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Kommentar: Veganuary: Noch 30 Tage Verzicht

Kommentar

Veganuary: Noch 30 Tage Verzicht

Lena Jakat
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    Viele Menschen probieren im Januar eine vegane Ernährung aus.
    Viele Menschen probieren im Januar eine vegane Ernährung aus. Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    Herzlich willkommen im neuen Jahr, einen guten 2. Veganuary. Veganuary, wie bitte? Was ist das schon wieder für ein Quatsch? Klingt nach Importware, vermutlich aus dem Internet. Und dann steckt in diesem Monats-Neologismus ja auch noch der Wortteil „vegan“, für viele Menschen schon für sich genommen ein Synonym für grüne Ideologie und Ernährungsdiktatur. Aber keine Angst, um Ideologisches soll es hier nicht gehen.

    Übrigens befinden wir uns seit gestern nicht nur im veganen Januar, sondern auch noch im trockenen, dem sogenannten Dry January. Unter den beiden Schlagworten – Veganuary und Dry January – wird zum Verzicht auf tierische Produkte respektive Alkohol aufgerufen, beide sind vor etwa zehn Jahren in Großbritannien entstanden und entfalten ihre Wirkung zunächst, genau, im Internet. Auf Instagram etwa finden sich unter dem Hashtag #veganuary 1,9 Millionen Beiträge, unter #dryjanuary immerhin eine halbe Million.

    Motto-Monate sind nicht nur PR

    Der Kalender hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter mit solchen Aktionsmonaten gefüllt. Da gibt es zum Beispiel den Movember, in dem sich Menschen Bärte wachsen lassen, um für Krebs-Früherkennung bei Männern zu sensibilisieren. Es gibt den Dry July (kein Alkohol im Juli, dafür Fundraising für die Krebshilfe) und den Pride-Monat Juni, der die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft in den Fokus nimmt. Natürlich handelt es sich bei diesen Motto-Monaten in erster Linie um PR. Es geht darum, mit Ohrwurm-Begriffen Aufmerksamkeit für ein Thema zu erzeugen.

    So funktioniert unsere hyperventilierende Aufmerksamkeitsökonomie eben. Knallige Schlagworte, hippe Slogans in Endlosschleife bleiben hängen. Zugegeben, diese Logik kann ziemlich nerven. Deswegen aber die Idee hinter der Kampagne als über-hype-ten Unsinn abzutun, wäre zu kurz gegriffen. Schließlich wirkt sich der Verzicht auf Alkohol schon nach kurzer Zeit positiv auf die Gesundheit aus (weniger Kalorien, besserer Stoffwechsel, tieferer Schlaf), etliche deutsche Krankenkassen unterstützen den Dry January. Auch für das Weglassen tierischer Lebensmittel gibt es medizinische Argumente.

    Noch wichtiger ist aber vielleicht die psychologische Wirkung des Verzichts. Verzichten heißt schließlich, sich einzuschränken, zu widerstehen, zu entsagen. Dass das hier plötzlich spirituell klingt, ist kein Zufall: Schließlich gibt es im Christentum, aber auch in vielen anderen Religionen, traditionell Phasen des Fastens, Zeiten im Jahreslauf, in denen die Einschränkung des Genusses Raum schaffen soll für Kontemplation. Und auch nicht-religiöser Verzicht lässt fast zwangsläufig eine Innenschau entstehen. Man kommt ins Hinterfragen von Gewohnheiten und Prioritäten, vielleicht sogar zum Entschluss, etwas langfristig zu verändern.

    Auch eine digitale Gemeinschaft stärkt das Durchhaltevermögen

    Bei religiösen Fastenbräuchen geht es auch immer um die Gemeinschaft, die zum Verzicht diszipliniert und in der das erfolgreiche Durchhalten am Ende der Fastenzeit gemeinsam gefeiert wird.

    In unserer atheistischen, digitalen Welt des Jahres 2025 haben religiöse Fastenkonzepte kaum noch Einfluss. Und ohne den Veganuary auf eine Stufe mit religiöser Sinnstiftung setzen zu wollen: In dieser Welt kann es eben ein solch quatschiges Schlagwort sein, das den Anlass für Einkehr liefert – und das obendrein eine digitale Gemeinschaft, Community, stiftet, die zum Durchhalten motiviert. Also, es gilt. Noch 30 Tage bis Ende Veganuary.

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