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Pro und Contra: Sprachnachrichten verschicken?

Pro und Contra

Frage der Woche: Sprachnachrichten verschicken?

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    «Bla blabla bla»: Nicht noch eine Sprachnachricht! Laut einer Umfrage wollen 61 Prozent der Befragten lieber Textnachrichten erhalten.
    «Bla blabla bla»: Nicht noch eine Sprachnachricht! Laut einer Umfrage wollen 61 Prozent der Befragten lieber Textnachrichten erhalten. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Pro: Sprachnachrichten sind flexibel und schaffen Nähe zum Gegenüber

    Kurz erzählen, wie die Woche war, wie es in der Arbeit läuft oder welches lustige Malheur einem gerade passiert ist, dafür sind Sprachnachrichten bestens geeignet. Man kann drauf los plappern, wenn es zeitlich passt, und das Gegenüber kann antworten oder den Wortschwall stoppen, wenn ihm danach ist. Audiobotschaften sind die flexibelste Art, um Freunde auf dem Laufenden zu halten ohne sich fünfmal anzurufen und doch zu verpassen oder ausufernde Texte zu tippen. 

    Klar, die Betonung liegt auf kurz. Niemand will stundenlange Selbstgespräche, belanglose Gedankendauerschleifen oder trunkene Botschaft von der letzten Nacht ins Ohr gelallt bekommen. Also lieber vorher überlegen, was man sagen will und wo man gerade steht. Wenn das Gesagte von Baustellenlärm oder Bahnhofsdurchsagen übertönt wird, kommt beim Zuhörenden auch nichts an. Aber wer seine Gedanken sortiert und eine Sprachnachricht verschickt, sagt mehr in weniger Zeit, denn Worte sind schneller gesagt als getippt. 

    Statt im Laufen noch hektisch ein "Slorry, brin untewegs" ins Wortfeld zu hacken und über die Bordsteinkante zu stolpern, lieber kurz durchatmen und eine Entschuldigung mit Bus-zu-spät, Bin-gleich-da und Freue-mich in den Hörer hecheln. Das schafft mehr Verständnis als fünf Affen-Emojis, die sich vor Scham die Hände vors Gesicht halten. In der Sprachnachricht schwingt das schlechte Gewissen gleich mit, überhaupt schafft sie mehr Raum für Zwischentöne. War das jetzt ironisch gemeint, liegt Traurigkeit in der Stimme, ist die Freundin noch sauer? Subtile Botschaften gehen getippt verloren, im Gesprochenen aber klingen sie durch. Sprachnachrichten schaffen Nähe zum Gegenüber und wer weiß, vielleicht nimmt man dann auch schneller mal das Telefon in die Hand und ruft an. (Felicitas Lachmayr)

    Contra: Nicht erreichbar ist keine Option mehr

    Es ist doch immer das Gleiche. Eine neue Sprachnachricht geht ein, wird für später zum Anhören gemerkt. Später, ein unbestimmter Zeitpunkt. Am Abend, oder in drei Tagen? Wie hoch mag wohl die Zahl der Memos sein, die seit Wochen in den Chatverläufen derer vergammeln, die einfach keinen Bock auf fünf Minuten "Ähm, genau, was wollte ich denn noch" haben. Sprachnachrichten haben ein Ablaufdatum. Sind irgendwann nicht mehr relevant.

    Während die Nachricht also langsam vor sich hinrottet, wächst das schlechte Gewissen der Person, die es immer noch nicht geschafft hat, auf Play zu drücken. Daran ändert auch die Innovation "doppelte Geschwindigkeit" nichts. Schließlich müsste man dann ja auch zweimal so schnell Notizen machen, um später antworten zu können. 

    Seit der Geburt der Sprachnachrichten stirbt der Anruf. Was war so schlecht daran, einfach durch zu klingeln? Miteinander zu sprechen. Nicht darauf achten zu müssen, dass das Gesagte nicht zu lang wird. Nicht im Nachgang versucht zu sein, seine eigene Nachricht anzuhören und sich dabei nie an den Klang der eigenen Stimme zu gewöhnen. Nicht während der Autofahrt von der vermeintlich besseren – wenn auch genauso strafbaren – Variante der Memo Gebrauch zu machen. Ruf doch einfach an! Wer gerade keine Zeit hat, geht auch nicht hin. 

    Halt – nicht erreichbar ist ja keine Option mehr. Abgeladen wird trotzdem – ob man will oder nicht. Gedanken, Gefühle, das Rauschen des vorbeifahrenden Busses, die Ansage des Lokführers. Danach hat niemand gefragt. Wenn etwas wirklich drängt, tut es übrigens auch ein kurzer Text – den muss zumindest nicht das ganze Büro mithören. (Manuela Müller)

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