Pro Weste: Gestrickt, gesteppt und in jedem Fall stilsicher
An der Weste scheiden sich die Geister völlig zu Unrecht. Die eigentliche Frage ist ja, wieso Strickweste, Fleece-Weste, Daunen-Steppweste, Lederweste, Primaloft-Bergsteiger-Weste oder Softshell-Weste erst jetzt so trendig geworden sind.
Welch anderes Kleidungsstück könnte praktischer sein als eines, dessen Ärmel nie zu lang oder zu kurz sein können. Ein Kleidungsstück, das Männer wie Frauen umschmeichelt und ihnen einen schlanken Oberkörper beschert. Eines, das sich immer noch über irgendwas drüberziehen lässt. Dann zum Beispiel, wenn der Kollege im Büro mal wieder ungefragt das Fenster aufreißt oder bei einer Fahrradtour plötzlich eine Gewitterfront aufzieht. Wohl dem, der eine Weste bei sich hat, nirgends wärmt sie besser als unter der Regenjacke.
Der berühmte Künstler und überzeugte Westenträger Joseph Beuys wusste um die Vorteile des Kleidungsstücks. Er machte seine schlabbrige Anglerweste samt Hut zu seinem Markenzeichen, vor allem natürlich, wenn Fotografen zugegen waren. Seine Frau Eva hatte sie ihm genäht. Sie ahnte wohl, wie schick und verwegen zugleich der Künstler in Weste aussehen würde. Boys war seiner Zeit einfach immer voraus - auch in Stilfragen.
In der Jetztzeit gibt es ebenfalls Promis, die als Westen-Botschafter auftreten und selbst den letzten Gegner überzeugen sollten. Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann etwa. Wie er da am Spielfeldrand steht, brüllend, Weste tragend, hach… mal gestrickt, dann gesteppt, in jedem Fall stilsicher und ganz am Puls der Zeit. Vielleicht kann er ohne Ärmel auch besser jubeln, Stichwort Bewegungsfreiheit. Noch so ein Vorteil von Westen.
Contra Westen: Dicke Daunenwesten strahlen eine sonderbare Kälte aus
Westen sind eigentlich nur für eins gut: Man kann sie schnell wieder ausziehen. Für alles andere gibt es eine bessere Alternative. Wozu ist ein Kleidungsstück gut, das bei Kälte die Arme nicht schützt und zu warm ist, um es an T-Shirt-Tagen zu tragen? Es mag eine kurze Zeit im Jahr geben, in der Westen passen. Wie ein befreundeter Westen-Fan mal so schön formulierte: Es ist ein Kleidungsstück, das in einem wahnsinnig kleinen Zeitraum wahnsinnig praktisch ist. Ein Zeitraum, der da wäre: Sonniger Spätfrühling und sonniger Frühherbst. Aber mal Hand aufs Westenherz, wer würde beim platzsparenden Packen zugunsten einer Weste auf eine richtige Jacke verzichten?
Westen seien praktisch, schwärmen Fans im Netz. Da habe man mehr Bewegungsfreiheit. Doch welche Jacken schränken einen derart ein, dass man seine Arme nicht mehr bewegen kann? Zumal in der Übergangszeit die Temperaturen stark schwanken. Ist es zu kalt, zieht es rein, ist es zu warm, lässt sich die Weste nicht um die Hüfte binden. Von der Qualität von Ärmeln mal ganz abgesehen, kann man mit einer Weste nicht mal schnell über den feuchten Tisch wischen oder die Hände in den Ärmeln vergraben.
Natürlich reden wir hier nicht von Schutzwesten, Warnwesten oder Schwimmwesten. Alles wichtige Westen. Auch die feierliche Anzugweste darf bestehen. Eine Freizeitweste dagegen ist bestenfalls Zierde am Körper und keine besonders modische dazu. Daunenwesten bekommen bei Funkenflug übrigens schnell Löcher und senden eine eigenartige Kälte aus. „Dann behalte doch deine Wärme“, möchte man den Tragenden zurufen und sich an jemanden in Cordjacke kuscheln.
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