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Pro und Contra: Die Frage der Woche: Mit Kind in die Konferenz?

Pro und Contra

Die Frage der Woche: Mit Kind in die Konferenz?

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    Jüngster Konferenzteilnehmer im Bundestag: Der 15 Monate alte Sohn von Anton Hofreiter.
    Jüngster Konferenzteilnehmer im Bundestag: Der 15 Monate alte Sohn von Anton Hofreiter. Foto: Foto: David Cliff, dpa

    Pro: Neue Menschlichkeit im Arbeitsalltag

    Was tun? Die Kinder in den Keller sperren? Aussetzen? Oder doch mit in die Arbeit nehmen? Trotz der wichtigen Konferenz? Aber natürlich!

    Wir sind keine Jobroboter, sondern Menschen mit Sorgen und Nöten. Und es gibt sie nun mal diese schrecklichen paar Tage im Jahr, die sich einfach nicht organisieren lassen. Kita im Streik, die Oma beim Arzt und auch die Freunde und Freundinnen können nicht einspringen – schöner Sch …

    Nun also Jubel für Anton Hofreiter. Sitzung in Bundestag geleitet mit Sohn auf dem Schoß. Großer Medienwirbel! Für Eltern ist dies längst Alltag. Seltener der Bundestag, häufiger der Stress: wohin nur mit dem Kind? Ohne, dass dies jetzt beleidigt klingen soll, dafür interessiert sich nur keiner. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist noch immer ein Stresstest. Aber wenn Corona irgendetwas Gutes bewirkt hat, dann das neue Verständnis dafür, dass Kinder in eine Video-Konferenz platzen oder Zuhörer auf dem Schoß der Mutter und des Vaters sein dürfen – ohne, dass böse gezischelt wird („Die haben es ja wohl nicht so im Griff!“). Und siehe da, die Kurzen haben sich gut benommen. Und die Arbeitskraft der Eltern hat darunter nicht gelitten.

    Warum also diese neue Menschlichkeit im Arbeitsalltag wieder aufgeben, die einer modernen Gesellschaft so gut steht. Natürlich ist die Firma nicht der Kita-Ersatz und die Kollegen nicht die Supernanny. Aber wenn die Anforderungen im Job ständig steigen, Eltern auch am Wochenende die Mails checken oder ein Papier vorbereiten, dann dürfen sie auch Verständnis dafür erwarten, dass sie ihre Kinder nicht in den Keller sperren werden, wenn mal wieder keine Lösung für deren Betreuung in Sicht ist.

    (Doris Wegner)

    Contra: Kinder haben in trostlosen Sitzungen nichts verloren

    Ist schon klar, hübsches gesellschaftliches Signal, das der allerguteste Anton Hofreiter da irgendwie symbolisch ins Social-Media-Bild der Welt platziert hat und niedliches persönliches Zeugnis dazu, dass er neben seiner aktuell vorherrschenden Funktion als Waffenbruder sich auch Zeit fürs Papa-Sein nimmt. So ist der grüne Image-Coup mit wallendem Haar gelungen – ob es die Sitzung, die dafür herhalten musste, auch war, davon ist wenig zu erfahren. Um mal einen nicht besonders gewagten Tipp abzugeben: wahrscheinlich weniger. Aber darauf kommt es bei Sitzungen dann ja auch offenbar nicht mehr an, Twitter-taugliche Signale sind wichtiger.

    Bloß: Was zeigt sich da eigentlich? Dass sich Männer, selbst wenn sie Politiker sind, heutzutage um ihre Kinder kümmern, inzwischen sogar mal die Grenzen zum Beruflichen damit überschreiten und aus Betreuungsnot oder Hingabe samt Kinderwagen vorgefahren kommen? Wow, Wahnsinn! Ohne den vorbildhaftesten Anton Hofreiter wäre der längst Alltag gewordene Rollenwandel sicher unbemerkt, unterrepräsentiert geblieben …

    Und dann muss man ja auch mal sagen: Es gibt nun wirklich kaum etwas trostlos Erwachsenenweltmäßigeres als Sitzungen. Vom Notwendigen, das es möglichst stringent zu bewältigen gilt, sind die längst zum ausufernden Übel geworden, weil die Sprechzeit dort immer mehr mittleres Management als Arbeitsnachweis und Daseinsberechtigung braucht. Siehe auch Politik. Was sollen in dieser Sphäre, die also an sich schon schwer genug aufs gebotene Sachliche und Rationale zu fokussieren ist, denn auch noch Kinder? Das Ganze vollkommen sprengen und lächerlich machen? Ausnahmen im Notfall bestätigen die Regel, aber die Regel muss lauten: Kinder haben in Sitzungen nichts verloren.

    (Wolfgang Schütz)

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