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Pro und Contra: Von fremden Tellern essen?

Gute Frage

Pro und Contra: Von fremden Tellern essen?

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    Wenn man sich im Leben so vieles teilt, warum nicht das auf dem Teller?
    Wenn man sich im Leben so vieles teilt, warum nicht das auf dem Teller? Foto: Patrick Seeger, dpa

    Pro: Auch am Esstisch gilt – Wer teilt, hat mehr vom Leben

    Hinter dem Horizont des eigenen Tellerrands gibt es so viel zu entdecken; es wäre doch ein Jammer, wenn all die Köstlichkeiten verpassen würde. Also her mit dem Probierhappen!

    Aber es gelten natürlich feste Regeln. Hungriges Pommes-Klauen sowie der Teller auf den Tisch kommt, ist natürlich aufs Strengste verboten. Bestenfalls wird man gefragt, weil das Steak butterzart ist und man unbedingt auch mal probieren solle. Köstlich nicht? Und unter Freunden ist es auch vollkommen okay – das Geschäftsessen oder die schicke Einladung eignen sich vielleicht nicht unbedingt – zu fragen, ob man kurz mal die sensationelle Trüffelmayo dippen dürfe. Es geht ja nicht darum, jemandem die halbe Schweinshaxe wegzuessen, sondern ein Erlebnis zu teilen.

    Die gemütlichsten Abendessen sind doch die, wenn viele Vorspeisen und Gerichte in die Mitte des Tisches gestellt werden und jeder mal dieses und mal jenes probiert, man sich am Schluss gemütlich und glücklich zurücklehnt, weil der Gaumen von vielen verschiedenen Aromen geschmeichelt und gestreichelt wurde. Ganze Kulturen essen aus einem Topf oder das Essen wird aus einem Topf heraus verteilt. Man muss es also mit dem Teller-Separatismus nicht übertreiben. 

    Da man aber nicht immer südländische Tafeln auffahren kann und im Restaurant nun mal jeder seine Vorspeise, sein Gericht bestellt, muss man tellerübergreifend vorgehen. Diese Form der Produktspionage macht jedenfalls viel mehr Sinn, als Bilder von Essen in den sozialen Medien zu teilen. Gibt nun der Knoblauch oder der Ingwer dem Gericht die interessante Note? Wie soll man das beurteilen, wenn man nicht kurz probiert hat. Auch am Esstisch gilt, wer teilt, hat mehr vom Leben. (Doris Wegner)

    Contra: Ganz nach Ihrem Geschmack – das beste Gericht liegt auf Ihrem Teller

    Grundsätzlich ist es so: Essen auf fremden Tellern sieht oft wahnsinnig attraktiv aus. Es ist da wie mit den Kirschen in Nachbars Garten … Ein kleiner, neugieriger Blick nur und schon wird der Mund wässrig, kommt man natürlich auch ins Grübeln. Hat man selbst richtig gewählt? Warum Knödel mit Pilzgulasch, warum nicht Rahmgeschnetzeltes? Man fürchtet also eine Fehlentscheidung, will Gewissheit, wird ein bisschen gierig – will alles! Auch ein bisschen von der Trüffelpasta des Partners oder der Freunde. Denn wenn man sich so viel im Leben teilt, warum dann nicht den Teller …

    Aber – das zumindest kennt man ja von Kant: Was du nicht willst, das man … und so weiter. Bedeutet: Wenn ich zum Beispiel meine Süßkartoffelpommes alleine verzehren möchte, dann muss ich auch Julian sein so ansprechend aussehendes Wiener Schnitzel lassen, darf nicht um ein kleines Stück Lasagne bei Frank betteln, muss Veronika jede einzelne ihrer Käsespatzen zugestehen.

    Das fällt natürlich schwer. Aber, vom Prinzip ist es doch so, beziehungsweise sollte zumindest im besten Fall so sein: Sie bestellen genau das, was Ihrem Geschmack entspricht und was Sie demnach auch essen wollen. Und das erhalten Sie dann in einer für Sie hoffentlich angenehmen und ausreichenden Portion. Und Sie bestellen dieses Essen nicht, damit dann Veronika, Julian oder Frank mit der Gabel auf ihrem Teller herumfuhrwerken, womöglich ganz aus Versehen das beste Stück stibitzen: „Oh, das war jetzt ein bisschen viel vom Zander“. Vertrauen Sie also Ihrer Entscheidung, bleiben Sie stark und widerstehen Sie der Versuchung der fremden Teller – um ganz in Ruhe das für Sie beste Gericht zu verzehren – das eigene. (Stefanie Wirsching)

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