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Pro und Contra: Die Frage der Woche: WM in Katar schauen?

Pro und Contra

Die Frage der Woche: WM in Katar schauen?

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    Ab dem 20. November rollt der Ball bei der WM in Katar.  Schauen oder nicht schauen, das ist die Frage,
    Ab dem 20. November rollt der Ball bei der WM in Katar. Schauen oder nicht schauen, das ist die Frage, Foto: Christian Charisius, dpa/dpa-tmn

    Pro: 90 Minuten reine Fußballfreude sei vergönnt

    Natürlich ist es falsch, die Weltmeisterschaft im Fernsehen zu verfolgen. Letztlich kann nur ein gesunkenes Interesse die Fifa überzeugen, künftige Turniere nicht in Länder zu vergeben, die Menschenrechte als lässliche Fußnote der Geschichte begreifen. Selbstverständlich ist auch der Verzehr von Fleisch aus Massentierhaltung grundverkehrt, ebenso der Antritt einer Flugreise. „Kognitive Dissonanz“ nennt sich in der Wissenschaft der Zustand, wenn unterschiedliche Wahrnehmungen nicht miteinander vereinbar sind. Der Mensch nun ist ein Genie darin, diese Dissonanz zu überwinden. Er raucht, obwohl er weiß, dass es ihn schädigt. Es gibt kein einziges gutes Argument, diese Weltmeisterschaft anzuschauen. Es ist schlicht die reine Freude daran, Fußballspiele zu verfolgen. Reine Freude allerdings ist schon auch ein erstrebenswertes Gut.

    Wem es nun also Spaß bereitet, den besten Fußballern der Welt beim Kicken zuzuschauen, dem (oder der) sei das herzlich vergönnt. Fußball setzt Emotionen frei, schafft Gemeinschaftsgefühl. Das alles ist bekannt. Das wiegt natürlich nicht die tausenden Gastarbeiter in Katar auf, die für einen freudvollen Torschrei gestorben sind. Die Fans aber sind nicht verantwortlich für das Leid. Den Fernseher anzuschalten hat auch keine direkten Konsequenzen auf die Situation in Katar. Es schadet freilich nicht, sich aber immer wieder zu vergewissern, unter welchen Umständen diese WM stattfindet. Dass die Fifa Zuschauerinteresse als eine Währung betrachtet, mit der sich Turniere in autoritäre Staaten verkaufen lassen. Während 90 Minuten kann und soll das ausgeblendet werden. Davor und danach aber darf man sich schon wundern, wie diese Dissonanz schon wieder aufgelöst wurde.

    Contra: Keine Minute Aufmerksamkeit für diese WM

    Keine Minute Aufmerksamkeit für diese WM. Der Ehrlichkeit halber muss ich zugeben, dass ich zum Sport-Typus „Event-Fan“ zähle, der sich von der allgemeinen Begeisterung im Umfeld anstecken lässt. Doch bei dieser WM besteht für Menschen wie mich keine Ansteckungsgefahr – weil die ganze Fußballnation Deutschland nicht ins Fiebern geraten ist.

    Wie denn auch? Diese WM wurde in die hektische Winter-Weihnachtszeit mit aller Macht hineingespreizt. Public Viewing in Deutschlanddaune auf dem Weihnachtsmarkt? Echt jetzt? So entstehen keine Wintermärchen – zumal die Vorzeichen denkbar schlecht sind. Bei dieser WM geht es nicht darum, ein internationales, möglichst buntes Sportfest zu feiern, sondern darum, einem mächtigen Sponsoren einen Prestigegewinn zu ermöglichen. Koste es, was es wolle.

    Sollte es noch einen Beweis brauchen, das sportliche Großereignisse politisch missbraucht werden, dann wäre er hiermit final erbracht. Seit Jahren steht das Gastgeberland Katar in den Schlagzeilen, wie gravierend in diesem Land Menschenrechte missachtet werden. Tausende Gastarbeiter sollen beim Bau der Stadien ums Leben gekommen sein – offiziellen Angaben zufolge waren es knapp 50! Journalisten wurden Antworten auf kritische Fragen verwehrt, die Berichterstattungen gegängelt – was dennoch an die Öffentlichkeit geraten ist, hat die Selbstherrlichkeit des Emirats aber mehr als enttarnt …

    In Katar ist die Falkenjagd Nationalsport. Für Fußball interessieren sich die wenigsten. Wann hört dieser Wahnsinn endlich auf, milliardenteure Sportereignisse in Ländern auszutragen, deren Herz ganz woanders schlägt?

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