Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten
Gesellschaft
Icon Pfeil nach unten

Pro und Contra: Frage der Woche: Mit Kollegen auf den Weihnachtsmarkt gehen?

Pro und Contra

Frage der Woche: Mit Kollegen auf den Weihnachtsmarkt gehen?

    • |
    Mit den Kollegen auf den Weihnachtsmarkt gehen oder den Feierabend lieber privat verbringen?
    Mit den Kollegen auf den Weihnachtsmarkt gehen oder den Feierabend lieber privat verbringen? Foto: Jonas Walzberg, dpa (Symbolbild)

    Pro: Der Weihnachtsmarkt stärkt den Teamgeist

    Gemeinsam die Tanne im Wohnzimmer schmücken. Heiligabend zelebrieren im Schimmer der Christbaumlichter. Dazu Ringelpiez um den selbst gebundenen Adventskranz mit familiärer Hausmusik. Das ist die eine Seite der Vor- und Hauptweihnachtszeit, die private, besinnliche, für Familie und Wahlfamilie. Und die andere Seite? Die bietet der Weihnachtsmarkt, als öffentliche Freiluft-Bühne der Adventslaune. Und in dieses glühweindunstige Gewusel darf man sich ruhig auch mit Menschen stürzen, die man weder Freund noch Familie nennt – sondern Kollege, Kollegin. Denn zwischen Schupfnudel- und Honigkerzen-Bude offenbart sich die Wahrheit. 

    Da erfährt man, dass der feine Chef in Nadelstreifen privat ein Chef-Heimwerker, ja ein Jean Pütz ist, der sich seine Krippe selbst schnitzt. Dass die neue Büronachbarin für ihre Kinder (wusste ja gar nicht, dass sie Nachwuchs hat) dringend Süßes als Beute vom Markt heimbringen muss – und der stille Horst aus der Buchhaltung eigentlich ein Feierbiest ist. Merken Sie's? Es menschelt. Und was könnte kostbarer sein, zur Weihnachtszeit? 

    An den Arbeitsplätz(ch)en weltweit spielt sich täglich ein großes Kino ab, ein Rollenspiel: Otto Normalbürger verwandeln sich zum Herrn Studienrat, zur Frau Dipl. Ing. oder CEO. Jeder kennt die Angst, vor solchen Kollegen zu privat zu werden. Oder die Sorge, im Stehen einzuschlafen, wenn man am Markt dann doch nur über Geschäftliches palavert. Aber es hilft dem Teamgeist, die Kollegen etwas besser zu kennen, ihre Wünsche, ihre Themen, ihre Stärken. Networking? Glühweindrinking! Das ist ein Meeting, aber ohne Tagesordnung. Auf neutralem Boden, mit Fluchtwegen, aber auch Adventsherzenswärme.

    Contra: Ungezwungenheit gehört zum Weihnachtsmarkt dazu

    Die Weihnachtsmärkte sind eröffnet und laden dazu ein, zu bummeln, abzuschalten und den Alltag hinter sich zu lassen. Das alles mit Gesprächen über die Arbeit verderben? Bitte nicht. 

    Denn mal ehrlich, es ließe sich in so einem Fall nicht vermeiden, die eine Gemeinsamkeit anzusprechen, die alle haben: den Job. Klar ist es interessant wie stresslindernd, sich über die unbequemen Stühle, die strenge Chefin oder das wieder mal versalzene Curry in der Kantine auszutauschen. Aber dafür gibt es das gemeinsame Mittagessen oder die Kaffeepause – im Büro. Wer sich schon mal mit Arbeitsbekanntschaften in privatere Gefilde getraut hat, wird bemerkt haben: Es ist ein wenig wie Theaterspielen. 

    Egal, wie gut man sich mit seinen Berufsgenossen versteht – in der Rolle des Kollegen bleibt immer ein kleiner Rest an Distanziertheit, den man einfach nicht loswird. Vielleicht schießt einem ein Witz durch den Kopf und man hält sich zurück, aus Angst, dass er zu weit geht. Oder man möchte eigentlich Frust loswerden, voller Euphorie das gestrige Fußballspiel Revue passieren lassen oder drei statt nur einen Glühwein trinken. Ist das jetzt angemessen? Schon steckt man selbst – und alle anderen Anwesenden natürlich auch – in einem Teufelskreis aus Hinterfragerei und Zurückhaltung. 

    Und das ausgerechnet auf dem Christkindlmarkt, wo es anstrengend genug ist, seine Tasse unverschüttet durch die Mengen zu manövrieren, sich nicht den Mund an der heißen Bosna zu verbrennen und nicht schon wieder in einen weihnachtlichen Deko-Gegenstand zu investieren. Der Weihnachtsmarkt sollte ein Ort der Ungezwungenheit bleiben, eine rettende Blase in der vorübergehenden Schnödheit des Alltags. Wer unbedingt Weihnachten und Arbeit vereinen will, kann das auf der internen Weihnachtsfeier tun. (Bianca Dimarsico)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden