um die kränkliche junge Frau, die so geheimnisvoll wirkt und bisher jeden Heiratsantrag ausgeschlagen hat. Doch nun soll sie sich entscheiden, fordert die Familie. Sausan aber will ihre Bewerber auf eine Probe stellen. Acht Jahre sollen sie in die Welt hinausziehen, um für sie die schönsten Vögel zu finden – und die drei Männer stimmen zu, den Liebesbeweis zu erbringen.
Der Roman spielt in einer Zeit voller Hass und Gewalt und ist dennoch voller Poesie
Kameran, ein junger Maulheld, attraktiv aber ungebildet, hat vorher schon seinen Rivalen, den Studenten Asrin mit einem Messer attackiert. Mit dem smarten Kaufmann Khaled ist das Trio perfekt. Während sie auf ihrer Mission sind, wird das Leben im Dorf von Kämpfen erschüttert, Khaleds Verwandte verlieren ihren Reichtum, auch Sausans Familie verarmt.
Die junge Frau fühlt sich durch die Ereignisse in ihrer Entscheidung bestärkt. Sie hat die jungen Männer in die Welt geschickt, damit sie nicht im Krieg umkommen. Aber auch, damit sie die Welt kennenlernen, denn sie ist überzeugt, dass „jedes Herz, das die Welt nicht in ihrer vollen Größe gesehen hat“, arm bleibt. Sausan erschließt sich die Welt aus Büchern bis sich ihr die Realität des Kriegs in aller Brutalität offenbart. Und dann kehren die drei Reisenden heim und die junge Frau muss sich entscheiden.
Der Roman spielt in einer Zeit voller Hass und Gewalt, in der das Glück flüchtig ist und nicht einmal die Vögel überleben können. Auch dieses Märchen voller Poesie und Vogelgezwitscher kann kein banales Happy End haben. Und doch ist das Ende glücklich, ein Neu-Anfang. Es ist vor allem die poetische Sprache Bachtyar Alis, die diesen Roman so zauberhaft macht. Tatsächlich öffnet der Schriftsteller aus der irakischen Region Kurdistan den Lesenden einen Spaltbreit die Tür zu einer Welt, die den meisten weitgehend verschlossen sein dürfte.
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