Wie man allen Ernstes gegen Streifen sein kann? Ob das nicht einfach Geschmackssache ist, soll jeder und jede halten, wie er oder sie eben mag? Klar kann man so denken. Aber dann ist halt wirklich alles wurscht und das spannende, nicht von ungefähr historisch bedeutende Feld der Ästhetik an die Beliebigkeit verloren. Bei den alten Griechen ging es noch um nicht weniger als eine erhabene Einheit vom Schönen zum Guten und Wahren. In der Moderne zeugte dann der Bruch mit der Erwartung – eine hässliche Aphrodite!?! – von der Wahrnehmung der allzumenschlichen Wirklichkeit.
Streifen sind anspruchslos statt modisch mutig
Und im Wortsinne ist die Lehre des Wahrnehmens ja die Ästhetik. Da hilft auch das Sammeln von irgendwelchen Indizien nix: Der Picasso oder die Monroe oder die Audrey Hepburn … – die sahen doch alle hinreißend aus in jeweiligem Streifenhemd, -bluse oder -kleid. Ach wirklich? Wären dem etwa nicht viele Aufnahmen von Menschen in gestreiften Klamotten entgegenzuhalten? Man könnte fast im Sinne der Moderne antworten: Die betonte Geradlinigkeit der Streifen bricht sich in der Regel auf nicht eben schmeichelnde Art an der Wirklichkeit der allzu menschlichen Körperformen.
Aber vor allem stehen – über die Unterlegenheit von Nadelstreifen gegenüber der Schlichtheit müssen wir hoffentlich nicht reden – Streifen in relevanter Breite einerseits für die offenkundige Unfähigkeit zum anspruchsvoll schmückenden Ornament und andererseits für einen Willen zur anspruchslosen Auffälligkeit, kaschierend gerne als modisch mutig bezeichnet. Streifen sind für Fußgängerzonen-Diven und trendige Bankkaufmänner, für Obelixe und Minnie-Mäuse, für Majas und Willis, fürs Clowneske also. Frei nach Aristoteles also: Finger weg!
Lesen Sie auch den Pro-Kommentar von Lea Thies.
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