Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten
Gesellschaft
Icon Pfeil nach unten

Pro und Contra: Frage der Woche: Eiswürfel in den Wein?

Pro und Contra

Frage der Woche: Eiswürfel in den Wein?

    • |
    Rein ins Glas? Rein in den Wein? Manche Weinliebhaber halten das für eine Sünde.
    Rein ins Glas? Rein in den Wein? Manche Weinliebhaber halten das für eine Sünde. Foto: Barbara Walton, dpa

    Pro: Schluss mit dem Bierernst im Wein!

    Da gluckst die Flasche und leise rieselt der Wein: Das Tischoberhaupt hält das erste Glas ins Sonnenlicht, schwenkt und schnüffelt. Schlürft ein, spuckt aus. Wie ein zertifizierter Franzose nickt er dem Kellner, und dann steht sie auf dem Tisch der Festgemeinde: Die idealtemperierte Flasche Wein, im urnenförmigen Kühlhaltegefäß. Liebe Gäste, wir haben ihn erreicht: den Gipfel des „Sich-was-gönnens“ unter Kennern, die den Fusel wie den Teufel meiden. Aber: Die Aussichten auf leichte Laune? Auf puren Spaß? Scheinen jetzt so trüb wie ein Federweißer. Die Gesamtstimmung: dezent unterkühlt. Doch die gute Nachricht: Dieser Bierernst im Wein, der lässt sich auflösen und verdünnen. Mit Eiswürfeln im Glas! 

    Wie? Da fällt Ihnen das Monokel in die Obervöhringer Vogelspinne? Aber – wenn man einmal Jahrhunderte der Winzerkultur aus dem Gedächtnis vergisst und Bacchus einen braven Mann sein lässt – sieht das doch manierlich aus: Wie Eisberge schwimmen sie im Wein, zergehen in Cocktail- und Sommer-Schorle-Laune.

    Eis erfrischt bei Hitze. Und wenn es mal nicht zum Chateau Lafite-Rothschild reicht, gezapft zu Napoleons Zeiten, ist die Würfelbeigabe auch kein Frevel. Eis rein, wohl sein: Das mildert den Frontalangriff auf die Geschmacksnerven. Verdünnte Säure, gekühlte Zunge, kaltgestellte Geschmacksnerven. Als demokratische Beigabe macht der Eiswürfel die Sorten gleich. Merlot? Zweigelt? Oder doch Lambrusco? Ach, was juckt das den Glücklichen, der am Eiswürfel lutscht. 

    Ja, natürlich: Es ist eine edle Kunst, feinzuschmecken. Kopfnote! Tannine! Abgang! Applaus! Aber wer erträgt es schon im Leben, immer nur den reinen Wein eingeschenkt zu bekommen?

    Contra: So geht man nicht mit feinen Aromen um

    Vorneweg: Niemand sollte lauwarmen Riesling trinken müssen, keiner badewasserwarmen Chianti. Man serviert ja schließlich auch kein kaltes Risotto oder zerlaufenes Stracciatella-Eis. Und was wird da für ein Bohei um die perfekte Kerntemperatur von Steaks gemacht: Bitte einmal medium, aber mehr in Richtung rare als well done. Kurzum, bevor jetzt hier gleich wieder das Bild vom versnobten Weintrinker heraufbeschworen wird: Auf die richtige Temperatur kommt es beim Essen und Trinken irgendwie schon an. Sind sich da alle einig? Fein. Dann also zum Wein im Speziellen. Da verhält es sich so: Jedes Mal, wenn Eiswürfel in ein Glas Wein purzeln, stirbt irgendwo auf der Welt ein Sommelier. Natürlich ist das jetzt starker Tobak, aber den Sommelier fröstelts tatsächlich, wenn er Zeuge desgleichen wird. Warum: Weil man so nicht mit feinsten Aromen umgeht, mit solch einer Kälte. Weil dann das ganze Geschmackserlebnis verwässert ist, im Übrigen der billige Flachwein dann nach gar nichts mehr schmeckt. Weil so ein Vorgehen den Mühen der Winzerin nicht gerecht wird, die das letzte bisschen Terroir noch herauskitzeln will. Und: Weil es doch auch Alternativen gibt! Zum Beispiel, ähem, wirklich simpel: Den Wein davor kühlen! Also im Kühlschrank zum Beispiel. In Weinkühlern, das kann auch eine Schüssel gefüllt mit Eis sein. Oder mit der für wenig Geld erstandenen Kühlmanschette für die Flasche, die man davor ins Eisfach legt. Was aber, wenn man nun im Restaurant ist? Dann bitte den warmen Wein zusammen mit dem kalten Risotto und dem well done-Steak zurück gehen lassen. Und im Biergarten, bei Freunden? Kippen Sie einfach kalten Sprudel hinein, dann haben sie immerhin eine Schorle, die schön sprudelt. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden