Künstliche Intelligenz wird die Arbeitswelt durcheinanderwirbeln. Weltweit könnte sie nach Einschätzung der US-Investmentbank Goldman Sachs 300 Millionen Jobs gefährden. Allein in Deutschland sind laut einer eben vorgestellten Studie des McKinsey Global Institute (MGI) drei Millionen Arbeitsstellen bis 2030 von einer Veränderung betroffen. Aber was sind das für Jobs? Am Ende der eigene? Mit den neuen Systemen wächst das Unbehagen, denn manche Tätigkeiten erledigen sie schon jetzt besser und schneller als Menschen. In Zukunft könnten sie ganze Jobfelder übernehmen – mit Folgen für die Arbeitswelt. KI könnte Fahrzeuge steuern oder Krankheiten diagnostizieren. Aber was bedeutet das für die Berufswahl und wie sicher sind solche Prognosen?
"Jede Form der Wahrsagung sollte hinterfragt werden", sagt Daniel Abbou, Geschäftsführer des KI-Bundesverbands. Zu behaupten, ein bestimmter Beruf wird aussterben, sei gewagt. Man könne Trends erkennen, mehr aber auch nicht. "Es gibt Menschen, die glauben, KI wird die Welt beherrschen", sagt Philipp Brune, Forschungsprofessor für das Gebiet Natural Language Processing an der Hochschule Neu-Ulm. Und dann gebe es Menschen, die glauben, KI habe für sie keine Bedeutung. "Die Wahrheit liegt in der Mitte." Dann also mal versuchen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
Mit ChatGPT ging der Hype um künstliche Intelligenz los
Der Hype um künstliche Intelligenz ging mit ChatGPT los. Diesen sogenannten Chatbot veröffentlichte das US-amerikanische Softwareunternehmen OpenAI im November 2022. Es handelt sich um generative KI, die darauf ausgelegt ist, neue Inhalte in Form von geschriebenem Text, Audio, Bildern oder Videos zu erzeugen. Seit eineinhalb Jahren kann sich also jeder und jede online Texte schreiben, Bilder generieren oder Antworten auf alle möglichen Fragen geben lassen.
Künstliche Intelligenz an sich ist aber nichts Neues, das sei vielen Menschen nur nicht bewusst, sagt Philipp Brune. Schon zuvor war KI Teil des alltäglichen Lebens. Der Einpark-Assistent im Auto funktioniert mit KI, genauso wie die Gesichtserkennungsfunktion beim Entsperren des Smartphones. Auch für Übersetzungsprogrammen wie Google Translate braucht es künstliche Intelligenz.
Aber zurück in die Berufswelt: Die grobe Entwicklung lässt sich dem Geschäftsführer des KI-Bundesverbands zufolge aus der Geschichte herleiten. "Neue Berufe werden kreiert, alte sterben", sagt Abbou. Das sei Teil der Weiterentwicklung, mit oder ohne KI. Betrachte man die Geschichte, seien immer schon Berufe ausgestorben, sagt auch der Ökonom Jens Südekum. Aber: "80 Prozent der Jobs des heutigen Beschäftigungsmarktes waren 1950 nicht bekannt." Er glaubt, dass sich diese Entwicklung mit künstlicher Intelligenz wiederholen und möglicherweise beschleunigen wird. "Es gibt mehr einen Umbruch als einen Einbruch der Jobs."
Die Angst vor dem Neuen ist so alt wie die Menschheit. Werden Technologien entwickelt, löst das Südekum zufolge immer eine Debatte aus. Die Sorge wächst, dass Jobs von Maschinen übernommen werden und Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Auf die KI-Systeme gebe es aber auch andere Reaktionen: "Heute ist es anders als früher, die Rahmenbedingungen haben sich geändert", sagt Südekum. Durch den Fachkräftemangel seien manche Menschen froh, wenn künstliche Intelligenz Arbeiten übernehmen kann.
KI in der Arbeitswelt: Warum manche Studien nicht seriös sind
Wie das genau in Zukunft aussehen könnte, wurde in einigen Studien analysiert. Südekum hält die Untersuchungen aber teilweise nicht für seriös. Denn dabei wurden Jobs in ihre einzelnen Tätigkeiten aufgeteilt. Dann analysierten Expertinnen und Experten, welche dieser Arbeiten die KI ausüben kann. Diese Entscheidung sei zum Teil aus dem Bauch heraus getroffen worden. "Dabei kam heraus, dass zwei Drittel der Berufe Aspekte haben, die von der KI übernommen werden könnten", sagt der Ökonom. So seien "reißerische Zahlen" entstanden, die den Anschein erwecken, etliche Jobs seien bedroht.
In anderen Studien wurden Unternehmen zur möglichen Nutzung von KI befragt. Dabei hätten einige Firmen angegeben, sie würden Arbeitsstellen reduzieren, wenn künstliche Intelligenz die Aufgaben der Beschäftigten übernehmen kann. "Aber es gab auch Unternehmen, die dann an anderer Stelle Jobs schaffen müssten", sagt Südekum. Das Ergebnis der Befragungen: Insgesamt könnten sogar mehr Stellen geschaffen als eingestampft werden. Allerdings werden die neuen Berufe andere Qualifikationen fordern. Jemand, der zuvor Sachbearbeiter war, werde nicht mal eben IT-Spezialist.
Auch wenn Prognosen nicht sicher sind: Ein Blick in die Zukunft lohnt sich, gerade für junge Menschen, die entscheiden müssen, welchen Job sie ergreifen wollen. Das zumindest findet Philipp Brune von der Hochschule Neu-Ulm. "Ich würde darauf achten, welche Berufsfelder ein hohes Potenzial haben, automatisiert zu werden." In manchen Bereichen werde man definitiv weniger Menschen brauchen als heute. Doch verändert hat sich die Berufswelt immer schon. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Der Hufschmied. Menschen bewegen sich mittlerweile mit Autos und nicht mehr mit Pferden fort, dennoch gibt es Hufschmiede. Nur eben wesentlich weniger als früher.
Deutschland sei in der Nutzung von KI am Anfang
Diese Verknappung kann auch dazu führen, dass die Anforderungen steigen. Als Beispiel nennt Brune Werbeagenturen. "Einsteiger mussten früher oft damit anfangen, Slogans zu schreiben." Diese Aufgabe könne künftig die KI übernehmen. Das führe dazu, dass spezielles Wissen und Leidenschaft für den Beruf immer wichtiger werden.
Aber woher sollen Berufsanfänger wissen, wie ihr Job in 30 Jahren aussieht? Mal kurz den Online-Rechner testen. Der "Job-Futuromat" vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rechnet aus, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Job automatisiert wird. Also mal eingeben: Fachverkäufer/in Nahrungsmittel? 60 Prozent Automatisierbarkeit, heißt es da. Nicht gerade vielversprechend.
Doch weiter unten unterscheidet der Rechner noch in Tätigkeitsfelder und man kann einstellen, wie häufig sie ausgeführt werden. Anrichten von Lebensmitteln, Lebensmittelhygiene, Warenauszeichnung – ein bisschen an den Schiebereglern gespielt, schon liegt die Automatisierbarkeit nur noch bei 38 Prozent. Klingt schon besser, wirkt aber recht willkürlich, das Ganze.
Prognosen aufzustellen sei nicht das Ziel des Rechners, heißt es auf der Internetseite. Er bereite die Nutzer lediglich auf eventuelle Strukturveränderungen vor. Die Automatisierbarkeit allein sollte nicht das ausschlaggebende Kriterium für oder gegen einen Beruf sein, schreiben die Macher. Also bei der Berufswahl doch einfach auf eigene Interessen setzen?
Das jedenfalls raten Experten. Sie können nur schätzen, wie lange es dauert, bis KI in der Arbeitswelt Standard ist. Deutschland stehe noch ziemlich am Anfang, wenn es um die Nutzung von KI geht, sagt Brune. Merkliche Fortschritte werde es aber in den kommenden fünf Jahre geben. Das sollte junge Menschen aber nicht davon abhalten, einen bestimmten Job zu ergreifen. "Man sollte machen, was einem Spaß macht und worin man gut ist", sagt Brune.
Auch der Ökonom Jens Südekum geht davon aus, dass die Entwicklung schneller gehen wird als früher. Aus der Vergangenheit wisse man, dass neue Technologien zuerst bei großen Unternehmen eingesetzt werden. Erst nach und nach kommen sie beim Mittelstand an, manche Betriebe verpassen auch den Fortschritt. Sie könnten Mitarbeitende verlieren, während große Unternehmen mehr Menschen einstellen. Dieser Prozess werde bei der künstlichen Intelligenz nicht mehr so lange dauern wie zuvor, zum Beispiel bei der Robotik, mutmaßt Südekum.
Auch auf die Löhne wird KI einen Einfluss haben. Sinkt die Nachfrage, werden dem Ökonomen zufolge auch die Löhne zurückgehen. Umgekehrt werden die Gehälter in den Bereichen steigen, in denen auch die Nachfrage steigt. Sich der künstlichen Intelligenz zu entziehen, ist also schwierig. "Ich kann nur jedem empfehlen, sich mit KI in der Arbeitswelt zu befassen", sagt Daniel Abbou. Unternehmer, die das tun, werden anderen gegenüber einen Vorteil haben und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Aber jetzt mal weg von Grundsätzlichem und lieber noch mal fragen: Wie könnte sie aussehen, die Berufswelt der Zukunft und welchen Jobs wird KI am meisten Konkurrenz machen? Die Prognosen für sechs Berufe, angefangen bei den Rechtsanwältinnen bis hin zu Polizisten.
Rechtsanwälte: So verändert die KI ihren Job
In klassischen Büro- und Verwaltungsjobs besteht Jens Südekum zufolge großes Potenzial, um KI einzusetzen. Gerade in der Rechtsberatung sieht der Ökonom Chancen: Die KI könnte Recherchearbeiten übernehmen, wenn es darum geht, Fälle aus der Vergangenheit zu suchen oder geeignete Literatur zu finden. Dann bleibe den Rechtsanwälten mehr Zeit für individuelle Interaktionen wie Kundengespräche. "Rechtsanwälte werden nicht aussterben. Der Beruf wird sich ändern", sagt Südekum.
Doch noch ist Vorsicht geboten: Vergangenes Jahr blamierte sich ein Rechtsanwalt Medienberichten zufolge, weil er auf ChatGPT nach Präzedenzfällen für eine Klage gesucht hatte. Unglücklicherweise hatte die KI sich die Urteile nur ausgedacht. Als der Anwalt sie beim Gericht einreichte, kam heraus, dass es die Fälle so nie gegeben hat. In schwerwiegenden Fällen wie Mord werden KI-Systeme Daniel Abbou zufolge weniger zum Einsatz kommen. Im Vertrags- und Steuerrecht sei die Anwendung aber durchaus denkbar. Schon heute gibt es KI, die Verträge analysieren, problematische Klauseln herausfiltern oder relevante Klauseln verifizieren kann.
Ärzte: Diagnosen werden durch KI treffsicherer
Auch in der Medizin ist mit künstlicher Intelligenz vieles möglich. Sie könnte zum Beispiel die Treffsicherheit von Diagnosen erhöhen oder bei der Brustkrebsvorsorge hilfreich sein. "Sie ist wahnsinnig gut darin, bestimmte Muster zu erkennen", sagt der Geschäftsführer des KI-Bundesverbands Daniel Abbou. Sie erkenne Tumore zum Teil jetzt schon besser und schneller als ein Mensch.
Ärzte hätten dann mehr Zeit, sich um den Patienten zu kümmern, sagt Jens Südekum. Befürchtungen, es brauche künftig keine Radiologen mehr, teilt er nicht. Südekum hält ein anderes Phänomen für vorstellbar: Radiologische Untersuchungen könnten zunehmen, weil es einfacher wird, sie umzusetzen. "Vielleicht wächst die Zahl der Radiologen auch, weil es mehr Patienten gibt."
Nicht nur bei Untersuchungen kann KI künftig unterstützen: Auch Bürotätigkeiten, die das medizinische Personal unnötig viel Zeit kosten, könnten verkürzt werden. Auch gibt es Philipp Brune zufolge inzwischen Roboter mit KI, die Aufgaben von medizinischem Personal übernehmen können. Angesichts der alternden Gesellschaft sei das vor allem in Japan ein brisantes Thema, allerdings steht die Technik noch am Anfang. Die notwendige KI sei komplex, sagt Brune. "Der Roboter darf dem Menschen nicht weh tun." Für Deutschland prognostiziert der Experte, dass sich die Technologie gerade in sozialen Berufen weniger durchsetzen wird.
Busfahrer: Tödliche Unfälle durch autonomes Fahren
Anders dagegen sieht es im Straßenverkehr aus. Dort ist KI schon jetzt im Einsatz, auch wenn es vielen nicht bewusst ist. Längst fahren Autos herum, die Verkehrsschilder erkennen oder selbstständig einparken können. "Das wird normal genutzt", sagt Brune. Beim Autofahren werde KI nicht groß hinterfragt. Aber das Steuer ganz aus der Hand geben?
Philipp Brune zufolge wird sich autonomes Fahren durchsetzen, aber ganz ohne Fahrer werde es nicht gehen. Das hat Folgen für bestimmte Berufsgruppen. Busfahrerinnen und Busfahrer dürften einen Umbruch erleben, denn sie könnten künftig durch Assistenzsysteme entlastet werden, Regelungen wie Lenk- und Ruhezeiten könnten sich ändern. Studien gehen allerdings davon aus, dass sich das autonome Fahren erst 2040 durchsetzen wird.
In Deutschland mögen selbstfahrende Busse und Taxis noch nach Science-Fiction klingen, in den USA gehören sie längst zum Alltag. Seit vergangenem Jahr sind in San Francisco autonome Robotaxis ohne Fahrer unterwegs – nicht ohne Zwischenfälle und schwere Unfälle. Viele sehen genau das kritisch, doch Daniel Abbou sagt: "Wie viele Menschen fahren täglich alkoholisiert Auto." Menschen würden auch "nonstop ausfallen". Trotzdem sieht der Experte mehr Potenzial im Schienenverkehr, denn dieser ist nicht so komplex wie der Straßenverkehr, was den Einsatz von KI erleichtert. Die intelligenten Systeme könnten beispielsweise den Personalmangel ausgleichen, gleichzeitig würden die Personalkosten sinken.
Models: "Full-Body-Avatare" statt echten Menschen?
Von der Schiene auf den Laufsteg: Sieht man sich die bisherigen Entwicklungen an, ist es fraglich, ob Models künftig noch gebraucht werden. Ein Beispiel ist das spanische Model Aitana Lopez. Sie hat über 300.000 Follower auf Instagram, postet Fotos von sich in unterschiedlichen Outfits, dabei existiert sie gar nicht. Die Bilder werden von KI generiert. Für Diskussionen sorgte auch das US-Unternehmen Levi Strauss, als es vergangenes Jahr bekannt gab, mit KI-generierten Models arbeiten zu wollen.
"Sie werden Teil des Marktes sein", sagt Daniel Abbou. Es werde wohl auch möglich sein, an "Full-Body-Avataren" Kleidung an sich auszutesten. So weiß man vor dem Bestellen, wie das Kleidungsstück an einem aussieht, damit könnten Retouren beim Online-Shopping vermieden werden. Aussterben wird der Beruf dem Experten zufolge aber nicht.
Davon ist auch Philipp Brune überzeugt. Theoretisch bräuchte es für Fotos zwar keine echten Menschen mehr, das bedeutet aber nicht, dass es auch so kommt. "Es wird vielleicht nicht mehr so viele Models geben", sagt der Professor. Aber KI könnte helfen, die Arbeit zu optimieren. Schon heute muss ein Model beim Fotoshooting nicht alle Varianten eines Outfits anziehen, die Farben werden einfach am Computer bearbeitet.
Lehrer: KI kann ihren Job sowohl entlasten wie belasten
Auch in der Schule könnte KI den Arbeitsalltag erleichtern – vor allem den von Lehrerinnen und Lehrern, wenn es zum Beispiel um das Korrigieren von Tests geht. "In Deutsch ist das etwas anderes als in Mathe", sagt Daniel Abbou. Eine Matheschulaufgabe lasse sich problemlos von einer KI korrigieren. Am Ende muss die Lehrkraft die Ergebnisse zwar kontrollieren, aber sie könnte sich Zeit sparen.
Auch beim Vor- und Nachbereiten von Unterrichtsstunden könnten KI-Systeme unterstützen. Schon jetzt gibt es Anleitungen auf Youtube, wie sich mit verschiedenen Tools Präsentationen, Karten oder Arbeitsblätter erstellen lassen. Wie lässt sich eine Unterrichtsstunde mit Hilfe von KI strukturieren? Dazu gibt es bereits spezielle Schulungen für Lehrkräfte.
Die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) Dillingen hat zum Umgang mit KI verschiedene Angebote auf ihrer Homepage. Da auch Schülerinnen und Schüler mittlerweile auf Chatbots zurückgreifen, müssen Lehrkräfte sich umstellen, heißt es dort. Über die Akademie können sie beispielsweise lernen, wie sie Aufgaben KI-gerecht stellen oder selbst mit der Technologie umgehen.
Das KI-Kompetenzzentrum der ALP verfügt nach eigenen Angaben auch über einen Chatbot. Er sei eine sichere, datenschutzkonforme Variante von ChatGPT, die Lehrkräfte mit ihren Klassen im Unterricht nutzen können. Lückentexte generieren, komplexe Texte auf einfacheres Sprachniveau herunterbrechen oder Elternbriefe schreiben – für den Chatbot kein Problem. KI kann also schon jetzt zeitintensive Arbeiten von Lehrkräften erledigen.
Wie schnell sich die KI aber im Schulalltag durchsetzen wird, ist laut Abbou fraglich. Seiner Erfahrung nach fehlt es im Bildungsbereich an Offenheit für neue Technologien. Der Experte hofft, dass sich das ändert. "Die Welt wird digitaler", sagt er. Darauf müsse man Kinder und Jugendliche vorbereiten, am besten mit einem eigenen Unterrichtsfach.
Polizei: Der Einsatz von KI wirft moralische Fragen auf
Sensibilität im Umgang mit künstlicher Intelligenz ist auch bei der Polizei gefragt. Ein gesellschaftspolitischer Dialog ist Daniel Abbou zufolge erforderlich. Verhältnisse, wie sie ihn China herrschen, wolle hierzulande niemand. "Keiner will eine Rundum-Überwachung." Ein Beispiel, wie KI in Polizeiarbeit eingreifen könnte, ist predictive policing, also vorhersagende Polizeiarbeit. Sie soll verhindern, dass Straftaten überhaupt begangen werden. KI könne dafür große Mengen an Daten analysieren. Wo und wann passieren häufig Straftaten? Sind Muster erkennbar?
Allerdings bemängeln Kritikerinnen und Kritiker, dass die Methode diskriminierend ist. Das Problem: In Gebieten, in denen eine höhere Verbrechenswahrscheinlichkeit vorhergesagt wird, finden in der Folge mehr Einsätze statt. Oftmals handelt es sich um Viertel, in denen einkommensschwache Menschen oder Minderheiten leben. So jedenfalls das Ergebnis einer Simulationsstudie aus den USA. Finden mehr Einsätze statt, werden auch mehr Straftaten aufgedeckt. Das führt zu einem verzerrten Bild darüber, wie hoch die Kriminalitätsrate tatsächlich ist.
Amnesty International kritisierte auch ein Projekt in den Niederlanden. Beim sogenannten "Sensing Project" in der Stadt Roermond seien massenhaft Menschen überwacht worden, zudem habe das System ein besonderes Augenmerk auf Menschen mit osteuropäischer Nationalität gelegt. Ein solcher Algorithmus führe zu diskriminierenden Ergebnissen. Bestimmte Gruppen stünden so unter einem höheren Risiko, ins Visier der Polizei zu geraten.
Andererseits hat künstliche Intelligenz auch schon bei der Aufdeckung von Straftaten geholfen. KI sei zum Beispiel eingesetzt worden, um die "Panama Papers" aufzubereiten, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes. Bei den "Panama Papers" handelte es sich um eine riesige Datenmenge, die aus 11,5 Millionen Dokumenten bestand. Sie enthielten Informationen über viele Fälle von Steuerhinterziehung sowie Korruption, Betrug und Geldwäsche.
Wie bei vielen technischen Neuerungen zeigt sich auch bei der KI: Sie birgt Gefahren, kann aber enorm hilfreich sein. Apropos Hilfe, was sagt eigentlich die KI selbst über den Wandel in der Berufswelt? "Die Einführung von künstlicher Intelligenz könnte einige Jobs automatisieren, besonders repetitive Aufgaben", schreibt ChatGPT 3.5. "Das könnte bedeuten, dass bestimmte Berufe überflüssig werden. Aber hey, nicht so schnell! Denn gleichzeitig eröffnet die KI auch neue Möglichkeiten. Sie könnte komplexe Analysen unterstützen und neue Berufsfelder schaffen wie zum Beispiel Datenanalyse oder Softwareentwicklung. Es ist also nicht alles düster. Letztendlich hängt viel davon ab, wie wir mit der KI umgehen und sicherstellen, dass ihre Vorteile fair genutzt werden. Also, sind Sie bereit für die Zukunft der Arbeit?“ Was soll die KI auch anderes antworten!