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Mode: Gekauft für die Ewigkeit: Unsere Lieblingsstücke

Gekauft für die Ewigkeit: Unsere Lieblingsstücke
Mode

Gekauft für die Ewigkeit: Unsere Lieblingsstücke

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    Der schrägste Knaller
    Der schrägste Knaller Foto: Mercan Fröhlich

    Die Geschichte meiner Lieblingshose gleicht einer Odyssee: Am Anfang war da ein grün-karierter Stoff aus Wien und ein Hosenschnitt Größe 48. Als dann die Schneiderin meines Vertrauens alles das erste Mal zusammengeheftet hatte, war klar: Dieses 48 ist so Slim Fit, dass mein 48er Unterkörper dort nie hineinpassen wird, nicht einmal nach dem Hinzufügen von zwei Galonstreifen.

    Die Hose fristete über Jahre ein Tütendasein im Regal, und immer, wenn ich sie einmal in den Händen hielt, kam Trauer auf. Was hätte das werden können: ein Knaller, das schrägste Teil von allen, aber eben auch ein ewiger Konjunktiv. Bis Corona kam, aus dem Gelegenheitsläufer ein Dauerläufer wurde, plötzlich Kilos verschwanden, von denen ich nie wusste, dass sie je dagewesen sind. Und eines Abends, als die Hose von der traurigen Gestalt sich wieder einmal beim Räumen zeigte – passte sie plötzlich. Ungläubiges Staunen, die reine Vorfreude, mein Lieblingsstück, seit sie fertig genäht ist. Ein Unikat mit langer Vorgeschichte. Richard Mayr

    Der Schal mit Pinguinen
    Der Schal mit Pinguinen Foto: Veronika Lintner

    Ein Schal für antarktische Winter? Nein, dafür ist der Stoff zu dünn. Ein modisches „Statement-Piece“ gegen den Klimawandel? Nein, dafür ist das Motiv zu harmlos. Kleidung mit possierlichem Tiermuster, für eine Frau Ü30? Zugegeben, vielleicht etwas kindisch. Und trotzdem liebe ich mein Pinguin-Halstuch. Zwei Menschen, die mir wichtig sind, haben mir den Schal geschenkt. Beste Freunde eben, die wissen, dass ich diese fluguntauglichen Vögel vergöttere. Pinguine bewegen sich an Land circa so elegant wie ich selbst, mit meinen sportfaulen Tollpatschfüßen. Aber die Tiere sind treu, leben in Kolonien und wenn ich mir das Tuch im Frühling um den Hals wickel, denke ich an meine Freunde. Die leben zwar nicht in der Antarktis, aber immerhin in Regensburg und unser guter Draht hält über knapp 150 Fahrtkilometer. Dabei fehlt mir – im Gegensatz zum Pinguin – sonst oft das Talent, Kontakte sorgsam genug zu pflegen. Wir planen gerade sogar eine gemeinsame Urlaubsreise. Ziel: Südpol! … nein, Quatsch, Südschweden – aber das Halstuch muss mit. Veronika Lintner

    Die Gondoliere-Schuhe
    Die Gondoliere-Schuhe Foto: Birgit Müller-Bardorff

    Die venezianischen Gondoliere tragen sie zur Arbeit, ich schlüpfe nach Feierabend hinein: in meine Furlane, die bequemsten und schönsten Schuhe der Welt. Am besten barfuß, denn das weiche weiße Baumwollfutter schmeichelt – und ich schwöre: nie war dieses Wort zutreffender – den Füßen. Wie heimkommen eben. Dazu die Sohle aus Fahrradreifen, die nicht nur rutschfest, sondern auch nachbarfreundlich leise ist – einzigartige Schleicher, die auch noch das Parkett schonen.

    Und erst das Design: Klassisch ist natürlich schwarzer Samt, meine sind lila, und weil mir die Wahl so weh tat zwischen all den Regenbogenfarben, die in den Regalen des kleinen Schuhgeschäftes hinter der Rialto-Brücke leuchteten, brachte ich die purpurroten, türkisen, dunkelgrünen und honiggelben dem Rest der Familie als Mitbringsel mit. Auf die Idee, mich selbst gleich mit mehreren einzudecken, bin ich leider nicht gekommen, denn salonfähig sind sie jetzt leider nicht mehr – heiß geliebt aber trotzdem noch. Birgit Müller-Bardorff

    Das laufende Bett
    Das laufende Bett Foto: Doris Wegner

    Soll man das wirklich alles erzählen? Mein oranger Daunenmantel ist ein bisschen dreckig, weil einige Flecken nicht mehr rausgehen. Und er ist sehr, sehr alt. Die Farbe ist verrückt, könnte aus den 70er Jahren sein. So alt ist der Daunenmantel aber doch nicht. Aber sehr viele Jahre, okay zugegeben Jahrzehnte hat dieses Lieblingsstück inzwischen auf dem Buckel.

    An dieser Stelle könnte ich jetzt ein bisschen mit Nachhaltigkeit angeben, die schlichte Wahrheit aber ist: Ich bin verfroren. Wahrscheinlich hätte ich mich schon vor einiger Zeit von meinem orangen Daunenwunder getrennt, aber es ist nun mal der wärmste Mantel, den es gibt. Deswegen heißt er auch: das laufende Bett. Sowie es eisig kalt wird, pfeife ich auf Eitelkeiten, gehe in den Keller und hole das alte Ding aus dem Schrank, denn nur mit ihm sind Minustemperaturen überhaupt auszuhalten. Es ist eine verrückte Liebe, aber sie wird Winter für Winter wieder aufgefrischt. Dieses Jahr habe ich einen Riss im Innenfutter entdeckt. Ach, ein Winter geht schon noch … Doris Wegner

    Genannt "das Sofa"
    Genannt "das Sofa" Foto: Stefanie Wirsching

    Warum man damals in der vom Hauptgeschäft abgetrennten Kinderecke gelandet ist, keine Ahnung mehr. Über zwanzig Jahre her. Schicksal? Nein, nein, nun nicht übertreiben. Es geht nur um einen Anzug! Aber besonders schön natürlich, ein ganz samtig-weicher Stoff mit Brokatmuster. Entworfen offenbar für starke spanische Teenager. „Aber wissen Sie, mit Stretch und sehr dehnbar“, so in etwa hat das die Verkäuferin damals gesagt. Nach der Anprobe sofort eingetütet. Wann bitteschön hat nämlich eine Frau mit Größe 38/40 schon einmal die Gelegenheit rehleinhaft zu sagen: Ach, stell dir vor, eine Kindergröße, hahaha. Aber was ihn eigentlich natürlich ausmacht: Er sieht anders aus als alles andere im Kleiderschrank. Unersetzbar, einzigartig, die spanischen Teenager nämlich haben ihn sicher längst entsorgt. Er knittert nicht, ist alltags- und festtagstauglich. Dabei gemütlich. Ein Kollege nennt ihn „das Sofa“, weil er auch als Couchbezug etwas hermachen würde. Die Verwandtschaft begrüßt ihn bei Feiern wie einen guten, alten Freund. Genau das aber ist er. Stefanie Wirsching

    Die zweite Haut
    Die zweite Haut Foto: Edith Heindl

    In einer Einkaufspassage habe ich sie 2000 in Brüssel erstanden. Der Flug war teurer als alles, was ich dort beinahe oder tatsächlich gekauft habe. Nicht die Empirelampe in der Hubertus-Passage, auch nicht die Bluse von Vivienne Westwood, sondern die schlichte grüne Lederjacke hat mich nach Hause begleitet.

    Seitdem habe ich sie fast nicht mehr ausgezogen. Ein Label, das man, wenn man es jetzt googelt, nicht findet. Kein Wunder. „Outer edge“ heißt „äußerer Rand“, von was auch immer.

    Grünes Leder wurde zu meiner zweiten Haut, zu meiner Vertrauten. So lange, bis ich realisierte, dass auch sie vergänglich ist und mir Ersatz zugelegt habe. Um sie zu schonen, nicht weil sie vielleicht outdatet war. Das hat mich nie interessiert. Auch grün, der „Schwarze Schwan“, so die Übersetzung des neuen Labels.

    Aber auch eine zweite Haut aus grünem Leder kann man nicht einfach auswechseln und ablegen, so wie auch die Abenteuer und Geheimnisse nicht, die sie über 20 Jahre mit mir teilt, selbst an den Außenkanten des Lebens. Edith Heindl

    Lila! Gelb! Mit Bananen!
    Lila! Gelb! Mit Bananen! Foto: Lea Thies

    Dieser Pullover war eigentlich Quengelware, als er da im Kassenbereich lag. Ein Kauf im Ausnahmezustand – vielleicht erklärt das auch die modische Ausnahme in meinem Kleiderschrank. Nun ja. Es war jedenfalls so: Das Kleid, das ich eigentlich im Mai 2019 auf einer Hochzeit in Kopenhagen tragen wollte, sorgte eine Stunde vor Aufbruch doch nicht mehr so für Outfit-Hygge. Also schnell mit dem Rad zum Power-Anprobieren im Lieblingsladen – die Klamotten flogen förmlich in die Kabine.

    Nach zehn Minuten war dann alles vorbei. Wunderbaren Anzug gefunden, happy, ab zum Zahlen – und plötzlich blieben die Augen an etwas Knalligem in der Auslage neben der Kasse kleben. Lila! Gelb! Mit Bananen! So schräg, dass es schon wieder toll war. Ich dachte an Andy Warhol, sein legendäres Bananencover für Velvet Underground, an den kleinen Lila-Fan daheim und nahm den Pulli einfach mit. Und siehe da: Die Quengelware mutierte zum Gute-Laune-Stück – ich zähle nicht mehr, wie viele Menschen sich schon über Bananen (!) auf Lila (!) gefreut haben. Lea Thies

    Teddys an den Füßen
    Teddys an den Füßen Foto: Stefan Dosch

    Wandel gehört zum Wesen von Lieblingen, beim Outfit auf jeden Fall, somit auch bei Schuhen – sie kommen, sie gehen, je nach Modekonjunktur. Bei dem Paar hier war es anders, es ist geblieben. Gekauft vor 17 Jahren für einen Aufenthalt in Rom, erwiesen die beiden sich für den angedachten Zweck, problemlos auf dem antiken Pflaster der Ewigen Stadt unterwegs zu sein, als heilloser Fehlkauf: einmal die Via Nazionale runter und wieder rauf, und schon lachten die Blasen an den Füßen – zu dünn, zu hart die Sohle. Zuhause zeigten die Schuhe allerdings Qualitäten. Rasch ist man drin, ruckzuck wieder draußen, und dass man dafür kein Hilfswerkzeug benutzt, nehmen sie einem noch immer nicht übel. Wenn am Abend noch etwas Stärkendes aus dem Keller gebraucht wird, wenn die Paketpost an der unteren Tür klingelt, dann stehen die vor der Wohnung geparkten Slipper parat, und den paar zu überwindenden Stockwerken denkt der Fuß auch nicht an Blasen. Mittlerweile ähneln die beiden dem Aussehen viel geliebter Teddys. Aber so sehen Lieblinge nun mal aus. Stefan Dosch

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